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Deutschland gegen Spanien: Dramatisches Ende bringt Spanien ins Halbfinale der EM2024

Fußball-EM 2024

Nach 1:2 gegen Spanien: Aus der Traum

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    Nach dem 1:2 gegen Spanien müssen die Deutschen das Ausscheiden verkraften.
    Nach dem 1:2 gegen Spanien müssen die Deutschen das Ausscheiden verkraften. Foto: Tom Weller/dpa

    Antonio Rüdiger verspürte keine Kraft mehr, nach diesem epochalen Kampf aufzustehen. Manuel Neuer kaute verzweifelt an seinem Hemdkragen. Jamal Musial stützte entgeistert die Hände auf die Knie. Das Entsetzen auf dem Rasen spiegelte sich auf den Rängen. Das Tollhaus im Neckarpark war am Freitagabend für eine Weile in Schockstarre gefangen, weil die deutsche Nationalmannschaft trotz eines aufopferungsvollen Comebacks gegen Spanien auch in diesem EM-Viertelfinale letztlich mal wieder den Kürzeren gezogen hatte. Mit der 1:2 (1:1, 0:0)-Niederlage nach Verlängerung ist das Heimturnier vorzeitig beendet.

    Unmittelbar nach Abpfiff eilte Sportdirektor Rudi Völler aufs Feld, um den anfangs mit den Tränen kämpfenden Bundestrainer Julian Nagelsmann zu trösten. „Es ist leider eine Zeit vorbei, die besonders war. Am Ende waren wir vielleicht nicht zwingend besser, aber klarer. Es waren nur wir, die am Ende gewinnen wollten“, sagte der konsternierte 36-Jährige. „Wir haben aber nicht zu viel riskiert: Diese Frage beantworte ich schon jetzt mit Nein.“ Das Kopfballtor von Mikel Merino in der 119. Spielminute traf die deutsche Mannschaft mitsamt ihrem Anhang im Mark.

    Diskussionen um Handspiel bei Deutschland gegen Spanien

    Und natürlich wird nun debattiert, ob Schiedsrichter Anthony Taylor aus England vielleicht vorher auf den Elfmeterpunkt hätte zeigen müssen, weil Jamal Musiala bei seinem Schuss an die Hand von Marc Cucurella zielte, dessen Arm allerdings am Körper herunterhing – vielleicht regeltechnisch vertretbar, keinen Strafstoß zu geben (106.). Nagelsmann holte jedoch in der Pressekonferenz zur Gegenrede aus: „Der Ball geht aufs Tor – er stoppt ihn mit der Hand, auch wenn es unabsichtlich ist. Es ist total skurril, dass die Intention nicht bewertet wird. Dass es da keinen Elfmeter gibt, kann ich nicht nachvollziehen. Wir müssen diese Regel praktikabler machen.“

    In der regulären Spielzeit brachte der überragende Deutschland-Legionär Daniel Olmo die Iberer in Führung (51.), ehe Florian Wirtz mit seinem späten Ausgleichstreffer die Verlängerung erzwang (89.). „Wir waren sehr nah dran, umso bitterer ist es, so auszuscheiden“, sagte der am Ende von Krämpfen gepeinigte Toni Kroos. Der 34-Jährige beendete zugleich mit seinem 114. Länderspiel und diesem bitteren Moment seine Karriere. „Im Moment überwiegt das Aus. Dieser Traum ist ein Stück weit geplatzt, auch wenn wir sicherlich realisieren werden, dass wir ein tolles Turnier gespielt haben.“ Der herausragende Rechtsverteidiger Joshua Kimmich empfand das Ausscheiden als „ungerecht“, denn: „Die Spanier wollten sich nur ins Elfmeterschießen retten.“ Tieftraurig wirkte Mittelstürmer Niclas Füllkrug, der sich explizit bei den Fans bedankte: „Es gibt auch keinen Stolz - es wird gerade von Sekunde zu Sekunde härter. Es wird dauern, bis wir darüber hinwegkommen.“

    Doch vorerst ist das vermeintliche Sommermärchen 2.0 beendet. Die Nationalmannschaft hat dennoch viel erreicht; neben sagenhaften Einschaltquoten endlich wieder richtig Begeisterung vermittelt und das angeschlagene Ansehen aufpoliert. „Es war völlig nervenaufreibend. Die Mannschaft ist erhobenen Hauptes aus dem Turnier rausgegangen. Diese EM ist ein großer Erfolg, auch das Spiel der Deutschen“, konstatierte Bundeskanzler Olaf Scholz am ARD-Mikrofon. Letztlich hat es Nagelsmann mit seiner Crew nicht so weit geschafft wie bei der WM 2006 noch Teamchef Jürgen Klinsmann. Damals bildete eben das in Stuttgart gewonnene Spiel um den dritten Platz den stimmungsvollen Schlussakkord.

    Fußball-EM 2024: So spielte Deutschland gegen Spanien

    Nagelsmann hatte an diesem lauen Sommerabend im Schwabenland seine Stammelf umgebaut: Emre Can gab überraschend für Robert Andrich wegen „Tempovorteilen“ den Abräumer, aus denselben Gründen erhielt Leroy Sané den Vorzug vor Wirtz. Beide Entscheidungen entpuppten sich jedoch als Irrtum, den der Bundestrainer bereits zur Pause wieder korrigierte, als eben Andrich und Wirtz für den schwerfälligen Can und den unauffälligen Sané kamen. „Es waren erste Halbzeit nicht alle bei 100 Prozent“, räumte Nagelsmann ein. Anfangs schlug seine Elf eine sehr körperliche Gangart an. Koos hätte nach zwei grenzwertigen Attacken gegen den nach nur sieben Minuten wegen einer Verstauchung im Knie ausgewechselten Pedri eigentlich früh die Gelbe Karten sehen müssen.

    Kurz nach der Pause geschah in dieser umkämpften Begegnung das, was gegen diesen Weltklassegegner nicht passieren darf: Dribbler Lamine Yamal hatte gegen den früh mit Gelb belasteten Raum alle Zeit, die Kugel zurückzulegen und der für RB Leipzig spielende Edeltechniker Olmo jagte die Kugel unhaltbar ins Tor. Nach gut einer Stunde sorgten die Einwechslungen von Maximilian Mittelstädt und Niclas Füllkrug für mehr Schwung. Nun leistete auch das Publikum bedingungslose Unterstützung. Füllkrug jagte im Fallen den Ball an den Pfosten (77.), Havertz vergab mit einem zu hoch angesetzten Lupfer (82.).

    Doch wofür gibt es denn einen Ausnahmekicker wie Wirtz? Nach Mittelstädt-Flanke schraubte sich Kimmich in die Luft und das Toptalent traf per Direktschuss. In der Verlängerung schnupperten Mikel Oyarzabal (104.) und auf der Gegenseite auch Aktivposten Wirtz (105.) an der Entscheidung. Vor und nach dem Nackenschlag durch den nach Olmo-Flanke freistehenden Ex-Dortmunder Merino hatte Füllkrug noch zwei große Gelegenheiten per Kopf (117. und 120.), die irgendwie am besten illustrierten, wie wenig gefehlt hatte, um zumindest die Spezialdisziplin Elfmeterschießen zu erreichen.

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    3 Kommentare
    Maja Steiner

    Ja, schade. Es hat nicht sollen sein. Schlechter als die Spanier waren wir jedenfalls nicht. Es hätte halt mal ein Ball ins Tor finden müssen. Tut mir leid für Havertz, dass ihm das nicht geglückt ist. Füllkrug ist jedenfalls auch nicht der Torgarant, zu dem ihn so viele schon gemacht hatten. Die erste Halbzeit war taktisch geprägt, zögerlich abwartend und nicht besonders attraktiv. In dieser waren die Spanier besser. Die Nagelsmannschen Schachzüge zeigten keine Wirkung. Viel zu viele Fehlpässe im Spielaufbau und unnötige Ballverluste im Mittelfeld. Besser wurde es erst nach dem Rückstand. Musiala manchmal zum Verzweifeln, oftmals genial. Wirtz mit einer tollen Leistung. Kroos am Ende am Ende. Man merkte, dass er bei Real selten die vollen 90 Minuten gespielt hat. Der nicht gegebene Handelfmeter: Richtet man es an dem gegen Dänemark aus, unverständlich und krasse Fehlentscheidung. Aber hat man nicht oft genug gesagt, dass man solche Handelfmeter nicht haben will?

    Helmut Derra

    Nach der Halbzeit war die deutsche Mannschaft das bessere Team, auch in der Verlängerung, leider haben wir zuviele Chancen liegen lassen, dazu kommt die Schiedsrichterentscheidung nicht auf strafbares Handspiel zu entscheiden. Leider hat sich Nagelsmann mit seiner Startelf auch verzockt, Can und erneut Sane haben sich die Auswechslung verdient. Hut ab, daß er seine Fehleinschätzung zur HZ korrigierte. Die Spanier hatten das Spielglück das uns abhanden gekommen ist. Okay, wenn schon raus dann so, Gratulation für eine tolle Turnierleistung unserer Mannschaft.

    Rainer Kraus

    Spannendes Spiel. Bester Mann am Platz war Taylor der englische Schiedsrichtern der in den ersten 20 Minuten beide Mannschaften um je 2 Spieler hätte reduzieren können. Über den nicht gegeneben Elfer für Schland kann man diskutieren, es bringt aber nichts. Wir sollte dankbar sein, dass wir soweit gekommen sind, nach 10 Jahren DFB-Missmanagement.

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