Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Fußball-EM 2024: Der stille Alternativ-Kapitän der Schweizer

Fußball-EM 2024

Der stille Alternativ-Kapitän der Schweizer

    • |
    Manuel Akanji ist kein Mann der großen Worte. Auf dem Spielfeld lässt er lieber Taten sprechen.
    Manuel Akanji ist kein Mann der großen Worte. Auf dem Spielfeld lässt er lieber Taten sprechen. Foto: Tim Groothuis, Witters

    Es mutet in Berlin wie bei einem Pokalfinale an. Fanmassen, die sich an einem Samstagmorgen bei bestem Wetter und allerbester Laune am Breitscheidplatz versammeln. Die sich bereits am Vormittag bei Musik und Getränken in Stimmung bringen und ihre Lieder singen. Am Freitag hat der Schweizer Fußball-Verband (SFV) betont, wie überwältigt Spieler und Staff „vom großartigen und lautstarken Support“ sind und sich dafür bedankt, „dass ihr auf den Rängen Vollgas gebt: Danke, merci, grazie, Grazcha fich“. Damit es auch jeder versteht.

    Schon im letzten Gruppenspiel gegen Deutschland (1:1) hatte der ganz in Rot erschienene Anhang mächtig Stimmung aus der Ostkurve gemacht und auch beim Sieg gegen Italien hat das gewirkt. Die Hoheit auf den Rängen ist das eine, die Dominanz auf dem Platz das andere. Aber wofür haben die Eidgenossen denn Spieler wie Manuel Akanji? Abwehrchef der Eidgenossen. Leistungsträger beim englischen Meister Manchester City. Der zentrale Anker einer der besten Defensivreihen dieser Endrunde. Eigentlich wäre der 28-Jährige auch der perfekte Kapitän, hat die Neue Zürcher Zeitung geschrieben: „Seine Karriere verlief so brillant, dass er sogar Granit Xhaka Paroli bieten könnten – wenn er denn wollte.“

    Manuel Akanji drängt es nicht ins Rampenlicht

    Was auf den springenden Punkt führt: Akanji drängt es vom Naturell gar nicht ins Rampenlicht. Xhaka, durchaus extrovertiert, gibt das laute Sprachrohr dieser Nationalmannschaft. Akanji ist ein stiller Leader. Der Sohn einer Schweizerin aus Oberwinterthur und eines Nigerianers ist nur einmal, vor dem zweiten Spiel gegen Schottland (1:1), aufs Pressepodium geklettert. Seine Baseballkappe hatte er artig abgenommen, mit verschränkten Armen am Tisch gesessen. Es dauerte ein bisschen, bis ihm zuerst eine schottische Reporterin eine Frage stellte. Akanji sagte artig, dass man den Gegner „sicher nicht unterschätzen“ werde und definitiv „besser als gegen Deutschland“ erwarte. Das hat rückblickend gestimmt. Ihm wird hinter vorgehaltener Hand immer wieder vorgeworfen, dass seine Aussagen präziser rüberkommen müssten. Aber der 63-fache Nationalspieler ist nun einmal keiner, der mit markigen Aussagen auffallen muss.

    Murat Yakin lobt seinen Abwehrchef

    Das braucht er, der bald das dritte Mal Vater wird, nicht fürs persönliche Glück. Bezeichnend, dass er die Frage nach einer Führungsrolle bei jenem Termin in Köln direkt an den rechts neben ihm sitzenden Nationaltrainer Murat Yakin weiterreichte. „Dass Manu nicht nur mit seinem Wechsel zu City, sondern auch mit seiner Spielweise, seinem Profil als Abwehrspieler im Zentrum mehr Verantwortung hat; dass die Achse nicht alleine Granit trägt“, erklärte der 49-Jährige, „das wünsche ich mir natürlich, aber da hat Manu große Fortschritte gemacht.“ Der Gelobte saß daneben und zeigte kaum eine Regung.

    Inzwischen ist auch Pep Guardiola von Akanji überzeugt

    Hat sich einer daran gewöhnt, immer wieder unterschätzt zu werden? Auf seinem Unterarm prangt das Tattoo „prove them wrong“. Beweisen, dass sie falsch liegen. In der Jugend sei er klein, dünn und langsam gewesen, hat er mal verraten. Es hat gedauert, ihn wirklich als Talent zu identifizieren. Er hat es über den FC Winterthur und den FC Basel erst allen in der Schweiz bewiesen, dann bei Borussia Dortmund auch in Deutschland mit ein wenig Anlauf überzeugt, wohin er 2018 gewechselt war. Als er sich beim Bundesligisten jedoch weigerte, den 2023 auslaufenden Vertrag zu verlängerte, ging es nicht weiter: Er wartete lange auf das beste Angebot. Das kam kurz vor Schließung des Transferfensters 2022 von Manchester City. Wechsel für 20 Millionen Ablöse. Rückblickend ein Schnäppchen. „Er ist ein Geschenk für jeden Trainer und ein kompletter Verteidiger“, sagt Startrainer Pep Guardiola.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden