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Fussball-EM 2024: Der Bessermacher – Ralf Rangnick trifft mit Österreich auf Frankreich

Fussball-EM 2024

Der Bessermacher – Ralf Rangnick trifft mit Österreich auf Frankreich

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    Ralf Rangnick ist für seine penible Vorbereitung bekannt. Am Montag steht für den Teamchef der Nationalmannschaft Österreichs der erste EM-Auftritt an.
    Ralf Rangnick ist für seine penible Vorbereitung bekannt. Am Montag steht für den Teamchef der Nationalmannschaft Österreichs der erste EM-Auftritt an. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Besondere Herausforderungen erfordern besondere Maßnahmen. Weil sich Ralf Rangnick seit jeher gerne um alles kümmert, hat Österreichs Teamchef vor dem Auftaktspiel gegen Frankreich in Düsseldorf (Montag 21 Uhr/ARD und Magenta TV) zuvor für Ablenkung gesorgt. Und organisierte Karten für ein Konzert von Pop-Ikone Rod Stewart, der am Samstag auf seiner Deutschland-Tour in Berlin gastierte. Die Auswahl des Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) hat ihr Basiscamp schließlich im Herzen der Hauptstadt, im Kraftzentrum beim deutschen Sommermärchen 2006, errichtet: im feudalen Schlosshotel Grunewald. Vieles wirkt ganz ähnlich orchestriert wie einst bei den Deutschen. Trainiert wird im Stadion am Wurfplatz im Olympiapark, die weiteren Gruppenspiele gegen Polen (21. Juni) und die Niederlande (25. Juni) steigen im Olympiastadion. 

    Der Schwabe betont einerseits, man habe die "mit Abstand schwierigste Gruppe“ erwischt, andererseits beteuert der 65-Jährige auch: "Wir sind in der Lage, mit jedem auf hohem Niveau zu konkurrieren. Wir gehen nicht zur EM, nur um teilzunehmen.“ Typisch für einen Bessermacher, der ein Team hinter dem Team bisweilen Tag und Nacht fordert; prägend für einen Baumeister, der sich mit Dienst nach Vorschrift noch nie begnügt hat. Schlaf und Ernährung, Mental- und Athletiktraining werden von ihm stets mit angesteuert. Rangnick hat das Angebot im Mai 2022 aus der Alpenrepublik vor allem deshalb angenommen, weil er endlich wieder das machen kann, was ihm schon am Anfang beim SSV Ulm 1846 oder später bei der TSG Hoffenheim auf den Leib geschneidert war: eine eher langfristige Entwicklung mit (fast) allen Freiheiten zu gestalten.

    In Ralf Rangnick steckt einfach zu viel Trainer-Gen

    Nur: Beim Aufbau des Red-Bull-Projekts von RB Leipzig schien der Übergang ins Management vollzogen, doch in ihm steckt einfach zu viel Trainer-Gen. Am Nadelöhr zur Bundesliga (2015/2016) und vor der Inthronisierung von Julian Nagelsmann (2018/2019) stand der Überzeugungstäter doch wieder an der Linie. Es folgte eine Phase mitten in der Pandemie, in der dieser rastlose Tausendsassa tatsächlich ein bisschen Abstand gewann. Sich über seine Stiftung um benachteiligte Kinder an Leipziger Schulen kümmerte.

    Liebend gerne wäre Rangnick nach der EM 2021 auf Joachim Löw als Bundestrainer gefolgt; nur hätte er die Direktion von Oliver Bierhoff auf links gekrempelt. Weshalb der DFB erst die WM 2022 in Katar in den Sand setzen musste, um diese Strukturen aufzubrechen. Vielleicht hat jede Nation letztlich den Fußballlehrer bekommen, den sie gerade verdient. In Österreich sind sie von ihrem Coach deshalb so begeistert, weil er ihnen trotz des verlockenden Angebots vom FC Bayern nicht von der Fahne ging. Seitdem scheint aus Respekt und Wertschätzung sogar Liebe geworden zu sein.

    Ralf Rangnick hatte auf Schalke mit Erschöpfungssyndrom zu kämpfen

    Rangnick bezeichnete es gerade erst am Freitag wieder als die „beruflich schwierigste Entscheidung meines Lebens“. Noch immer fühle sich der Entschluss richtig an. Einer der Hauptgründe sei gewesen, "dass ich nicht das Gefühl hatte, dass sich zweieinhalb Monate lang beide Jobs parallel auf dem Niveau ausüben lassen, auf dem man ihnen gerecht werden muss: Irgendetwas hätte darunter gelitten.“ Zudem ahnte er, "dass das über meine Kräfte gehen könnte“.

    Ein 2011 auf Schalke diagnostiziertes Erschöpfungssyndrom ist ihm bis heute eine Warnung: Seitdem achtet er beispielsweise sehr darauf, was er wann isst. Geblieben ist ein Erfolgshunger, den viele ÖFB-Funktionäre in dieser Ausprägung nicht kannten. Im Prestigeduell gegen Deutschland (2:0) lieferte Österreich im November vergangenen Jahres ein taktisches Meisterstück ab, gegen die Türkei (6:1) gab es im März ein Ausrufezeichen, gegen die Schweiz (1:1) sah die EM-Generalprobe ordentlich aus. Sieben Länderspiele hat Österreich nicht mehr verloren.

    Österreichs Kapitän David Alaba spielt in Rangnicks Planungen eine besondere Rolle

    Eine besondere Rolle spielt David Alaba. Nach seinem Kreuzbandriss ist der Kapitän zwar nicht fit geworden, aber Rangnick will ihn als "Non-Playing-Captain“ dabei haben; ein prominentes Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer kann ja nicht schaden. Hohes Pressing führt das rot-weiß-rote Ensemble mit ihren vielen bekannten Gesichtern aus der Bundesliga genauso wie tiefes Verteidigen im Repertoire. Letzteres wird gegen die Franzosen wichtig werden. "Wir müssen die Mannschaft sein, die als Team am besten verteidigt. Das Spiel muss nach unseren Spielregeln laufen; nach unserer Art, wie wir das Spiel haben wollen“, sagt Rangnick, der die Franzosen nicht nur bei dieser EM, sondern auch für die nächste WM als Favoriten betrachtet. Eines steht für ihn fest: "Wenn wir in dieser Gruppe weiterkommen, dann kommen nicht mehr viel schwierigere Gegner.“

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