Die gute Nachricht des Tages: In Berlin gab es am Mittwoch 50 Gratis-Döner. Denn Arif Keles, der Chef von Haris Döner in der Nähe des Tempelhofer Felds, hatte etwas zu feiern. Der Grund: Antonio Rüdiger. "Antonio, mein Bruder! Ich wollte dir Bescheid geben, dass du für die Europameisterschaft nominiert worden bist."
Und weil der gebürtige Berliner Rüdiger schon als Schüler bei Haris Döner gegessen hat, "kriegen heute die ersten 50 Schüler den Döner gratis", so Keles in einem Video auf den Social-Media-Seiten des DFB. Mit dem Clip führte Bundestrainer Julian Nagelsmann seine Taktik des scheibchenweisen Vorstellens seines offiziellen EM-Kaders fort.
Fußball-EM 2024: Am Donnerstag verkündet Nagelsmann den EM-Kader
Den Anfang hatte am Mittwoch Quizmaster Günther Jauch gemacht, der die Nominierung von Pascal Groß aus Brighton mit einer 500-Euro-Frage verkündet hatte ("Wer steht im EM-Kader – klein, groß, dick, dünn?"). Später gab die Lufthansa die Teilnahme von Leipzigs David Raum bekannt, der RTL-Soap "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" fiel die Bestätigung von Joshua Kimmich zu, Toni und Felix Kroos lösten in ihrem Podcast das EM-Ticket von Leverkusens Robert Andrich. Deniz Undavs Nominierung wurde durch ein Tattoo-Video eines Tattoo-Influencers auf Instagram verkündet.
Das nennt sich "Guerilla Marketing" und sorgt dafür, dass der DFB mit seiner medialen Daueroffensive dauernd im Gespräch ist. Das finden viele gut und küren den DFB in sozialen Netzwerken schon zum "Nominierungs-Europameister", andere finden die Aktion schlicht nervig. Fraglich ist ohnehin, wie viel Nachrichtenwert die offizielle Kadervorstellung von Bundestrainer Nagelsmann am Donnerstag um 13 Uhr bei Volkswagen in der Berliner Innenstadt noch haben wird. Zumindest die Auflösung, ob Nagelsmann nun die erlaubten 26 Profis oder, wie vermutet, doch weniger Spieler in seinen Kader berufen wird, dürfte bis dahin noch offen sein.
EM-Kader 2024: Für Hummels, Goretzka und Gosens wird es eng
Klar ist aber schon jetzt: Für einige etablierte Profis wird es wohl kein Video auf Instagram und Co. geben. Nach den Nominierungen von Robin Koch, Jonathan Tah, Nico Schlotterbeck und eben Antonio Rüdiger scheint ein Ticket für Mats Hummels ausgeschlossen. Auch Bayerns Leon Goretzka hat es angesichts der bestätigten Kaderplätze von Andrich, Groß und Aleksandar Pavlovic sowie der zu erwartenden Nominierung von Toni Kroos schwer und darf die EM wohl aus der Zuschauerperspektive erleben. Auf der linken Verteidigerposition scheinen die Posten nach den Zusagen für Stuttgarts Maximilian Mittelstädt (verkündet von "Major Tom"-Sänger Peter Schilling) und David Raum auch besetzt zu sein. Das würde für den Berliner Robin Gosens, bei der EM 2021 noch die positive Überraschung im deutschen Team, bedeuten, dass nach der WM in Katar das nächste große Turnier ohne ihn stattfinden wird.
Dass das "Guerilla Marketing" an seine Grenzen stoßen und selbst gekapert werden kann, demonstrierte am Mittwoch wiederum Thomas Müller. Der Bayern-Spieler, auf dem Platz für seine unorthodoxe Herangehensweise bekannt, veröffentlichte auf seinen persönlichen Kanälen selbst ein Video, das ihn im Nationaltrikot zeigt. Als Hashtag war dabei #em2024 zu lesen. Ein Spieler, der sich selbst nominiert – warum nicht? Auf Anfrage der dpa teilte der DFB jedoch mit: Müllers Video sei keine offizielle Aktion des Verbandes. Dass Müller tatsächlich nominiert ist, gilt aber eigentlich als gesichert. Aber was ist schon sicher in einer Zeit, in der Dönerläden den EM-Kader verkünden.