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Fußball-EM 024: Leroy Sané: Die größte Provokation seit Özil

Fußball-EM 024

Leroy Sané: Die größte Provokation seit Özil

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    Leroy Sané hat bei den deutschen Fans einen schweren Stand.
    Leroy Sané hat bei den deutschen Fans einen schweren Stand. Foto: Tim Groothuis, Witters

    Alexander Nübel dürfte nicht allzu gut auf Leroy Sané zu sprechen sein. Dem Stuttgarter Keeper wurde von Bundestrainer Julian Nagelsmann fest zugesagt, die Europameisterschaft als vierter Torhüter des Kaders aus nächster Nähe verfolgen zu können. Für andere ist die Aussicht, über einen Monat in der immer gleichen Männergruppe zu verbringen, ohne Chancen auf Einsatzzeit zu haben, von übersichtlicher Attraktivität. Torhüter aber sind nun mal ganz besondere Menschen. Als aber der Tag dräute, an dem Nagelsmann seinen 27 Mann starken Kader um einen Spieler reduzieren musste, suchte er das Gespräch mit Nübel. Der musste das Camp letztlich doch verlassen, und das hatte hauptsächlich mit dem Schambein von Leroy Sané zu tun. 

    Das nämlich war seit geraumer Zeit entzündet, und weil nicht genau abzusehen war, ob rasche Besserung eintritt, verzichtete der Bundestrainer lieber auf einen Torwart, als sich der Möglichkeit zu berauben, Sané einsetzen zu können. Die Entscheidung wäre wohl anders ausgefallen, wenn Robin Koch oder Benjamin Henrichs unter einer Schambeinentzündung gelitten hätten und im Vorlauf der Nominierung nur sporadisch trainiert hätten. Sané ist aber nicht Koch oder Henrichs – und genau da liegt möglicherweise ein Grund, weshalb der Offensivspieler bei etlichen Fans eher kritisch gesehen wird.

    Leroy Sané profitiert von einer Kreisklassen-Regelung

    Es ist nicht bekannt, dass Koch oder Henrichs sich Vorhaltungen wegen ihrer Körpersprache haben anhören müssen. Es ist allerdings auch nicht bekannt, dass die beiden Spiele aufgrund ihrer individuellen Qualität für die Mannschaft gewonnen hätten. Sané schon. Das ist auch der Grund, weshalb in seinem Heimatverein von einer uralten Kreisklassen-Regelung Gebrauch gemacht wurde. In den Niederungen des Amateurfußballs ist es Usus, dass besonders Begabte (denen Verletzungen, Alkoholabusus oder Vielweiberei einen Strich durch die mögliche Profikarriere gemacht haben) auch dann in den Spielen auflaufen, wenn sie die Trainingseinheiten nur ab und an besuchen.

    Thomas Tuchel ist ein Freund disziplinierten Fußballs. Auch er weiß aber um die Bedeutung von Einzelkönnern. So setzte er in der Endphase der vergangenen Saison Sané immer dann ein, wenn bedeutende Spiele anstanden. Gegen Arsenal, gegen Real. Trainiert hat Sané zu dieser Zeit wenig. "Es hat fünf, sechs Tage gedauert, bis die Schmerzen weg waren", berichtete der 28-Jährige auf der Pressekonferenz am Dienstag. 

    Mittlerweile sei die Schambeinentzündung zwar nicht komplett auskuriert, er habe "aber keine Schmerzen mehr". Für Nagelsmann sind das gute Nachrichten, Fußballdeutschland ist sich da nicht so sicher. Kein Spieler, der ähnlich kritisch gesehen wird. Es ist das Özil-Phänomen. Auch dem ehemaligen deutschen Nationalspieler wurde hauptsächlich skeptisch begegnet. Immer wieder wunderten sich 80 Millionen Bundestrainer, warum nun ausgerechnet diese eine Person als Nationalcoach firmiert, die Özil nicht aus der Mannschaft streicht. Unglaubliche Zufälle, dass sowohl Özil als auch Sané unter unterschiedlichsten Top-Trainern als gesetzt galten, während jeder Fan mit ein bisschen Fußballsachverstand sah, dass die beiden zum Mannschaftserfolg wirklich gar nichts beitragen. Es ließe sich die Frage stellen, ob eher Mourinho, Wenger, Löw, Flick, Guardiola und Nagelsmann einem Irrtum aufsitzen oder die Couch-Trainer. 

    Spielt Leroy Sané gegen Spanien oder Florian Wirtz?

    Für Letztere war es eine Provokation, dass Sané nach drei recht übersichtlichen Leistungen bei seinen Einwechslungen zuletzt gegen Dänemark von Anfang an auf dem Feld stand. Für ihn musste Florian Wirtz weichen. Sané sollte mit seiner Geschwindigkeit und seinen Läufen in die Tiefe die gegnerische Abwehr in Bewegung bringen. Der Wille konnte ihm auch von jenen nicht abgesprochen werden, die sich auf die Analyse der Körpersprache spezialisiert haben, der augenscheinliche Ertrag aber war übersichtlich. Ob er nun auch wieder am Freitag den Vorzug vor Wirtz erhält, wisse er noch nicht, sagt Sané. Gegen Dänemark habe er auch erst am Spieltag die Information erhalten, dass er für die Startelf vorgesehen ist. "Das hat mir persönlich gutgetan. Ich habe mich riesig gefreut", so Sané. 

    Gut möglich, dass er sich auch gegen die Spanier wieder freuen darf. Gegen eine derart dominante Elf sind schnelle Spieler ein beliebtes Gegenmittel gegen die möglicherweise auftretende Erstickungsgefahr unter dem Druck des Gegners. Dann kann er sich Hoffnungen darauf machen, dass auch ihm dieser eine Turniermoment noch bevorsteht, mit dem gewiss auch Nagelsmann spekuliert. "Ich hoffe auch, dass es noch passiert, vielleicht ja schon im nächsten Spiel", sagt Sané. Dagegen hätten dann auch die Bundestrainer auf den Sofas der Nation nichts einzuwenden.

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