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Nachruf auf Bernd Hölzenbein: Einer wie du und ich

Fußball

Einer wie du und ich: Frankfurt-Legende Bernd Hölzenbein ist tot

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    Die Frankfurter Spieler-Legende Bernd Hölzenbein ist im Alter von 78 Jahren gestorben.
    Die Frankfurter Spieler-Legende Bernd Hölzenbein ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Foto: picture alliance/dpa

    Es war schon eine ganze Weile viel ruhiger um Bernd Hölzenbein geworden, als der Weltmeister von 1974 noch immer seinem liebsten Hobby nachging. Ein eher heruntergekommener Kunstrasenplatz in Hausen, nicht der schönste Stadtteil Frankfurts, war Anfang der 2000er-Jahre jeden Montag der Anlaufpunkt für einen der besten Fußballer, den Eintracht Frankfurt je hatte. Hier kickte einer mit Spaß an der Freud weiter, führte seine einmalige Schusstechnik vor, bei der er jedem Ball einen unberechenbaren Drall geben konnte, wenn er den Oberspann leicht verdrehte. Sein Leuchten in den Augen war auch mit über 60 bewundernswert, wenn ihm ein Kracher ins Kreuzeck abseits jeder Öffentlichkeit gelang.

    Nach dem Spielchen mit den Frankfurter Sportjournalisten hat er sich gerne in die Vereinskneipe gesetzt und Anekdoten erzählt. Wie er in den 70er-Jahren von Trainern wie Helmut Schön dazu angehalten wurde, nichts zu trinken – und sich heimlich eine Cola unter die Holzbank stellte. „Holz“ war einer wie du und ich – das konnte jeder spüren, der in dieser Runde neu dazukam. Nur bei einem Thema war der 40-fache Nationalspieler, der am Montag nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben ist, nicht besonders redselig.

    Diese Szene begleitete ihn ein Leben lang: Bernd Hölzenbein (M) wird während des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft von Hollands Wim Jansen im Strafraum zu Fall gebracht.
    Diese Szene begleitete ihn ein Leben lang: Bernd Hölzenbein (M) wird während des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft von Hollands Wim Jansen im Strafraum zu Fall gebracht. Foto: Foto: FRA/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

    Bernd Hölzenbein ist tot: Immer wieder ging es um den Elfmeter 1974

    Wer von ihm bloß wissen wollte, ob es im WM-Finale 1974 gegen die Niederlande (2:1) wirklich ein Elfmeter war, erhielt nicht selten eine einsilbige Antwort. „Egal, wo ich bin, das kommt immer als Erstes“, klagte er wiederholt. „Wenn dieser Elfmeter das Einzige ist, das von mir in Erinnerung geblieben ist, dann ist das schade.“ Vermutlich wüssten selbst heute die Videoassistenten bei mehrfachem Betrachten ja nicht, wie sie den Fall bewerten sollten. Hölzenbein war damals mit Anlauf in den Strafraum eingedrungen, als Wim Jansen zur Grätsche ansetze. Der englische Schiedsrichter Jack Taylor pfiff, und Paul Breitner verwandelte zum 1:1. Noch vor der Pause traf Gerd Müller zum Siegtor. Irgendwann wandte Hölzenbein mal ein: „Es war ein Foul, aber keines, das mich heute noch stark beeinträchtigt.“

    Die Reduzierung seiner Karriere auf eine Szene ist auch nicht gerechtfertigt, weil einer für seinen Herzensverein so viel mehr geleistet hatte. Keiner hat die launische Diva mehr geprägt als dieser bodenständige Charakter, der humorvoll und herzlich war. 1967 debütierte er in der Bundesliga – und machte erst 1981 Schluss. 160 Tore schoss er in 420 Ligapartien – so viele wie kein anderer Adlerträger. Mit ihm gelangen die DFB-Pokalsiege 1975, 1976 und 1981 – und 1980 der UEFA-Cup-Triumph gegen Borussia Mönchengladbach. Sein kuriosester Treffer war fraglos jener kuriose Sitzkopfball vom 7. November 1979, der zum Schlitzohr passte. Die Eintracht musste im zugigen Waldstadion gegen Steaua Bukarest ein 0:2 aufholen. Als nur noch 20 Sekunden zu spielen waren, rutschte dem rumänischen Schlussmann das nasse Leder aus den Händen – und fiel auf den Kopf von Hölzenbein, der vor dem Keeper ausgerutscht war. Tor. Verlängerung. Weiterkommen.

    Eintracht Frankfurt im Sommer 1993: mit Klaus Toppmöller auf dem Weg zu "Fußball 2000".
    Eintracht Frankfurt im Sommer 1993: mit Klaus Toppmöller auf dem Weg zu "Fußball 2000". Foto: Witters

    Als Manager kreierte Hölzenbein die Mannschaft für den Fußball 2000

    Als Vizepräsident und Manager half das Urgestein mit, einen Uwe Bein, Andreas Möller oder Anthony Yeboah in die Mainmetropole zu locken. Der von dieser Generation geprägte „Fußball 2000“ gefiel dem Ästheten so sehr, dass er dabei einige Grundregeln missachtete. Beim Steuerprozess kam auch Hölzenbein auf die Anklagebank, weil er Scheinverträge mit dem Torjäger Yeboah abgesegnet hatte, um Geld am Fiskus vorbeizulenken. Dass ihn das Landgericht Frankfurt 2001 zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilte, traf ihn schwer.

    Doch die Eintracht ließ ihn nicht fallen. Heribert Bruchhagen stellte ihn erst als Vorstandsberater, dann als Scout ein, weil er die Fachkenntnis und Verlässlichkeit des Idols von Generationen schätzte. Nach und nach sollte Hölzenbeins Einfluss jedoch schwinden, wurde seine Arbeit auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Bald bereitete sein gesundheitlicher Zustand immer mehr Sorgen. Nachdem im Oktober 2021 erst Bernd Nickel und im März 2022 dann Jürgen Grabowski gestorben waren, schaffte es wenigstens die Legende Hölzenbein, im Mai 2022 die Reise zum Europa-League-Triumph in Sevilla anzutreten. Von langer Krankheit gezeichnet, hielt er sich sehr im Hintergrund. Sein Zustand besserte sich nicht. Am Dienstag bestätigte die Eintracht seinen Tod. Vorstandssprecher Axel Hellmann teilte mit: „Bernd Hölzenbein hat unsere Eintracht fast 60 Jahre maßgeblich geprägt. Wir verlieren nicht nur eine der ganz großen Identifikationsfiguren unseres Vereins, sondern auch einen loyalen Mitarbeiter und einen liebenswerten Freund.“ Das kann jeder nur bestätigen, der ihn gekannt hat.

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