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Fußball: Ein Stück Kiez für 850 Euro: Der FC St. Pauli gründet als erster Bundesliga-Verein eine Genossenschaft

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Ein Stück Kiez für 850 Euro: Der FC St. Pauli gründet als erster Bundesliga-Verein eine Genossenschaft

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    Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (l.) und Clubchef Oke Göttlich präsentieren die FCSP-Genossenschaft.
    Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (l.) und Clubchef Oke Göttlich präsentieren die FCSP-Genossenschaft. Foto: Gregor Fischer, dpa

    Es war ein besonderes Wochenende für den FC St. Pauli - und das weniger wegen der sportlichen Ereignisse. Die waren bei der 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern von recht überschaubarem Neuigkeitswert. Am Freitagabend initiierte der Verein eine Aktion, von der man sich einen weitaus größeren Einfluss erhofft. Mit einer großen Party samt Feuerwerk, DJ-Auftritt und lokaler Prominenz startete der Aufsteiger das Projekt „Football Cooperative St. Pauli eG (FCSP eG).“ Dahinter verbirgt sich das erste Genossenschaftsmodell eines Fußball-Bundesligisten. Das Konzept: Das heimische Millerntor-Stadion, an der die FCSP eG mehrheitlich beteiligt ist, wird anteilig an Fans, Förderer und Sympathisanten verkauft.

    Kaufen kann jeder, der sich auf der entsprechenden Homepage zuvor registriert hat. Ein Anteilsschein kostet 850 Euro, seit Sonntag und noch bis Ende Januar läuft die Verkaufsphase. Anders formuliert: Für 850 Euro gibt es ein Stück vom Hamburger Kiezklub. Nach dem Ende der Zeichnungsphase soll die FCSP eG die Mehrheit am Millerntor-Stadion übernehmen. St. Pauli will damit einen anderen Weg für die Finanzierung der Profiabteilung finden, die von der Genossenschaft nicht tangiert ist. Frisches Geld ist willkommen angesichts von 4,9 Millionen Euro Verlust im Geschäftsjahr 2022/23 und einem nahezu aufgebrauchten Eigenkapital.

    St. Pauli startet Genossenschaftsmodell mit FCSP eG

    Einen externen Sponsor will der Kiezklub aber nicht an Bord holen. Schon der mögliche Einstieg eines strategischen Investors in die DFL scheiterte auch an der Stimme von St. Pauli, dessen Präsident Oke Göttlich Mitglied im DFL-Vorstand ist. Über das Genossenschaftsmodell sagt der 48-Jährige nun: „Die Zeit ist absolut reif für einen anderen Fußball und eine andere Finanzierung im Profifußball.“ Deswegen rührt der FC St. Pauli nun auch die Werbetrommel dafür: In einer Kampagne werben Spieler, Vereinslegenden und Hamburger Promis dafür, in die Genossenschaft einzutreten.

    Rund 30 Millionen Euro sollen auf diese Weise zustande kommen. Nach den ersten 24 Stunden der Verkaufsphase lässt sich sagen: Pauli liegt im Soll. Wie der Verein mitteilte, sind bereits 6650 Anteile verkauft worden. Der Wert der verkauften Anteile lag bei mehr als 8,65 Millionen Euro. Göttlich sagte bei der Auftaktveranstaltung dazu: „Wir wollen eine Idee lostreten. Wir sind nicht auf die Idee angewiesen, aber sie macht uns handlungsfähiger.“ Die Genossenschaftsidee vereine die Möglichkeit, mitzubestimmen und den Verein finanziell zu fördern, so der Funktionär.

    Auch DFB-Geschäftsführer Rettig hat sich einen Anteil am FC St. Pauli gesichert

    Prominente Unterstützer gibt es bereits - etwa den aktuellen Kapitän des Vereins, Jackson Irvine. Der Australier kaufte sich einen Anteilsschein. Zwei Zeichnungen gingen zudem vom Haushalt Rettig in Köln aus. DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig, der von 2015 bis 2019 in verantwortlicher Position bei den Hamburgern arbeitete, brachte damals die Idee einer Genossenschaft auf - und gehört nun selbst zu den Anteilseignern. Weil steuerliche Fragen zu klären waren, dauerte es einige Zeit, bis die Idee marktreif wurde. Rettig sagt: „Das Modell löst den Konflikt zwischen Kapitalaufnahme einerseits und Mitbestimmung sowie Teilhabe elegant auf. Und egal, wie viele Anteile eine Einzelperson kauft: Jede Stimme ist hier gleich viel wert und zahlt deshalb auf den Vereinsgedanken ein.“ Das Prinzip eines einzelnen Großanteilseigners, der ähnlich wie im Aktienrecht seine Interessen durchdrückt, sei somit nicht möglich. Der Haushalt Rettig hat dennoch zwei Stimmen: Neben dem DFB-Funktionär hat auch seine Frau Cordula einen Anteil gekauft.

    Genossinnen und Genossen bei St. Pauli sollen aber nicht nur mitbestimmen können, sondern sollen auch die Aussicht haben, finanziell zu profitieren. Pauli-Präsident Göttlich sagte der (ebenfalls als Genossenschaft organisierten) Taz dazu: „Wir wollen nicht nur die Hand aufhalten, sondern auch etwas zurückgeben. Ich glaube auch, dass unser Genossenschaftsmodell nicht das letzte sein wird, das wir im Fußball sehen.“ Auch beim FC Schalke gibt es schon eine entsprechende Initiative. „Es gibt einen großen Hunger nach Mitgliederpartizipation.“

    Der FC Schalke 04 etwa kündigte vor wenigen Wochen an, eine Fördergenossenschaft zu starten. Das königsblaue Konzept liest sich ähnlich: Mit den Genossenschaftsanteilen soll die Fördergenossenschaft Kapital erhalten, mit der sie Anteile am Stadion kaufen kann. Mit dem Geld sollen Schulden abgebaut und letztlich Zins und Tilgung verringert werden. Die Lage auf Schalke ist brisant, 160 Millionen Euro Schulden drücken den Revierklub.

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