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Fußball: Ein Leben unter dem Brennglas: Die Netflix-Doku über David Beckham

Fußball

Ein Leben unter dem Brennglas: Die Netflix-Doku über David Beckham

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    Posh und Becks: Victoria und David Beckham bei der Filmpremiere.
    Posh und Becks: Victoria und David Beckham bei der Filmpremiere. Foto: Ian West, dpa

    Die Szenerie: ein Wohnzimmer. Der Herr des Hauses gibt seinem Gast eine Führung. Auffällig dabei: Wie wichtig dem Gastgeber sein Sinn für Ordnung ist. Die Stühle um den Wohnzimmertisch müssen an der richtigen Stelle stehen, alles ist geputzt und poliert. Und dann fällt der Salzstreuer auf, den die Herzensdame arglos herumstehen hat lassen. "Du weißt schon, wo der hingehört?", fragt der Mann. Später wird er von ihr zu hören bekommen, "wie perfekt" er doch ist. Das ist beißender Humor, aber auch irgendwie liebevoll. Szenen einer Ehe, die sich in nahezu jedem Haushalt abspielen könnten. Der große Unterschied: Es geht hier nicht um Hans und Helga Müller, sondern um David und Victoria Beckham.

    Beckham-Doku auf Netflix: Vier Folgen mit je einer Stunde Laufzeit

    Vor kurzem hat der Streaming-Dienst Netflix die Dokumentation "Beckham" veröffentlicht. In vier Folgen zu jeweils einer Stunde wird die Geschichte des Fußballers aus dem Londoner Vorort Leytonstone erzählt, dessen Vater – ein manischer Fan von Manchester United – ihn zu einem der besten Jugendspieler Englands drillt und ihn letztlich zum Herzensverein der beiden bringt. 

    Es folgen: der Aufstieg zu einem der besten Spieler der Welt, die Hochzeit mit dem Spice Girl Victoria, der Aufstieg zu einer globalen Werbeikone, der Bruch mit United, der Wechsel zu Real Madrid, und so weiter. Die Serie glänzt mit ihrer Opulenz: Als Interviewpartner stehen Ikonen wie Alex Ferguson, Eric Cantona, Roy Keane, Gary Neville, Luis Figo, Diego Simeone, Roberto Carlos, Rio Ferdinand, Ronaldo, Real-Präsident Florentino Pérez und natürlich die Beckhams selbst Rede und Antwort. Pérez erklärt den Grund, warum Real Beckham verpflichtet hatte, mit einem einfachen Fakt: "Unser Umsatz hat sich danach verdreifacht."

    Regisseur ist Oskar-Preisträger Fisher Stevens

    Diese Prominenz bei den Zitate-Gebern liegt daran, dass Beckham selbst es war, der manche Türen für die Kameras geöffnet hat. Die Dokumentation ist ein Projekt der Produktionsfirma von Leonardo DiCaprio, der wiederum gut befreundet ist mit dem Fußballstar. Als Regisseur wurde Oskar-Gewinner Fisher Stevens verpflichtet. Der ist auch als Schauspieler erfolgreich (Sucession) und begnügt sich nicht mit der Rolle des Fragenstellers. Etwa dann, als Beckham-Vater Ted erzählt, dass er von jedem Jugendspiel seines Sohnes eine VHS-Kassette zu Hause hat – in der Summe also 1400 Bänder. Stevens unterbricht Beckham senior ungläubig und fragt ihn: "Was haben Sie da gesagt?", um sich vom keine Miene verziehenden Vater das nochmals bestätigen zu lassen. War was?

    Gruppenbild mit Fußballstar und Regisseur: David Beckham (zweite von links) mit Fisher Stevens bei der Premierenfeier.
    Gruppenbild mit Fußballstar und Regisseur: David Beckham (zweite von links) mit Fisher Stevens bei der Premierenfeier. Foto: Vianney Le Caer, dpa

    Wenig überraschend werden allzu kritische Dinge ausgespart – etwa der Umstand, dass sich Beckham von Katar Millionen bezahlen hat lassen, um im Vorfeld der WM als Markenbotschafter zu wirken. Und natürlich ist wenig Neues dabei bei einem Leben, das seit fast drei Jahrzehnten unter dem Brennglas der Öffentlichkeit stattfindet. 

    Bei der WM 1998 wurde aus dem Supertalent Beckham der Volksverräter

    Dennoch ist es eindringlich und berührend, wie Stevens schildert, wie bei der WM 1998 aus dem Jungstar Beckham der Volksverräter wurde. Im Spiel gegen Argentinien ließ er sich von seinem Gegenspieler Simeone provozieren, trat nach und flog vom Platz. Englands Nationalelf flog ihrerseits aus dem Turnier. Dem damals 23-Jährigen schlug der Hass einer Nation entgegen. Es gab Morddrohungen, der Mirror titelte "zehn Helden, ein dummer Junge" und vor einem Pub wurde eine Puppe mit Beckham-Trikot gehängt. "Ich wurde täglich beleidigt, bespuckt, angegriffen", erinnert sich Beckham an das schwerste Jahr seiner Karriere.

    Geholfen habe ihm in dieser Zeit die bedingungslose Unterstützung seines Vereins, vor allem seines Ziehvaters Alex Ferguson sowie die seiner damaligen Freundin Posh Spice. Man mag mit den Augen rollen, wenn Victoria ihn nach einem WM-Spiel anruft, ihm zum Sieg gratuliert und im selben Satz sagt, dass er sich dringend die Haarspitzen nachfärben lassen müsse. Eine junge Aufnahme zeigt, wie die beiden zu "Islands in the stream" miteinander tanzen. Das wirkt wie zwei Menschen, die sich gefunden haben und gemeinsam ihren Weg gehen. Das sieht man sich gerne an. Bei Helga und Hans Müller, erst recht bei Victoria und David Beckham.

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