Persönliche Huldigungen sind Frank Schmidt sichtlich ein Gräuel. Als der Trainer des 1. FC Heidenheim im Sommer darauf angesprochen wurde, dass er bei der Wahl zum "Trainer des Jahres" auf Platz zwei hinter dem damaligen Union-Berlin-Coach Urs Fischer landete, raunzte Schmidt zurück: "Platz zwei, das ist der erste Verlierer." Ein Spaß – aber einer, der verdeutlichte, wie wenig er mit den schnell verliehenen Auszeichnungen im schnelllebigen Bundesliga-Geschäft anfangen kann. Ein halbes Jahr später ist Fischer nicht mehr Trainer des Hauptstadtclubs – und Schmidt hat ein Jahr hinter sich, in dem ihm und seinem Verein alles zu gelingen schien. 2023 war ein Jahr wie aus dem Bilderbuch für Schmidt und den FCH. Der Kicker kürte ihn nun zwar nicht zum "Trainer des Jahres" (die Saison läuft ja auch noch ein bisschen), aber nun zur "Persönlichkeit des Jahres 2023".
Damit würdigt das Fachmagazin seit 1990 Persönlichkeiten, die nicht nur Erfolge gefeiert haben, sondern "die mit ihrer Tätigkeit und Haltung im deutschen Fußball oder für den deutschen Fußball vielfach vorbildlich gewirkt" haben. Erster Preisträger war übrigens der damalige Weltmeister-Trainer Franz Beckenbauer, im vergangenen Jahr holte Alexandra Popp die Auszeichnung.
Der FC Heidenheim wurde Zweitligameister und überraschte in der Bundesliga
Nun also Schmidt. In der Tat war das Jahr 2023 nicht das schlechteste für den 49-Jährigen und sein Team: Im Sommer gelang in letzter Minute die Zweitligameisterschaft. Der Lauf des FCH hörte auch in der Bundesliga nicht auf: Der Underdog brauchte zwar etwas, um sich an das rauere Klima im Oberhaus zu gewöhnen, erwies sich dann aber sehr schnell als äußerst konkurrenzfähig. Die Belohnung: Nach einem starken Zwischenspurt mit drei Siegen in Folge überwintert das Team von der Ostalb auf Rang neun – eine kaum für möglich gehaltene Platzierung für den Verein, der seinen Kader vor Saisonbeginn für gerade mal 2,3 Millionen Euro verstärkt hat.
Statt auf Millionen setzt man in Heidenheim aber seit Jahren auf Werte. Auf die Frage hin, was für einen Klassenerhalt des FCH spricht, sagte Schmidt im Sommer: "Unsere DNA hier." Schon oft sei der Weg der bedächtigen Schritte, des sorgfältigen Haushaltens und der Stärke über den Zusammenhalt belächelt worden. "Aber unser Kollektiv, unser Zusammenhalt – das alles ist ja nicht auf individuelle Qualität ausgelegt. Sondern auf unbändigen Willen, Zusammenhalt und Geschlossenheit." Eben das lebt Schmidt seit 16 Jahren vor, was ihn Mitte September zum dienstältesten Bundesligatrainer (noch so eine Auszeichnung!) machte.
Boss Holger Sanwald: Ohne Frank Schmidt keine Bundesliga in Heidenheim
Holger Sanwald, seit 29 Jahren der starke Mann beim 1. FC Heidenheim , gratulierte via Kicker seinem Trainer, den er noch als Spieler auf die Ostalb geholt hatte: "Er hat einen unbändigen Ehrgeiz und ist ein absoluter Wettkampf-Typ. Mit dieser besonderen Einstellung, die ihn als Trainer auszeichnet, geht er voran und überträgt das auf unsere Mannschaft." Es sind Qualitäten, die Sanwald zu dem Schluss kommen lassen: "Ohne Frank Schmidt als Cheftrainer wären wir als 1. FC Heidenheim heute nicht in der Bundesliga." Wenn alles so weitergeht, muss Schmidt bald die nächste Ehrung über sich ergehen lassen: Gut möglich, dass bald der erste Platz beim "Trainer des Jahres" nach Heidenheim geht. So ein Graus – oder, Herr Schmidt?