Eine Begegnung mit einem Oliver Kahn ist nie alltäglich. Kahn, das ist die Ein-Mann-Mauer, der menschliche Vulkan, der Weiter-immer-weiter-Mann. ZDF-EM-Experte Christoph Kramer, im Nebenberuf Fußballer, hat kürzlich erzählt, wie er den ehemaligen Titan kennengelernt hat. Der Ex-Keeper sei „nett“ gewesen, so Kramer, „aber eher unnahbar. Vielleicht, weil er auch so eine Aura hat“. Anders formuliert: „Wenn Olli Kahn reinkommt, bleibst du nicht sitzen, sondern stehst erst mal auf.“ Nochmal anders formuliert: Wenn Oliver Kahn etwas sagt, lautet der erste menschliche Reflex nicht zwingend, dem guten Mann zu widersprechen. Manche würden es vielleicht unter Selbsterhaltungstrieb zusammenfassen.
Insofern hat es auch ein wenig etwas von einer Regierungserklärung, wenn der Titan, Welttorhüter a. D. und Bayern-CEO a. D., ein längeres Interview gibt. Dem Kicker hat Oliver Rolf Kahn nun ein ausführliches Gespräch gewährt – und darin seine Sicht der Dinge offenbart. Die Spanier? Sind so gut, weil die Richtung klar ist („In Spanien sind sich Verband und die meisten Klubs und Trainer einig, welchen Fußball man möchte.“). Die langjährige Dominanz der Bayern? „War für die Liga nicht gut.“ (Jetzt kann man‘s ja sagen.). Der Leverkusener Erfolg? War das Ergebnis einer „Jahrhundertsaison“, bei der abzuwarten ist, ob das nochmal so kommt.
Kahn-Interview beleuchtet Spannungen und Visionen im Fußball
Knifflig wurde es für den Fragensteller, als es um das Erbe ging, das Kahn als Vorstandschef und Hasan Salihamidzic als Sportvorstandsmitglied den Bayern hinterlassen haben. Derzeit versuchen die Bayern bekanntlich vergeblich, den ein oder anderen Profi von der Gehaltsliste zu bekommen. Eine mögliche Erklärung dafür sieht mancher in den üppigen Verträgen, die Kahn und Salihamidzic den Profis gegeben haben. Dazu stellte Kahn klar: Das hat alles auch der Aufsichtsrat genehmigt. Und überhaupt: „Jeder Klub, der in den letzten Jahren die Champions League gewann, hat weit höhere Gehaltskosten als der FC Bayern.“
Damit wäre das auch geklärt. Ohnehin – auch das ist eine der Erkenntnisse des Gesprächs – war Kahn nie weg vom Fußball. Nach dem Ende als Vorstandsboss des FC Bayern vor einem Jahr habe er sich die Zeit für etwas Ruhe nehmen müssen, sehr bald wird aber mit aller Macht zurückge-kahnt. Der 55-Jährige kann sich eine Zukunft als Klubbesitzer vorstellen: „Wenn alles passt, kann ich mir das sehr gut vorstellen.“ Ein Verein, ganz nach den Vorstellungen von Oliver Kahn? Irgendjemand muss ja die Bayern-Dominanz endgültig durchbrechen. Dieses Leverkusen ist es sicher nicht.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden