Ex-Nationalspieler Jonas Hector hat seine Karriere beendet, Torwart Timo Horn und Mittelfeldspieler Ellyes Skhiri haben den Verein verlassen, drei Identifikationsfiguren sind weg. Der 1. FC Köln sucht seinen neuen Weg. Sport-Geschäftsführer Christian Keller, einer der größten Gewinne des Klubs der letzten Zeit, sieht den FC finanziell weiter als "Sanierungsfall", Finanz-Geschäftsführer Philipp Türoff überraschte dagegen zuletzt mit der Feststellung: "Wir wollen den FC bei jeder sich bietenden Gelegenheit in das obere Tabellendrittel der Bundesliga führen, das ist mein sportlicher Ehrgeiz". Und Trainer Steffen Baumgart, um den sich in Köln weiter vieles, wenn nicht alles dreht, sagt nach dem Trainingslager in Maria Alm: "Wenn ich unsere Mannschaft so betrachte: Uns muss man erst einmal schlagen."
Wie äußert sich Klaus Allofs zum Spannungsfeld?
Auch wenn das Wort von Lukas Podolski in Köln traditionell über allem steht, bleibt Klaus Allofs, Vorstand von Fortuna Düsseldorf und von 1981 bis 1986 erfolgreicher Profi beim FC, in Köln eine anerkannte Größe, deren Wort ebenfalls gilt – auch, wenn er Düsseldorfer ist. "Der Klub hat in Ellyes Skhiri und Jonas Hector zwei wichtige Spieler verloren. Es wird spannend, wie man die ersetzen kann. Spielt man in der Bundesliga nicht um die internationalen Plätze, spielt man gegen den Abstieg. Ich bin gespannt, wie der FC das lösen will." Allofs beschreibt genau das Spannungsfeld, das die Geschäftsführung in Köln andeutet.
Brauch der Kader des 1.FC Köln Sanierung?
Der Kader ist noch nicht komplett. Nach dem Weggang von Kingsley Schindler wird noch ein Rechtsverteidiger gesucht – und für Timo Horn ein zweiter Torwart. Trotzdem sagt Steffen Baumgart: "Für mich ist der Kader komplett." Angreifer Davie Selke, gegen alle Zweifler von Baumgart geholt, hat einen neuen Vertrag unterschrieben, Luca Waldschmidt hat seine Vereinstournee beendet, ist vom VfL Wolfsburg ausgeliehen und soll neben Florian Kainz und Mark Uth eine spielgestaltende Rolle übernehmen. Mark Uth? Baumgart plant noch nicht mit ihm im DFB-Pokal beim Zweitligisten VfL Osnabrück am 14. August – und auch nicht zum Bundesligastart am 19. August bei Borussia Dortmund. Uth war wegen einer Sehnenverletzung acht Monate ausgefallen, wurde dreimal operiert, ist aber zurück im Mannschaftstraining. "Wir werden ihn langsam aufbauen", sagt Baumgart.
Wie sieht die finanzielle Lage aus?
Beim 1. FC Köln sind weiter rigorose Sparmaßnahmen angesagt, der Personaletat der Lizenzspielerabteilung liegt bei 50 Millionen Euro. Trotzdem ist Sport-Geschäftsführer Christian Keller sicher, den Klub in der Erfolgsspur zu halten. Der Mann, der aus Regensburg nach Köln gekommen war, gilt als professioneller Kenner der Szene, studiert, promoviert, einer, den man nicht über den Tisch zieht. Keller wurde zuletzt in den Aufsichtsrat der Deutschen Fußball Liga gewählt. Philipp Türoff hält den Klub auch für einen Sanierungsfall, sagt aber: "Man saniert nur Dinge, die man für sanierungswürdig hält. Wir schreiben aktuell schwarze Zahlen, es war ein gutes Geschäftsjahr für den 1. FC Köln."
Löst Trainer Steffen Baumgart die Probleme?
Vor allem wegen Steffen Baumgart hoffen sie in Köln trotz aller Personal- und Finanzprobleme wieder auf eine erfolgreiche Saison. Baumgart hatte schon vor dem Trainingsauftakt seinen Vertrag um ein Jahr bis 30. Juni 2025 verlängert. "Ich bin gerne in Köln, das Projekt ist noch nicht beendet, wir haben Ziele und wollen den Verein weiterentwickeln. Andererseits finde ich es im Fußball schwierig, langfristig zu planen, wir wissen schon, was passieren kann, wenn es einmal nicht läuft", sagt Baumgart. "Wir sind absolut davon überzeugt, dass Steffen sich beim FC wohlfühlt. Steffens Aufgabe mit dem Verein ist ein Prozess, oder wie er sagt: Wir sind auf einem Weg", sagt Philipp Türoff. Klaus Allofs: "Steffen Baumgart passt zum FC, erreicht die Seele der Kölner, er stiftet eine Identität und sorgt für Begeisterung, die außergewöhnlich ist."
Wie geht es weiter für den 1.FC Köln?
Von der Antwort dieser Frage wird abhängen, ob der FC in erster Linie ein Sanierungsfall bleibt – oder es tatsächlich eine europäische Perspektive gibt. Die Abgänge wiegen aktuell schwerer als die Zugänge. Der wichtigste Kölner Spieler hat seine Karriere beendet. Und Jonas Hector hat vielfach unterstrichen, dass er den Fußball liebt, dem Geschäft mit demselben aber sehr skeptisch gegenübersteht, froh, seine Karriere beendet zu haben. Der Ex-Nationalspieler wird fehlen – wie Ellyes Skhiri, der zu Eintracht Frankfurt gewechselt ist. "Oberste Priorität ist, so schnell wie möglich auf 40 Punkte zu kommen", sagt Sportchef Keller wie vor jeder Saison. Alles Weitere wird sich dann schon ergeben, ein einstelliger Tabellenplatz scheint nicht übertrieben optimistisch.