Aufatmen bei allen Fans von Torjägerin Alexandra Popp und ihren Teamkolleginnen: Die Spiele der deutschen Fußball-Frauen bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft werden bei ARD und ZDF live zu sehen sein. Nach zähem Ringen und mit Hilfe aus der Schweiz übertragen die öffentlich-rechtlichen Sender die Partien aus Australien und Neuseeland. Die Einigung am Mittwoch gelang nun durch einen Kunstgriff: Denn Vertragspartner des Fußball-Weltverbandes FIFA sind nicht ARD und ZDF selbst, sondern die in Genf ansässige European Broadcasting Union (EBU).
"Die EBU hat mit der FIFA eine grundsätzliche Vereinbarung getroffen, die Märkte Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien in den bestehenden Vertrag für die FIFA+-Frauen-Weltmeisterschaft 2023 aufzunehmen. Gemäß dieser Vereinbarung sind alle Spiele und alle Tore der Fußball-WM in Australien und Neuseeland, die vom 20. Juli bis 20. August 2023 stattfindet, bei ARD und ZDF zu sehen", teilten die Sender mit.
Frauenfußball-WM in Australien und Neuseeland startet am 20. Juli
Nach monatelangem Streit mit öffentlichen Beschuldigungen steht nun ein Vertrag, der beide Seiten das Gesicht wahren lässt. ARD und ZDF hatten bisher direkt über ihre Sportrechte-Agentur SportA verhandelt. Jetzt bekommen die beiden Sender ihre Rechte von der FIFA über die EBU, genau wie öffentlich-rechtliche Sender in anderen europäischen Ländern. Zuletzt war es dem Vernehmen nach nur noch um Detailfragen gegangen.
Die Erleichterung über den späten Deal war groß bei den Öffentlich-Rechtlichen. Er freue sich sehr, dass man dem Frauenfußball nun auch in diesem Jahr die Bühne bieten könne, die die Spielerinnen und das Publikum verdienten, sagte ARD-Sportrechte-Koordinator Tom Buhrow und dankte DFB-Präsident Bernd Neuendorf für dessen Unterstützung. "Das Ergebnis ist im Sinne des Sports, der Spielerinnen und der Fans, die nun in einem Monat die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft vor den Fernsehern, Radios und Online anfeuern können", so Buhrow. Und ZDF-Intendant Norbert Himmler erklärte: "Für alle Fans des Frauen-Fußballs in Deutschland bleiben ARD und ZDF weiterhin die richtige Adresse."
Verhandlungen zwischen Fernsehsendern und FIFA gestalteten sich schwierig
Bisher liefen die Übertragungen der großen Turniere hierzulande bei ARD und ZDF, die auch bei der Ausschreibung für die WM 2022 das beste Angebot für den deutschen TV-Markt abgegeben hatten. Der FIFA war die Offerte aber zu gering. Präsident Gianni Infantino forderte öffentlich mehr Geld, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Gesichert ist nur, dass es um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag ging.
Kurz vor der nun erfolgten Einigung hatte ein Sprecher der FIFA gesagt: "Wir sind weiterhin in Gesprächen." Er betonte zugleich, dass es "keinen Blackout" geben werde - also ein Turnier ohne bewegte Bilder in Deutschland. Der Verbandssprecher erklärte: "Wir bevorzugen Übertragungen im öffentlichen Fernsehen, aber wir können die Spiele auch bei FIFA+ zeigen."
Knapp fünf Wochen vor dem Beginn des Turniers schienen die Fronten zwischen dem Verband sowie ARD und ZDF verhärtet zu sein. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hatte zuletzt beim Kongress SpoBis gesagt: "In der normalen Welt würde man sich hinsetzen und zu einer Lösung kommen. Dazu müssen aber beide Seiten bereit sein." Auch mit den Verhandlungen betraute Personen hatten zuletzt mehrfach erklärt, dass es keinerlei Fortschritte und keine wirklichen Verhandlungen gebe. Dank des Kniffs mit der EBU steht nun eine Lösung.
"Da muss eine Einigung stattfinden", hatte DFB-Vizepräsidentin Celia Sasic noch am Mittwochmorgen gesagt. "Es wäre ein sehr harter Nackenschlag, wenn das nicht funktionieren würde." Die 34 Jahre alte Ex-Nationalspielerin betonte die Bedeutung einer Übertragung im klassischen Fernsehen. "Das wäre sehr, sehr wichtig für den Frauenfußball, für die Gesellschaft, für die gesamte Entwicklung, dieses Turnier zu zeigen, die Sichtbarkeit hochzuhalten."
Die von der FIFA ins Spiel gebrachten WM-Übertragungen auf dem hauseigenen Internetportal wären technisch auf jeden Fall kein Problem gewesen. Auch das Engagement von deutschsprachigen Kommentatoren wäre möglich. Die gewohnten Standards von ARD und ZDF mit Moderation, Interviews und vor allem kritischer Berichterstattung wären bei einer eigenen Übertragung der FIFA allerdings kaum zu erwarten. Dieses Szenario ist jetzt abgewendet. (dpa)