Nach der Fußball-EM der Männer in diesem Sommer will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die nächste Großveranstaltung nach Deutschland holen. Im Dezember 2025 wird der europäische Fußballverband Uefa bekannt geben, welches Land die Frauen-EM 2029 austragen wird. Der DFB rechnet sich gute Chancen aus, trotz der Konkurrenz: Italien ist interessiert, Dänemark und Schweden geben ebenso eine Doppelbewerbung ab wie die Verbände aus Portugal und Polen. Dazu fragte der deutsche Verband nun Städte an, ob Interesse daran besteht, EM-Gastgeberstadt zu werden. So auch in Augsburg. Dort ist der Fall jedoch zum Politikum geworden. Denn die Stadtregierung hat im kleinen Kreis und ohne Diskussion im Stadtrat beschlossen, dem DFB eine Absage zu erteilen. Die Kritik daran und an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) ist groß – und nun äußert sich auch DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig dazu. Zugleich tut sich für die Stadt eine neue Möglichkeit auf.
Die Argumentation der Stadt Augsburg betrifft vor allem die Finanzen: Die klamme Haushaltskasse, so die Begründung, mache eine Bewerbung nicht möglich. Vier Millionen Euro werden nach Angaben der Stadt fällig, sollte Augsburg ein EM-Standort werden. Bei den Kosten orientierte man sich an jenen der Frauen-WM 2011, damals fanden in Augsburg drei Spiele statt. Die öffentliche Kritik an der Entscheidung ist groß. Die Opposition beklagt sich, nicht ausreichend informiert worden und kritisiert den intransparenten Entscheidungsprozess. Schließlich wäre mit einer positiven Interessenbekundung keinerlei Pflichten oder Kosten entstanden, die Stadt hätte auch später aus dem Bewerbungsverfahren aussteigen können. Aber auch beim Tourismusverband, der Hotellerie und beim FC Augsburg ist die Enttäuschung groß.
FCA-Geschäftsführer Michael Ströll versteht die Absage der Stadt nicht
Michael Ströll ist FCA-Geschäftsführer und hatte die DFB-Anfrage an die Stadt weitergetragen. Er kann die Absage zum jetzigen Zeitpunkt nicht verstehen. Der FCA hat großes Interesse an dem Turnier, zugleich kann Ströll das Gegenargument mit den Kosten nachvollziehen. Diese Zahlen liegen aber nicht final auf dem Tisch, weil es erst einmal nur um ein generelles Interesse gehe: „Deswegen ist es schade, dass die Stadt bereits in dieser frühen Phase eine Bewerbung als möglichen Austragungsort der EM abgelehnt hat.“ Die Aussicht auf Mieteinnahmen ist beim FCA übrigens kein Argument: Als Anteilseigner des Stadions hat die Stadt ein Nutzungsrecht. Interessanter dürfte hingegen das Schaufenster sein, das das Turnier bietet.
Auch in der Frankfurter DFB-Zentrale ist das Unverständnis groß. DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig, der selbst eine Augsburger Vergangenheit hat und von 2006 bis 2012 Geschäftsführer des FCA war, sagte unserer Redaktion: „Es ist schade, dass die Augsburger Politik den Stellenwert des Mädchen- und Frauenfußballs nicht so hoch bewertet, wie das eine Vielzahl anderer Städte getan hat, bei denen regionalwirtschaftliche Aspekte, ein positiver Imagegewinn und die Förderung des Frauenfußballs im Vordergrund stehen.“
Rund 30 Bewerbungen sind beim DFB für die Frauen-EM eingegangen
In Hamburg, das Ende 2023 etwa 23 Milliarden Euro Schulden hatte, haben mit dem HSV und St. Pauli gleich zwei Vereine ihr Interesse bekundet. Die Hansestadt ist eine der Kommunen, die ihre Bewerbung öffentlich gemacht haben. Nach Informationen unserer Redaktion sind insgesamt rund 30 Bewerbungen beim DFB eingegangen, darunter sind alle Städte mit einer Mindestkapazität von 20.000 Zuschauern. Nur das Nürnberger Stadion, das zu diesem Zeitpunkt umgebaut wird, ist nicht dabei – und eben Augsburg. Demnach hat auch München die Allianz Arena für eine mögliche EM gemeldet.
Auch viele kleinere Städte haben die Hand gehoben. Dass Augsburg, die drittgrößte Stadt Bayerns, die zudem einen Bundesligisten stellt, nicht dabei ist, kam auch für den DFB überraschend. Rettig sagt dazu: „Der Standort Augsburg hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass er ein guter Gastgeber sein kann. Zumal er mit dem FCA und dem BFV (Bayerischer Fußball-Verband) zwei starke Partner an seiner Seite hat. Insbesondere BFV-Präsident Christoph Kern unterstützt hier intensiv die Bemühungen der bayerischen Klubs.“
Am Montag entscheidet die Stadtregierung, ob es beim Nein zur Frauen-EM bleibt
BFV-Präsident Kern ist es offenbar zu weiten Teilen zu verdanken, dass der DFB der Stadt eine Fristverlängerung für die Frauen-EM zugesteht: Bis Montag um 18 Uhr kann die Stadtregierung eine neue Interessenbekundung abgeben. Zu diesem Zweck berief die Stadt eine Sondersitzung des Sportbeirats ein. In einer Sitzung der Fußball-Regionalverbände in Frankfurt in dieser Woche hat die bayerische Delegation um Kern nach Auskunft einiger Sitzungsteilnehmer massiv für Augsburg getrommelt – und hatte dahingehend Erfolg, dass der Stadt nun mehr Bedenkzeit verschafft wurde.
Ob Augsburg aber sein Erst-Votum ändert, ist fraglich. CSU und Grüne, die die Regierungskoalition bilden, gaben im Vorfeld keine Stellungnahme ab. Weitere Informationen zu Kosten und den Anforderungen des Rahmenprogramms stellt der DFB am Dienstag bei einem Treffen in Frankfurt vor – aber eben nur für jene Kommunen, die bislang ein generelles Interesse bekundet haben.
Beim nächsten Mal wieder. Wir Augsburger wollen uns nicht schon wieder vordrängen. Die interessanten Spiele fänden ohnehin woanders statt. :))
30 Städte möchten gerne - aber der DFB möchte unbedingt Augsburg dabeihaben? Was für eine Ehre oder doch nicht?
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