Dieses Wochenende ist eine gute Gelegenheit für einen ruhigen und erholsamen Kurzurlaub in den Niederlanden. In Amsterdam vielleicht, oder in Rotterdam. Am besten aber noch etwas weiter im Landesinneren, möglichst weit von Zandvoort entfernt. Dort, an der Küste der Nordsee, herrscht Trubel. Ach was, Ausnahmezustand. Viele Niederländerinnen und Niederländer reisen dorthin, um ihren Formel-1-Helden zu sehen. In anderen Landesteilen dürfte es deutlich ruhiger zugehen. Weil: niemand mehr da. Alle im Max-Verstappen-Fieber.
Deutsche Motorsportfans blicken neidvoll ins Nachbarland. Was dort gerade passiert, haben sie in Deutschland auch schon erlebt. Als die Motorsport-Nation mit Michael Schumacher fieberte. Als Schumi mit Ferrari Serien-Weltmeister wurde. Lange ist das her, das Motorsport-Fieber ist gesenkt, die Symptome wie gemeinsamer Campingurlaub in der Eifel verschwunden. Ein Deutschland-Rennen in der Formel 1 gibt es nicht mehr. Zu teuer sind die Auftritte der Königsklasse, sowohl Hockenheim- als auch Nürburgring können sich die Formel 1 nicht mehr leisten und spielen im Rennkalender keine Rolle mehr.
Anders Zandvoort. Der kleine Küstenort wird seit Mittwoch wieder überrannt. Die Orange Army ist unterwegs. Klingt martialischer, als es ist. Verstappens Fans tragen eben gerne orange, was in den Niederlanden durchaus vorkommen soll, und sie folgen ihm überall hin. Bei vielen Rennen sind sie vor Ort dabei. Weil sie immer etwas zu feiern haben. Beim Heimauftritt bekommt die Orange Army noch mehr Zulauf. Die Anreise ist diesmal kurz, die Massen strömen nach Zandvoort.
Verstappen und Red Bull sind nicht zu stoppen
Die Musik wird wieder über die Dünen wummern, orange Rauchfahnen ziehen über den Strand. Zandvoort ist Party. Erst recht, wenn Max Verstappen wieder gewinnt. Davon gehen eigentlich alle aus. Fans, Experten, Konkurrenten. Wobei, Konkurrenten gibt es für den Niederländer in dieser Saison eigentlich nicht. Er hat vor dem am Sonntag (15 Uhr) beginnenden zweiten Teil der Saison bereits 125 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Sergio Perez und sollte am Saisonende recht überlegen seinen dritten WM-Titel in Folge feiern. Die Renngemeinschaft Verstappen/Red Bull dominiert nach Belieben.
Teams, die allen anderen davonfahren, hat es in der Geschichte der Formel 1 immer wieder gegeben. Sebastian Vettel hatte das mit Red Bull geschafft, Lewis Hamilton zuletzt mit Mercedes. Jetzt eben Verstappen. Der 25-Jährige kann am Sonntag einen weiteren Rekord schaffen. Gewinnt er, zieht er mit Sebastian Vettel gleich. Der Heppenheimer hatte 2013 für Red Bull neun Rennen in Folge gewonnen - bislang einzigartig. Aber wohl nur noch bis Sonntag.
In der Sommerpause hatte sich Verstappen ein wenig Ruhe gegönnt. Er hatte sich zurückgezogen. So wie er es eigentlich das ganze Jahr über macht. Außerhalb von Formel-1-Strecken fällt er kaum auf. Anders als Lewis Hamilton etwa, der sich für Mode und Musik interessiert. Oder sich auch mit den Problemen dieser Welt beschäftigt, ähnlich wie es Sebastian Vettel in den letzten Jahren seiner Karriere getan hat. Verstappen ist anders. Er beschäftigt sich fast ausschließlich mit dem Rennfahren.
Erwartungshaltung setzt Verstappen nicht unter Druck
Da ist er Michael Schumacher recht ähnlich. Auch den Rekordweltmeister zeichnete in seiner aktiven Zeit die totale Hingabe für den Rennsport aus. "Es war nicht nur sein Job, es war nicht nur ein Hobby, es war sein Lebensstil. Und das sehe ich auch in Max", sagte der zweimalige Weltmeister Mika Häkkinen dem Portal RacingNews365.com.
2021 war das Rennen in Zandvoort wieder in den Rennkalender zurückgekehrt. Die beiden ersten Veranstaltungen hatte Verstappen gewonnen und damit allerbeste Argumente geliefert, den Vertrag mit dem Kurs direkt an den Dünen bis 2025 zu verlängern. Die Strecke ist eine Herausforderung, sie ist sehr eng und kurvenreich. Lange Geraden gibt es kaum.
Vor allem die Begeisterung der Fans macht das Rennen so besonders. Sie werden wieder vor dem großen Tor warten, durch das die Fahrer in Fahrzeugen mit verdunkelten Scheiben an die Strecke gebracht werden. Sie hoffen, zumindest einen kurzen Blick auf ihren Max werfen zu können.
Am Donnerstagmittag saß er im Pressekonferenzraum, der in Zandvoort recht klein ist. Ab 13.30 Uhr war der Star an der Reihe. Natürlich ging es in der Gesprächsrunde auch um die Erwartungshaltung an diesem Wochenende. Verstappen blieb wie immer gelassen. Extra-Druck verspüre er nicht. Im Gegenteil. "Es ist großartig. Ich habe deswegen keine Last auf den Schultern", sagte er. Und: "Es ist einer meiner Lieblingsorte. Hier zu gewinnen, ist natürlich etwas Besonderes." Sehen auch seine Fans so und bringen sich schon mal in Feierlaune.