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Formel 1: Vettel beendet Karriere: "Mein bestes Rennen? Liegt noch vor mir"

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Vettel beendet Karriere: "Mein bestes Rennen? Liegt noch vor mir"

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    Mit vier Weltmeistertiteln zwischen 2010 und 2013 zählt Sebastian Vettel zu den besten Formel-1-Piloten aller Zeiten. Nach dem 16. Karrierejahr wird Schluss sein.
    Mit vier Weltmeistertiteln zwischen 2010 und 2013 zählt Sebastian Vettel zu den besten Formel-1-Piloten aller Zeiten. Nach dem 16. Karrierejahr wird Schluss sein. Foto: Matthias Schrader, dpa

    Lange Haare, Locken, ein lässiger Bart. Nun soll bitte nicht von Äußerlichkeiten auf innere Werte geschlossen werden. Und doch hat das Erscheinungsbild des Sebastian Vettel auch mit seiner Entwicklung als Persönlichkeit zu tun. In den vergangenen Wochen und Monaten hat nicht mehr der Rennfahrer Vettel Schlagzeilen geschrieben. Nein, der Umweltschützer, Bienenfreund und Kämpfer gegen den Klimawandel hat auf die Probleme einer sich immer schneller wandelnden Welt aufmerksam gemacht. Sportlich ging es seit Jahren bergab und es war ihm anzumerken, dass er sich nicht nur Gedanken über den Heckflügel seines lahmenden Aston Martin gemacht hat. Es brodelte in Vettel. Am Donnerstagmittag pünktlich um 12 präsentierte er auf seinem Instagram-Account ein Video. Der erste Satz lautet: „Hiermit gebe ich bekannt, dass ich meine Formel-1-Karriere am Ende der Saison 2022 beenden werde.“ Es verwundert niemanden.

    Zum Abschied aus der Formel 1 gibt Vettel tiefe Einblicke in seine Gedankenwelt

    Die Saison bei dem britischen Team Aston Martin, sein 16. Jahr in der Königsklasse, wird das letzte in seiner Karriere sein. So klar wie Vettel mit seinen Ingenieuren sein Dienstfahrzeug und nach den Rennen seine Performance analysierte, so sensibel gibt er in dem Video Einblicke in seine Gedankenwelt. „Ich liebe diesen Sport. Er war im Zentrum meines Lebens, seit ich denken kann. Aber es gibt ein Leben auf der Strecke und ein Leben neben der Strecke.“

    Mit Red Bull feiert Vettel 2010 seinen ersten WM-Titel.
    Mit Red Bull feiert Vettel 2010 seinen ersten WM-Titel. Foto: Jens Büttner, dpa

    Seine Ziele hätten sich verändert, „weg von Rennsiegen und um Meisterschaften zu kämpfen, hin zu meinen Kindern.“ Das rund vier Minuten lange Video ist in Schwarz-Weiß gedreht. Vor einer weiß getünchten Wand hatte Vettel auf einem Hocker Platz genommen, um zu erzählen, wer der Mensch hinter dem vierfachen Weltmeister ist. „Ein Rennfahrer zu sein war nie meine ganze Identität“, sagt Vettel. Fast schon philosophisch fragt er: „Wer ich bin? Ich bin Sebastian, Vater von drei Kindern und Ehemann einer wundervollen Frau.“ Er mag Schokolade. Seine Lieblingsfarbe ist blau.

    Vettel über sein Karriere-Aus: "Ich möchte meine Kinder aufwachsen sehen."

    Er glaube an Veränderungen und an Fortschritt und daran, dass Kleinigkeiten einen Unterschied ausmachen. Seine Leidenschaft für die Formel 1 gehe einher mit einem hohen Zeitaufwand. Diese Zeit will er künftig mit den Kindern verbringen. „Ich möchte sie aufwachsen sehen, ihnen meine Werte weitergeben, ihnen zuhören und mich nicht mehr verabschieden müssen.“ In der Schweiz lebt Vettel mit seiner Familie auf einem ehemaligen Bauernhof.

    Er sei auch neugierig, mal nervig, nach Perfektion strebend, ehrgeizig. Attribute, die ihn als Formel-1-Piloten auszeichneten und zu einem der besten seines Sports machten. Eine Bilderbuch-Karriere war es in der ersten Hälfte. Der gebürtige Heppenheimer startete bei BMW. In seinen ersten Auftritten wirkte er oft wie ein forscher Abiturient, der es den erfahrenen Haudegen zeigen will. Sein Karriere-Höhepunkt folgte in seiner Zeit bei Red Bull mit vier WM-Titeln von 2010 bis 2013. Der Vettel-Finger auf dem Podium wurde legendär. Er war lange nicht mehr zu sehen.

    Sebastian Vettel eiferte seinem Idol Michael Schumacher nach

    Danach eiferte der Heppenheimer seinem großen Idol Michael Schumacher nach und wollte, ganz Perfektionist wie der siebenfache Weltmeister, die Scuderia ab 2015 wieder zum Titel führen. Doch stattdessen folgte 2020 die Ausmusterung bei den Italienern. Die vermeintliche Traumehe zwischen Ferrari und Vettel entpuppte sich als großes Missverständnis. Die verbleibenden zehn Rennen – am Ende wird er wohl als siebter Fahrer der Geschichte die 300 Grand-Prix-Starts schaffen – will er genießen. Am Sonntag (15 Uhr/live in Sky) startet die Formel 1 in Budapest. Die Hoffnungen auf Besserung im Aston Martin, seinem fünften Arbeitgeber in der Königsklasse ist gering. Auch im zweiten Jahr schleicht der grüne Renner hinter dem Mittelfeld her. Aktuell belegt Vettel lediglich Rang 14 in der WM-Wertung.

    Freunde: Sebastian Vettel und Michael Schumacher.
    Freunde: Sebastian Vettel und Michael Schumacher. Foto: Jens Büttner, dpa

    In den bisherigen zwölf Rennen fuhr er gerade mal 15 Punkte ein. Sein letzter Sieg von insgesamt 53 Grand-Prix-Erfolgen liegt lange zurück, es war am 22. September 2019 in Singapur. Seinen letzten WM-Titel hatte er 2013 gefeiert. Was danach folgte, war ein steter Abstieg. Dennoch wird Vettel in die Geschichte des Sports, der für ihn den Sinn verloren hat, als einer der ganz Großen eingehen. Hinter den beiden siebenfachen Weltmeistern Lewis Hamilton und Michael Schumacher sowie Juan Manuel Fangio (fünf Meisterschaften) folgt der 35-Jährige. Gleichauf mit Alan Prost.

    Vettel zierte das Cover eines Homosexuellen-Magazins und kämpft für den Umweltschutz

    Vettel beschäftigt sich mit Umweltthemen. Er setzt sich für die LGBTIQ+-Gemeinschaft ein, zierte das Cover eines Homosexuellen-Magazins. Und er prangert Umweltsünden an, selbst wenn es wie zuletzt in Kanada dafür reichlich Prügel von hochrangigen Politikern gab. Er hat nun andere Ziele als schwarz-weiß karierte Zielflagge und sagt: „Mein bestes Rennen? Liegt noch vor mir.“ Man sollte niemals nie sagen und nach manchem viel dramatischer angekündigten Karriereende gab es eine Volte zurück. Doch eines hat er ausgeschlossen und man nimmt es Vettel ab – einen Rücktritt vom Rücktritt wird es nicht geben.

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