Manchmal braucht es drastische Worte. Gerade in Situationen, deren vermeintliche Aussichtslosigkeit das eigene Tun bremsen könnte. Lando Norris hat in der Formel-1-Wertung noch immer einen großen Rückstand aufzuholen. 52 Punkte liegt der McLaren-Pilot hinter Max Verstappen, weshalb ihm in den ausstehenden sechs Rennen auch sechs Siege nicht helfen – zumindest wenn Verstappen immer Zweiter werden sollte. Wenn sich also das Rennergebnis von Singapur auch in Austin, Mexiko-Stadt, Sao Paulo, Las Vegas, Lusail und Abu Dhabi wiederholt.
Also sprach Norris nach der Machtdemonstration in der Nacht von Singapur davon, dass er sich natürlich „den Arsch aufreißen werde.“ Also sein Bestes geben wird, was von Profisportlern häufig zu hören ist. Selten spricht einer davon, dass er seine Aufgaben künftig etwas gemächlicher angehen möchte.
Für Norris geht es um viel. Der Brite sitzt derzeit im nachweislich schnellsten Auto, wofür die mehr als 20 Sekunden Vorsprung am Sonntag der beste Beweis sind. Verstappen aber erweist sich trotz eines schwächelnden Dienstwagens als hartnäckig. Zumal er sich nicht nur auf sein eigenes Können verlassen muss, sondern ein starkes Team hinter sich weiß. Red Bull ist WM-erprobt und kann im Zweifel auch auf die Dienste seines Schwesterteams vertrauen. Wie in Singapur, als Daniel Ricciardo an seinem Racing Bull kurz vor Schluss neue Reifen aufziehen ließ, was ihm den Zusatzpunkt für die schnellste Rennrunde bescherte. Bis dahin hatte diesen Zähler Norris für sich reklamiert. Am Ende könnte ihm genau dieser Punkt in der WM-Wertung fehlen.
Red Bull kündigt Upgrades für Formel-1-Rennen in Austin an
Red Bull jedenfalls zeigt einmal mehr, dass das Team mit aller Macht den Titel holen möchte. Zumal für das nächste Rennen am 20. Oktober im texanischen Austin Upgrades am Wagen angekündigt sind. Sie sollen für ein Ende des Leistungsabfalls sorgen. Denn so dominant der Saisonauftakt war, so ernüchternd ist die aktuelle Phase. McLaren ist deutlich überlegen, Verstappen gelingt immerhin, das Unheil so gering wie möglich zu halten. Er hofft darauf, dass sich die Gesamtsituation „schnell wieder ändern“ könne.
Irgendwas aber ging in der Entwicklung seines Autos zuletzt schief, wohingegen McLaren nach Jahren des Stillstands plötzlich wieder ein echtes Spitzenteam ist. Mit besten Aussichten auf den Titel in der Teamwertung, aber ebenso noch mit der Möglichkeit auf den Fahrertriumph. „Ich versuche, jedes Wochenende so viele Punkte wie möglich zu holen. Dazu gehören auch die schnellste Runde und solche Dinge. Aber wenn Max weiter Zweiter wird, und Red Bull so weiter macht wie an diesem Wochenende, dann kann ich nichts mehr tun,“ sagte Norris. Es klang ein wenig Resignation mit.
Auch wegen der Vergangenheit. Verstappens dominante Auftritte sind längst nicht vergessen. Auch wenn die Gegenwart ernüchternd ist. Auf der Strecke, mehr noch aber daneben. Wegen Verwendung eines unangebrachten Worts während einer Pressekonferenz war der Niederländer vom Motorsportweltverband Fia am Freitag bestraft worden, er muss gemeinnützige Arbeit verrichten. Aus seiner Sicht eine völlig überzogene Reaktion, weshalb er die Pressekonferenz nach dem Rennen früher als üblich beendete und mit den wartenden Journalisten außerhalb des von der Fia eigentlich dafür vorgesehenen Raumes sprach. Aus Protest gegen den Weltverband.
Max Verstappen denkt ans Karriereende
Während des Gesprächs kam in ihm sogar der Gedanke auf, womöglich früher als geplant seine Karriere zu beenden. Lust auf solche Spielereien hat der 26-Jährige längst nicht mehr. „Solche Dinge entscheiden sicher auch darüber, was ich in Zukunft machen werde. Wenn du nicht mehr du selbst sein kannst und dich mit solchen Unsinnigkeiten herumschlagen musst. Ich bin in einer Phase meiner Karriere, in der ich mich mit sowas nicht mehr auseinandersetzen will. Es ist ermüdend“, sagte Verstappen.
Drei WM-Titel hat er bereits gewonnen, der vierte ist durchaus weiterhin möglich. Auch weil Norris trotz Überlegenheit immer wieder durch Nachlässigkeiten auffällt. In Singapur wäre er beinahe dreimal gecrasht. Für Souveränität spricht das nicht. Der Engländer muss jedenfalls deutlich mehr riskieren. „Es geht gegen Red Bull und gegen Max, die dominanteste Paarung, die man in der Formel 1 je gesehen hat aus dem letzten Jahr“, sagte der Engländer. „Es ist immer noch dasselbe Team und derselbe Fahrer. Ich habe also einen der härtesten Konkurrenten, den die Formel 1 je gesehen hat.“
Immerhin herrscht wieder Spannung. Das war zuletzt nicht häufig der Fall.
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