Auch zwei Tage nach dem Finale steht noch nicht zu final fest, wer eigentlich Formel-1-Weltmeister ist. Max Verstappen, der Sieger von Abu Dhabi oder doch Lewis Hamilton? Der Holländer feierte in der Nacht zum Montag ausgelassen mit seiner Red-Bull-Crew. Bilder von leeren Bierflaschen einer holländischen Marke, die zugleich Seriensponsor ist, und den unvermeidlichen Brause-Dosen stehen reichlich im Netz.
Jetzt geben die Anwälte Gas
Doch das Duell zwischen den siegreichen Bullen und dem unterlegenen Team aus Großbritannien geht in die Verlängerung. Der Kampf auf dem Asphalt war erst auf Rennkilometer 6404 von insgesamt 6409 entschieden worden. Nun geben die Anwälte Gas. Mercedes will in Berufung gehen. Auch deshalb sei Red-Bull-Teamchef Christian Horner nach Informationen des TV-Privatsenders Sky am Montagmorgen zurück nach Großbritannien geflogen. Um sich mit den Anwälten für die nächste Mercedes-Attacke zu wappnen. Die britische Presse dagegen schäumte vor Wut. „Es war als der größte Formel-1-Höhepunkt angekündigt worden. So gab die Formel 1 der Welt, was sie wollte. Aber indem sie das tat, schien der Sport das Konzept von Fairness, Gerechtigkeit und Chancengleichheit umzukehren“, schrieb die Daily Mail.
Die Situation ganz am Ende des Rennens hinter dem Safety Car erregt weiter die Gemüter. Bis dahin hatte Lewis Hamilton den 22. und letzten Lauf in einem überlegenen Auto dominiert. Nach dem Crash von Nicolas Lafiti in die Leitplanken in der 51. Runde nahm das Drama seinen Lauf. Der Williams-Pilot hatte eine Safety-Car-Phase ausgelöst. Zwischen dem zu diesem Zeitpunkt führenden Lewis Hamilton und Verstappen lagen fünf Autos.
Diskussionen um das Safety Car
Die Rennleitung um Michael Masi meldete zunächst, dass sich die überrundeten Fahrer zwischen den beiden nicht zurückrunden dürften. Dann teilte sie aber mit, dass genau diese fünf Autos doch überholen dürften. Mercedes monierte zudem, dass das Safety Car erst in der danach folgenden Runde wieder an die Box hätte kommen dürfen. Damit wäre es zur Zieldurchfahrt hinter dem neutralisierenden Auto mit Bernd Mayländer am Steuer gekommen und Hamilton Weltmeister geworden. Verstappen hatte auf der letzten Runde Hamilton noch spektakulär überholt.
Über vier Stunden musste der Holländer auf die – noch vorläufige – Bestätigung seines WM-Triumphs warten. In der Heimat feierte längst das 17,5-Millionen-Völkchen den ersten niederländischen Formel-1-Weltmeister aller Zeiten. In Abu Dhabi ging das Duell zwischen den beiden Kontrahenten in die Verlängerung. Insbesondere Helmut Marko goss weiter fleißig Öl ins schon seit Monaten lodernde Feuer. Es spreche „für die Gesinnung eines, ich würde sagen, unwürdigen Verlierers, wenn man solche Einsprüche und Proteste einlegt“, sagte der 78-jährige Österreicher, der der verlängerte Arm von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz im Rennstall ist und die Karriere Verstappens über Jahre hinweg plante. Ähnlich äußerte sich auch Teamchef Christin Horner, sprach von einer Schande.
Elizabeth II. schlägt Hamilton zum Ritter
Alle Beobachter wissen: Im umgekehrten Fall hätten die Bullen ebenfalls vor Wut geschnaubt und hätten mit Protesten die Silberpfeile ins Visier genommen. Mercedes behält sich das Recht auf eine Berufung vor und hat nach eigenen Angaben 96 Stunden und damit bis Donnerstag Zeit, um den Verstappen-Erfolg und die Weltmeisterschaft anzufechten. Die kommenden Tage versprechen alles andere außer Langeweile. Im epischen Formel-1-Drama zwischen Mercedes und den Bullen sind die Schlusskapitel längst noch nicht geschrieben.
Am Mittwoch schlägt die Königin Elizabeth II. den 35 Jahre alten Briten zum Ritter. Das ist die höchste Ehre für britische Sportler. Sir Lewis Hamilton ist der vierte Rennfahrer nach Jackie Stewart, Stirling Moss und Jack Brabham, dem diese Ehre zuteil wird. Die Zeremonie findet auf Schloss Windsor statt, nachdem sie wegen der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr nicht über die Bühne gehen konnte.
Verstappen erhält WM-Pokal in Paris
Jenseits des Ärmelkanals lädt einen Tag später der Automobilweltverband Fia in seine Pariser Zentrale ein. Der – vermutlich – neue Weltmeister Max Verstappen bekommt in der offiziellen Zeremonie die WM-Trophäe überreicht. Champagner wird dort nicht verspritzt, höchstens genippt. Am Donnerstag endet allerdings auch die Frist für die mögliche Berufung des Mercedes-Rennstalls. Teamchef Toto Wolff hatte sich am Renn-Sonntag jeglichen Kommentar verkniffen. Kaum vorstellbar, dass die aus ihrer Sicht gedemütigten Silberpfeile nach der Niederlage sprachlos bleiben.