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Kommentar: Nagelsmann-Aus beim FC Bayern: Der ganz normale Wahnsinn

Kommentar

Nagelsmann-Aus beim FC Bayern: Der ganz normale Wahnsinn

Tilmann Mehl
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    Gefeuert, weil Serien-Meisterschaft Nummer elf in Gefahr ist: Julian Nagelsmann.
    Gefeuert, weil Serien-Meisterschaft Nummer elf in Gefahr ist: Julian Nagelsmann. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Es gibt keinen leichteren Trainer-Job als den beim FC Bayern. Schließlich gibt es nur eine Bedingung, die der Coach zu erfüllen hat: Erfolg. So viel wie möglich. Ob der Trainer jung oder alt ist, mit internationalen Meriten dekoriert oder ein unbeschriebenes Blatt, ist vollkommen egal. Niko Kovac wäre heute noch verantwortlich für die Münchner, wenn seine Mannschaft nicht durch Liga und Europa gestolpert wäre.

    Ottmar Hitzfeld wiederum prägte eine Ära mit seiner Mannschaft, obwohl sie meist zutiefst biederen Ergebnis-Fußball spielte. Carlo Ancelotti: Ein Weltmann, der Real Madrid im gesetzten Alter vergangene Saison zum Champions-League-Titel führte. In München scheiterte er an den Ergebnissen.

    Nagelsmann-Entlassung: Den Erfolgreichen verzeiht der FC Bayern alles

    Gleiches trifft nun auf Julian Nagelsmann zu. Sein extrovertiertes Auftreten wirkte sicherlich als Katalysator, die Bayern-Bosse blickten wahrscheinlich nicht glücklich auf die Liaison mit einer Reporterin der Bild. Sie werden auch auf das Rumpelgestilze an der Seitenlinie und manche sehr selbstbewusste Äußerung mit Argwohn geblickt haben. Den Erfolgreichen aber verzeihen sie alles.

    Nagelsmann führte das Team mit acht Siegen aus acht Spielen ins Viertelfinale der Champions League, die Mannschaft steht im Viertelfinale des DFB-Pokals und hat noch alle Chancen, deutscher Meister zu werden. Das reicht aber nicht. Nagelsmann ging bereits mit der Hypothek in die Saison, im Vorjahr auf lächerliche Art und Weise an Gladbach und Villarreal gescheitert zu sein. Hasan Salihamidzic polierte anschließend den Kader weiter auf. Matthijs de Ligt und Sadio Mané kamen zur Verfeinerung der sowieso schon exquisiten Mannschaft. Ryan Gravenberch, Mathys Tel und Noussair Mazraoui rundeten das Team an jenen Stellen ab, wo spröde Risse ausgemacht wurden. Mit Joao Cancelo kam zuletzt eine Winter-Preziose hinzu.

    Unter Julian Nagelsmann verspielte der FC Bayern einen komfortablen Vorsprung

    Die Münchner aber verspielten einen Neun-Punkte-Vorsprung auf Dortmund und gehen nun als Verfolger in das Spitzenspiel in einer Woche. Während sich das Team in den Highlight-Partien gegen Paris konzentriert zeigte, fehlte es in der Liga an der notwendigen Spannung. Die Meisterschaft ist für die Bayern eine Selbstverständlichkeit – allerdings keine lässliche. Nagelsmann schaffte es zuletzt nicht mehr, seinen Bossen zu vermitteln, dass Selbstverständliches selbstverständlich bleibt.

    Nach zehn Meisterschaften in Folge ist ein Spannungsverlust in der Mannschaft normal. Der FC Bayern aber ist kein normaler Verein. Er ist ein irrsinniges Konstrukt. Eines, das sich von Erfolgen ernährt. Die Entlassung eines Trainers in der derzeitigen Konstellation wirkt wie eine wahnsinnige Überreaktion. Sie ist aber eben auch ganz normal beim FC Bayern. 

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