Der FC Bayern geht nach zwei kuriosen Elfmeter-Entscheidungen als Tabellenzweiter in den Bundesliga-Hit gegen Borussia Dortmund am 1. April. Die Münchner verloren am Sonntag nach Halbzeit-Führung verdient mit 1:2 (1:0) bei Bayer Leverkusen und haben nun einen Punkt Rückstand auf den BVB, der am Tag zuvor mit 6:1 gegen den 1. FC Köln gewonnen hatte.
Joshua Kimmich, der die Nationalmannschaft in Abwesenheit von Manuel Neuer in der kommenden Woche als Kapitän anführen wird, hatte die Münchner in Führung gebracht (22.). Doch der Argentinier Exequiel Palacios, einziger aktueller Weltmeister in der Bundesliga, drehte das Spiel mit zwei Foulelfmetern (56./73.). Kurios: Schiedsrichter Tobias Stieler hatte nach beiden Aktionen von Benjamin Pavard und Dayot Upamecano dem gefoulten Amine Adli wegen vermeintlicher Schwalben zunächst Gelb gegeben. Beide Male nahm er die Karte nach Videostudium zurück, beide Male entschuldigte er sich bei Adli - und beide Male zeigte er mit Verspätung auf den Punkt.
Der Sieg von Leverkusen gegen den FC Bayern war verdient
Bayer, das in der Europa League als einziger Bundesligist neben den Münchnern im Viertelfinale eines Europacup-Wettbewerbs steht, baute durch den verdienten Sieg seine Serie auf sieben Pflichtspiele ohne Niederlage aus und ist nun dicht dran an den Europacup-Plätzen. Trainer Xabi Alonso, der das Team hervorragend eingestellt hatte, setzte damit ein Zeichen an die Bayern-Bosse. Der ehemalige Mittelfeld-Stratege, der von 2014 bis 2017 für den FC Bayern spielte, wird in München als möglicher Trainer der Zukunft beobachtet.
Kurioserweise waren es die Bayern, die keine Englische Woche in den Knochen hatten. Nagelsmann wechselte trotzdem zweimal: Thomas Müller und Leon Goretzka ersetzten zu Beginn Serge Gnabry und Jamal Musiala. Alonso setzte auf seinen beim Spiel in Freiburg aus der Not geborenen Schachzug und beorderte Robert Andrich quasi als Libero in die Mitte einer Dreierkette.
Insgesamt war die Leverkusener Aufstellung aber nicht auf Defensive ausgerichtet und so spielte das Team auch nicht. Die erste Chance hatten die Gastgeber, als Kerem Demirbay einen Eckball frech direkt aufs Tor zog, Yann Sommer den Ball aber mit den Fingerspitzen über die Latte lenkte (10.). Sieben Minuten später versuchte es der Ex-Nationalspieler gleich wieder, diesmal hatte Sommer etwas weniger Mühe.
Zur Halbzeit wechselt FC-Bayern-Trainer Nagelesmann drei Mal
Doch Bayer war nun am Drücker und noch bevor die Münchner ihre erste Chance hatten, gab es weitere Chancen durch Moussa Diaby (15.), Jeremie Frimpong (16.) und Palacios (17.). Überraschender als die jeweils 4:0 Ecken und Torschüsse nach 20 Minuten waren die über 60 Prozent Ballbesitz der Gastgeber. Und dann, wie aus dem Nichts, schlug der Serienmeister eiskalt zu: Leon Goretzka legte ab für Kimmich, dessen Schuss Odilon Kossounou unhaltbar unter die Latte abfälschte. Es war bereits Kimmichs vierter Saisontreffer. Mehr hatte er lediglich in der Saison 2016/17 mit sechs.
Der ständige Gesang der Fans, "ein Schuss, ein Tor - die Bayern", war somit absolut passend. Von nun an standen die Bayern kompakter, bekamen mehr Spielkontrolle und nahmen den Leverkusenern den Wind aus den Segeln. Allerdings ohne selbst bis zur Pause eine weitere Gelegenheit zu erarbeiten.
Dass Nagelsmann trotzdem nicht wirklich zufrieden war, signalisierte ein Dreifach-Wechsel zur Pause: Neben Musiala und Gnabry kam auch Kinsgley Coman. Thomas Müller, Sadio Mané und Joao Cancelo blieben in der Kabine. Doch das Tor fiel auf der anderen Seite. Nun verstärkten die Bayern ihre Offensiv-Bemühungen, doch Musiala verzog nach tollem Solo und Doppelpass mit Gnabry knapp (69.). Und dann folgte der nächste Elfmeter. Nach dem Rückstand drückten die Gäste auf den Ausgleich, doch Bayer-Keeper Hradecky lief zur Höchstform auf.
Sportchef Hasan Salihamidzic hat nach der Niederlage die Mentalitätsfrage gestellt. "Das war das nicht das, was Bayern München bedeutet", sagte Salihamidzic: "Wir haben alles vermissen lassen. Haben uns von einer Mannschaft, die am Donnerstag noch gespielt hat, überrennen lassen." Auf die Frage, ob er Wut verspüre oder welches Gefühl vorherrsche, antwortete er: "Ich weiß nicht, wie diese Gefühle heißen."
Den Grund für die Niederlage ausgerechnet vor dem Gipfeltreffen gegen den neuen Spitzenreiter Borussia Dortmund am 1. April sah Salihamidzic zweifelsohne in der Einstellung. "So wenig Antrieb, so wenig Mentalität, so wenig Zweikampfführung, so wenig Durchsetzungsvermögen habe ich selten erlebt", sagte er: "Diese Mannschaft ist so gut, wenn sie von Anfang an eine Mentalität hat und 100 Prozent geht. Und genauso ist sie nicht so gut, wenn sie spielt wie heute. Wenn sie träge ist und denkt, dass sie mit der spielerischen Qualität alles erledigen kann. Das kann sie einfach nicht."
Auch Trainer Nagelsmann sprach von einer "verdienten Niederlage". „Bis auf die letzten zehn Minuten waren wir die schlechtere Mannschaft." In den letzten Wochen habe die Mannschafteigentlich gute Schritte nach vorne gemacht, was die Power, Qualität und die Emotionalität betreffe. "Aber heute haben wir vorne zu wenig Zweikämpfe gewonnen. Insgesamt waren wir heute einfach nicht gut genug.“ (Holger Schmidt und Moritz Rommel, dpa)