Als Thomas Tuchel am Freitagmittag die Fragen der Journalisten beantwortet, erweckt er den Eindruck, als könne man es ihm nicht wirklich recht machen. Vor dem Auswärtsspiel beim 1. FC Köln hatte sich der Trainer des FC Bayern München darüber beschwert, dass seine Spieler, kaum von der Länderspielpause zurück, an einem Freitagabend auswärts antreten mussten. Vor dem Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt nun erklärt Tuchel, warum die Ausgangslage selbst mit ausgeruhten Spielern keine leichte ist. Seine Befürchtung: Mentale Müdigkeit hat körperliche Müdigkeit abgelöst. „Es war sehr ungewöhnlich, so lange Zeit zu haben“, betonte Tuchel.
FC Bayern München hat auf einmal zehn Tage Pause
Eigentlich ist ein Bayern-Trainer in dieser Saisonphase weit davon entfernt, gegen einen Spannungsabfall ankämpfen zu müssen. Permanent englische Wochen, Regeneration und Reisen statt Reize. Weil Schneemassen das jüngste Ligaspiel gegen Union Berlin verhindert und die Bayern sich ein Aus im DFB-Pokal geleistet hatten, bekamen die Münchner nun zehn Tage Pause verordnet. Eine gewisse Trägheit hätte sich einstellen können, merkte Tuchel an. Gegen diesen kleinen Winterschlaf arbeitete der Bayern-Coach mit einer intensiven Trainingswoche an. „Wir wollten, dass niemand einschläft“, erklärt er. Wettkampf und das Gewinnen prägten die Inhalte auf dem freigeräumten Grün, die Ansprache sei „klar“ und „direkt“ gewesen, so Tuchel weiter.
Prinzipiell würde ein Blick auf die Spieltags- und Tabellenkonstellation genügen, um beim FC Bayern die Gier aufrechtzuerhalten. Alles andere als Platz eins stimmt in diesem erfolgsbesessenen Klub niemanden zufrieden. Möglichst noch vor Weihnachten möchte sich der amtierende Meister auf seinen Stammplatz an der Tabellenspitze begeben. Vier der ersten fünf Mannschaften in der Bundesliga treffen am Wochenende aufeinander, vor allem das Spitzenspiel zwischen dem VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen (Sonntag, 15.30 Uhr) erzeugt das Interesse Tuchels. Schließlich könnten die Bayern danach ganz oben bleiben, sollten sie tags zuvor in Frankfurt ihre Pflicht erfüllt haben (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). „Das schauen wir uns auf jeden Fall an. Ich bin gespannt“, sagte Tuchel.
Unter der Woche hatte der 50-Jährige sich bereits einen Eindruck von den starken Stuttgartern verschafft, als diese Borussia Dortmund überlegen aus dem Pokal geworfen hatten. Mit der Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß wird sich Tuchel demnächst noch intensiver beschäftigen. Nach dem Spiel gegen Frankfurt erwarten die Münchner den VfB am vorletzten Spieltag dieses Jahres in eigener Arena. Leverkusen und Stuttgart imponieren Tuchel dieser Tage. „Sehr sauber, sehr stabil, auf sehr hohem Niveau“, so beschreibt er die direkten Konkurrenten im Ringen um den Titel.
Frankfurt verzeichnete zuletzt eine Reihe von Niederlagen
Attribute, die auf Eintracht Frankfurt eher weniger zutreffen. Auf die Niederlage in Augsburg ließ die Mannschaft von Trainer Dino Toppmöller das Aus im DFB-Pokal folgen. Viermal in Folge haben die Frankfurter nun wettbewerbsübergreifend verloren. Die Frankfurter machten jüngst Erfahrungen, die den Bayern zuvor widerfuhren. Drittligist 1. FC Saarbrücken warf erneut einen Favoriten aus dem Pokal. Tuchel macht, was ein Trainer in solchen Situationen gerne macht: redet den Gegner stark, damit seine Spieler sich nicht in Sicherheit wiegen. Stichwort Spannungsabfall. Die Leistung der Frankfurter stehe in keinem Verhältnis zu den Resultaten, gab Tuchel daher zu bedenken. Das hätten die Analysen ergeben. „Was wir sehen, passt nicht zu den letzten Ergebnissen.“
Toppmöller trifft erstmals als Cheftrainer auf die Münchner, bei denen er zuvor unter Julian Nagelsmann als Co-Trainer agierte. Die Spieler sind bei den Bayern weitestgehend die gleichen. Den Münchnern mag nach dem Spielausfall der Rhythmus fehlen, für den körperlichen Zustand der Stars war die längere Unterbrechung indes zuträglich. Matthijs de Ligt und Bouna Sarr fallen aus, zurück im Kader ist hingegen Jamal Musiala. Der Offensivspieler war länger verletzt ausgefallen, ist nun aber genesen. Noch nicht entschieden sei, ob der Nationalspieler von Beginn an oder als Einwechselspieler mitwirken soll. Tuchel stellte aber klar, dass die komplette Spielzeit für Musiala nicht infrage käme.
Auf jeden Fall in der Startelf stehen wird Harry Kane, der im sechsten Spiel hintereinander treffen und damit einen weiteren Bestwert in seiner Karriere aufstellen könnte. Der 30-jährige Engländer giert nach Toren, einen Winterschlaf hält er bestimmt nicht ab.