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FC Bayern: Helmer kritisiert Bayern-Trainer Tuchel: "Stellt Ratlosigkeit zur Schau"

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Helmer kritisiert Bayern-Trainer Tuchel: "Stellt Ratlosigkeit zur Schau"

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    Thomas Helmer kritisiert Bayerns Führungsspieler und Trainer Thomas Tuchel.
    Thomas Helmer kritisiert Bayerns Führungsspieler und Trainer Thomas Tuchel. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Herr Helmer, welche Erinnerungen haben Sie denn an titellose Spielzeiten mit dem FC Bayern?

    Thomas Helmer: Gemütlich war es danach nicht. Aber wir hatten einen Vorteil zu meiner aktiven Zeit: Wir waren nicht so verwöhnt. Die jetzige Bayern-Mannschaft hat zehn Jahre hintereinander den Titel gewonnen. Das macht es schwerer, die jetzige Situation hinzunehmen.

    Welche Rolle spielt bei der Bewertung der Saison denn dieser Erwartungsdruck, nach zehn Meisterschaften in Folge?

    Helmer: Klar, eine große. Aber der Druck war immer groß, auch zu meiner Zeit. Im Prinzip hat auch da jedes Unentschieden und erst recht jede Niederlage eine tägliche Auseinandersetzung aller Beteiligten mit dem eigenen Versagen zur Folge gehabt. In dieser Saison kommen neben den sportlichen Pleiten noch all die ungeschickten Entscheidungen dazu. In erster Linie denke ich da an die Trainerentlassung und die Art und Weise, wie sie über die Bühne gegangen ist.

    Getroffen haben diese Entscheidungen zwei Ihrer ehemaligen Mitspieler, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic. Glauben Sie, dass die beiden ihre Posten bei den Bayern behalten werden?

    Helmer: Ich hoffe es und ich denke auch, dass es so sein wird. Es ist für die beiden nicht einfach, in die Fußstapfen ihrer Vorgänger zu treten. Und auch unter Hoeneß und Rummenigge gab es nicht immer nur glorreiche Zeiten. Ich finde es bei aller berechtigten Kritik wichtig, dass die beiden nun Zeit bekommen. Das Ganze ist für Bayern jetzt auch eine Chance, weitreichendere Änderungen herbeizuführen. Die richtigen Schlüsse zieht man oft erst dann, wenn man mal weniger erfolgreich war.

    Wie können Sie es sich erklären, dass die Bayern derart eingebrochen sind, vor allem nach dem furiosen Start?

    Helmer: Ich glaube, da suchen wir alle nach einer Erklärung. Wenn man sich an manche Spiele aus der Hinrunde erinnert – an die furiosen Siege gegen Frankfurt oder Leipzig – dann dachte man, man kann die Saison schon abpfeifen. Und wenn ich jetzt sehe, was für eklatante Fehler die Bayern gegen Leipzig gemacht haben, kann man kaum glauben, dass es sich hier um die gleiche Mannschaft handelt.

    Welche Rolle spielen in so einer schwierigen Phase Führungsspieler?

    Helmer: Eine große! Jeder Mannschaftssport ist auf solche Persönlichkeiten angewiesen. Es muss bei aller Teamarbeit auch ein paar Leute mit Erfahrung geben, die das Kommando haben. Bei den Bayern haben Leon Goretzka und Joshua Kimmich diesen Anspruch. Aber sie tauchen im Moment komplett ab, das muss man so deutlich sagen. Beide wirken, als ob sie zu viel mit sich selbst zu tun haben. Ich habe mir den BVB gegen Augsburg im Stadion angesehen und war beeindruckt von einigen Dortmundern: Emre Can war sehr präsent, der von vielen schon abgeschriebene Mats Hummels war wichtig, auch der oft unterschätzte und gerade sehr stabil spielende Julian Brandt. Und dann haben sie mit Haller eben einen Mittelstürmer …

    … den die Bayern nach dem Abgang von Lewandowski verzweifelt suchen. Wen würden Sie denn holen, wenn Sie Kaderplaner der Bayern wären?

    Helmer: Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Klar gibt es die Namen wie Harry Kane und Co. Aber die sind so wahnsinnig teuer – und die Frage ist, ob Bayern in diesem Wahnsinnsspiel mitmischen will.

    Trainer Thomas Tuchel wirkte stellenweise erschreckend ratlos.

    Helmer: Ich fand es zuerst fast schon beruhigend menschlich, dass die Mannschaft auch unter ihm nicht sofort besser gespielt hat. Aber dass er sich jetzt so präsentiert und seine Ratlosigkeit derart zur Schau stellt, wie das nach den Niederlagen gegen Mainz und nun gegen Leipzig der Fall war – das empfinde ich dann wieder als sehr unglücklich. Es ist nicht gut, wenn ein Trainer sagt, dass er nicht mehr weiterweiß und keine Erklärungen mehr hat. Dass er sich das denkt, ist eine andere Sache. Er ist schließlich ebenso ein Teil der Mannschaft. Eigentlich sollte er sich vor sein Team stellen.

    Welchen Stellenwert hätte denn der Titel für Dortmund nach diesen zehn Meisterschaften in Folge für die Bayern?

    Helmer: Ein Meistertitel bedeutet für Dortmund viel – und noch mehr nach all den Jahren, in denen die Bayern immer vorne waren und der BVB belächelt wurde. Jetzt haben die Bayern mal einen komfortablen Vorsprung verspielt. Und Dortmund hat nach einer Hinrunde, in der sie mich enttäuscht haben, einen sensationellen Lauf hingelegt. Wenn sie es jetzt schaffen, ist es auch mehr als verdient – egal, welche Fehler die Bayern gemacht haben.

    Zur Person: Thomas Helmer, 56 Jahre, absolvierte 390 Bundesligaspiele für Bielefeld, Dortmund und den FC Bayern. Neben drei deutschen Meistertiteln gewann er 1996 die Europameisterschaft mit der Nationalmannschaft. Heute arbeitet er für den Sender Sport1 und moderiert dort unter anderem den "Fantalk".

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