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FC Bayern München: Wie Thomas Tuchel den FC Bayern auf Kurs bringen will

FC Bayern München

Wie Thomas Tuchel den FC Bayern auf Kurs bringen will

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    Ab sofort der neue Trainer des FC Bayern München: Thomas Tuchel tritt seinen Dienst an.
    Ab sofort der neue Trainer des FC Bayern München: Thomas Tuchel tritt seinen Dienst an. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Um 12.32 Uhr, über eine halbe Stunde nach Beginn der Pressekonferenz, war es so weit: Stefan Mennerich, der Chef der Presseabteilung des FC Bayern München, eröffnete den zweiten Teil der Veranstaltung, zu der der Rekordmeister an diesem Samstag gerufen hatte. "Wir holen jetzt den Thomas Tuchel rein", schloss Mennerich eine recht deftige halbe Stunde. Diese sollte erklären, warum es die Bayern-Bosse für nötig gehalten hatten, den

    In weiten Teilen der Öffentlichkeit hatte das Aus für Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann für Verwunderung gesorgt, schließlich hat der FC Bayern noch die Chance, alle drei Titel zu gewinnen. Und, nicht ganz unwesentlich: Noch am Montag wurde Bayern-Präsident Herbert Hainer im Kicker damit zitiert, dass im Verein mal überhaupt keine Trainer-Diskussion geführt wird. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic aber bereits knietief in der Fehleranalyse – und die fiel für Nagelsmann nicht schmeichelhaft aus.

    Diese Trainer hatte der FC Bayern seit 1965

    01.07.1965 bis 30.06.1968: Tschik Cajkovski

    01.07.1968 bis 13.03.1970: Branko Zebec 

    14.03.1970 bis 02.01.1975: Udo Lattek

    16.01.1975 bis 30.11.1977: Dettmar Cramer

    02.12.1977 bis 28.02.1979: Gyula Lorant

    01.03.1979 bis 16.05.1983: Pal Csernai

    17.05.1983 bis 30.06.1983: Reinhard Saftig

    01.07.1983 bis 30.06.1987: Udo Lattek

    01.07.1987 bis 08.10.1991: Jupp Heynckes

    09.10.1991 bis 10.03.1992: Sören Lerby

    11.03.1992 bis 27.12.1993: Erich Ribbeck

    28.12.1993 bis 30.06.1994: Franz Beckenbauer 

    01.07.1994 bis 30.06.1995: Giovanni Trapattoni 

    01.07.1995 bis 27.04.1996: Otto Rehhagel

    29.04.1996 bis 30.06.1996: Franz Beckenbauer

    01.07.1996 bis 30.06.1998: Giovanni Trapattoni

    01.07.1998 bis 30.06.2004: Ottmar Hitzfeld

    01.07.2004 bis 31.01.2007: Felix Magath

    01.02.2007 bis 30.06.2008: Ottmar Hitzfeld

    01.07.2008 bis 27.04.2009: Jürgen Klinsmann

    28.04.2009 bis 30.06.2009: Jupp Heynckes

    01.07.2009 bis 10.04.2011: Louis van Gaal

    11.04.2011 bis 30.06.2011: Andries Jonker

    01.07.2011 bis 30.06.2013: Jupp Heynckes

    01.07.2013 bis 30.06.2016: Pep Guardiola

    01.07.2016 bis 28.09.2017: Carlo Ancelotti

    28.09.2017 bis 08.10.2017: Willy Sagnol

    09.10.2017 bis 30.06.2018: Jupp Heynckes

    01.07.2018 bis 03.11.2019: Niko Kovac

    03.11.2019 bis 30.06.2021: Hansi Flick

    01.07.2021 bis 24.03.2023: Julian Nagelsmann

    seit 25.03.2023: Thomas Tuchel

    Salihamidzic teilte gegen Nagelsmann aus: "Konstellation hat nicht mehr gepasst"

    Der 35-Jährige habe die Mannschaft nicht mehr hinter sich gehabt, was wiederum die massiven Formschwankungen des Teams erkläre, so Salihamidzic deutlich: "Wenn eine Mannschaft und ein Trainer zusammen zwei ergeben müssen und bei uns ist es minus 0,5, dann kommt man zum Ergebnis, dass man handeln muss. Die Konstellation hat nicht mehr gepasst." Selbst gegen Gegner wie Bochum habe man sich mühen müssen. Die Entscheidung, so Kahn, habe also nichts mit Panik zu tun, sondern sei angesichts der extrem schwankenden Formkurve "wohlüberlegt" gewesen. Schlusswort Salihamidzic: "Es war keine Phase mehr, zwischen Mannschaft und Trainer hat es nicht mehr gepasst."

    Der These, dass Nagelsmann es sich mit den kickenden Angestellten verscherzt, im Fachterminus also die Kabine verloren habe, widersprach am Samstagabend jedoch Leon Goretzka. Der Nationalspieler, der zuvor in sozialen Medien einen emotionalen Post veröffentlicht hatte, sagte im ZDF nach dem 2:0 gegen Peru, dass er "eine sehr enge Beziehung" zu Nagelsmann hatte. Dessen Aus sei "ein Schock" gewesen. Auf Nachfrage hin, wie er die Aussagen von Salihamidzic werte, antwortete Goretzka, dass er selbstredend keinem Vorgesetzten widersprechen wolle, tat es dann aber doch: "Ich persönlich hatte keine Risse mit Julian." Joshua Kimmich fügte im ZDF hinzu: "So ist das Geschäft: wenig Herz, wenig Liebe."

    So oder so: nun also Tuchel. Der aus Krumbach stammende und damit erste bayerisch-schwäbische Bundesligatrainer des FC Bayern zeigte sich geschmeichelt von dem Interesse des Vereins an ihm: "Es ist eine Ehre und Auszeichnung, vom FC Bayern angefragt zu werden." Zudem sei es schön, zum ersten Mal seit langer Zeit wieder nahe an der Heimat zu arbeiten, wo seine Eltern und seine Kinder leben. Er selbst sei davon ausgegangen, seine Karriere im Ausland fortzuführen. Allzu rührig gab sich der 49-Jährige aber nicht, sondern lieferte das, was die Bayern jetzt von ihm erwarten: das Bild eines Mannes, der weiß, auf was er sich eingelassen hat. "Die DNA des Klubs ist eine Verpflichtung, sie ist klar definiert. Der Kader ist einer der talentiertesten in Europa." Die Zielsetzung sei klar: Drei Titel gibt es zu holen, drei Titel sollen es werden. Wie das gehen soll? Zumindest nicht über große systematische Änderungen zu einem relativ späten Zeitpunkt der Saison, so Tuchel: "Weniger ist mehr. Ich habe aber eine Idee, was man machen kann."

    Thomas Tuchel wirkt wie der natürliche Bayern-Trainer

    Tuchel wirkt in diesen Momenten wie der natürliche Mann für den Bayern-Job. Einer, der als Top-Trainer kommt und mit Spitzen-Teams wie dem BVB, Paris St. Germain und dem FC Chelsea erfolgreich war. Einer, der über die Schmeicheleien der Bayern-Bosse erhaben ist. Das ist ein Gegenentwurf zu Nagelsmann, der vor knapp zwei Jahren als 33 Jahre altes Wunderkind kam, aber lediglich Erfahrungen bei RB Leipzig und der TSG Hoffenheim gesammelt hatte. Tuchel, so Kahn, habe bei allen Klubs vom ersten Tag an erfolgreich gearbeitet. "Das ist eine beeindruckende Vita, da steckt eine enorme persönliche Entwicklung dahinter." Eine Entwicklung, die Julian Nagelsmann noch auf dem Weg zum idealen Bayern-Trainer gefehlt hat? Jedenfalls eine, in der der FC Bayern schon früher beinahe eine Rolle gespielt hätte, wie Tuchel offen zugab. Dass Uli Hoeneß ihn 2018 zu lange zappeln ließ und er daraufhin in Paris unterschrieb – kein Problem.

    Der Neue ist da – über den alten Trainer des FC Bayern wird aber noch gesprochen: Vorstandschef Oliver Kahn (von links nach rechts), der neue Cheftrainer Thomas Tuchel und Sportvorstand Hasan Salihamidzic.
    Der Neue ist da – über den alten Trainer des FC Bayern wird aber noch gesprochen: Vorstandschef Oliver Kahn (von links nach rechts), der neue Cheftrainer Thomas Tuchel und Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Zur Wahrheit gehört es natürlich auch, dass auch Tuchel als nicht einfach gilt. Erfolg war zwar überall da, ebenso aber auch die persönlichen Probleme mit Verantwortlichen und Spielern. Allerdings scheiterte er in Paris an den aberwitzigen Ansprüchen der Klubeigner, während ihm bei Chelsea ein Eigentümerwechsel den Job kostete. Dass es am kommenden Wochenende als Erstes ausgerechnet gegen den BVB und damit einen weiteren Ex-Klub geht – wie passend. Auch in Dortmund schied Tuchel einst trotz eines Pokalsiegs im Unfrieden. Die Konstellation sei ihm nicht so wichtig, als Motivation gehe das aber schon durch: "Die Herausforderung kann nicht höher sein. Es ist das Spiel im deutschen Fußball."

    Thomas Tuchel brachte Julian Nagelsmann beim FCA zum Trainer-Job

    Es gehört zu den Treppenwitzen der Fußball-Historie, dass Tuchel jenen Kollegen beerbt, den er einst als Coach der zweiten Mannschaft des FC Augsburg zum Trainer-Job brachte. Nagelsmann, der Tuchels Spieler in der U23 des FCA war, hatte seine Karriere früh beenden müssen. Sein Chef schätzte das analytische Gespür des damals 21-Jährigen und ermutigte ihn, die Gegner der Augsburger zu scouten. Es war der erste Schritt einer Trainerkarriere, in der es permanent nur nach oben ging und die nun ihren ersten herben Dämpfer erlitt. Dass es nun ausgerechnet Tuchel ist, der auf seinen ehemaligen Schüler folgt – Teil des Geschäfts, so der neue Bayern-Coach: "Ich kann es nachvollziehen, dass es sich für Julian momentan sehr bescheiden anfühlt. Aber das liegt nicht in meiner Verantwortung. Deswegen erlaube ich mir voller Vorfreude, diesen Job anzunehmen."

    Die Zeit beim FC Bayern währte nur kurz: Im Sommer trennt sich der Verein von seinem Trainer - nach nur rund einem Jahr. Tuchels Vertrag wäre eigentlich bis Juni 2025 gelaufen.
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    Im Sommer ist Schluss für Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Wie es dann weitergeht für den Mann aus Krumbach? Ungewiss. Wie sein Weg bisher aussah.

    Tuchels Vertrag läuft bis 2025 – also "nur" zweieinhalb Jahre. Für ihn kein Problem: "Ich fühle mich perfekt wohl mit dieser Laufzeit." Ohnehin gelte: "Wenn es gut ist, werden wir versuchen, das zu verlängern." Und mit Blick auf die ihn flankierenden Kahn und Salihamidzic: "Und wenn sich irgendjemand auf dem Podium unwohl fühlt, dann wird es auch nicht länger gehen, egal, was auf dem Arbeitspapier steht." Wohl wahr: Julian Nagelsmanns Arbeitspapier beim FC Bayern ist übrigens bis 2026 datiert.

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