Dass die Mannschaft der Star ist, trifft ja nur auf Teams zu, die keinen vernünftigen Könner in ihren Reihen haben. Ist also praktisch eine Beschönigung für vorherrschendes Mittelmaß. Beim FC Bayern ist dementsprechend nie die Mannschaft der Star. Zwischen diesen ganzen Hochbegabten ist kein Platz für Durchschnitt. Das trifft bei den Münchnern sogar auf den Co-Trainer zu.
Andernorts nimmt diesen Posten wahlweise ein spröder Taktikeinflüsterer oder eine der treuen Seelen des Vereins ein. In München assistiert Carlo Ancelotti seit Samstag Willy Sagnol. Der Franzose leitete zuvor bereits die U20 und U21 Frankreichs an und coachte später Girondins Bordeaux. Als Chef. Vor seiner Zeit jenseits der Außenlinie lief er regelmäßig die rechte Außenbahn entlang. Das tat er derart gekonnt, dass er zu den besten Außenverteidigern der Welt zählte und beim FC Bayern unter anderem die Champions League gewann. Nach dem Triumph schlug er im Akkord Halbfeld-Flanken auf den Schädel Michael Ballacks, was zum bleibenden Motiv der gleichwohl trägen wie national erfolgreichen kommenden Jahre werden sollte.
Der 40-Jährige ist dem FC Bayern verbunden. So sehr sogar, dass er vor dem ersten Training erzählte, er sei „wieder zu Hause“. Allzu viel hat sich bei den Münchnern auch nicht verändert, seit Sagnol 2009 seine Karriere beendet hat. Der Verein wird immer noch von Uli Hoeneß geführt, das Beste ist gerade gut genug. „Der FC Bayern ist viel größer geworden. Aber die Kultur ist geblieben“, fasst der Franzose es zusammen. Zu jener Kultur des Vereins gehört es, dem leitenden Trainer einen Assistenten zur Seite zu stellen, der sowohl dem Coach wie auch dem Verein gegenüber loyal ist. Der ein Ohr an der Mannschaft hat, ohne sein Wissen mit allen zu teilen. In den vergangenen Jahren füllte Hermann Gerland diesen Job aus. Der brummige Ruhrpott-Realist übernimmt nun aber die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums.
Der Verein legte daher Wert darauf, Ancelotti und seinem Sohn und Helfer Davide ein bayerisch geprägtes Gegengewicht an die Seite zu stellen. Der italienische Chef erläuterte freimütig, dass er zum Ende der vergangenen Saison sowohl Xabi Alonso als auch Philipp Lahm gefragt hatte, ob sie ihm denn assistieren wollen. Wollten sie nicht. „Danach haben wir uns umgeschaut. Willy passt perfekt, er hat das richtige Profil“, so Ancelotti.
FC Bayern: Willy Sagnol betreut Trainingsstart
Inwieweit sich Sagnol einbringen kann, war beim ersten Training selbstverständlich noch nicht zu sehen. Meist stand er etwas abseits der Übungen und sah ungerührt zu. Die meisten der Akteure dürfte er noch nie gesehen haben. Von den 15 Spielern auf dem Platz, besaßen lediglich Thomas Müller, Mats Hummels, Franck Ribéry, Javi Martinez, Juan Bernat und Kingsley Coman Chancen auf regelmäßige Einsätze. Aufgefüllt wurde die Gruppe mit einigen Nachwuchskräften.
Der Rest des Stammkaders weilte noch bei der U21-EM (Serge Gnabry, Renato Sanches), dem Confed Cup (Joshua Kimmich, Niklas Süle, Sebastian Rudy) oder schlicht im Urlaub. Wer nämlich nach dem letzten Spieltag der Saison 2016/17 noch ein Länderspiel zu absolvieren hatte, muss erst am 10. Juli an der Säbener Straße erscheinen. Darunter zählt neben Robert Lewandowski, Arjen Robben und Co. auch der mit 41,5 Millionen teuerste Neuzugang der Vereinsgeschichte, Corentin Tolisso.
Bis der französische Nationalspieler dazustößt, ist Sagnol der wichtigste Neuzugang der Münchner. Rund 1000 Fans beobachteten ihn beim ersten Training am Samstag. Am Donnerstag steht er dann erstmals bei einem Spiel der Münchner an der Seitenlinie. Dann tritt der FC Bayern in Wolfratshausen zum ersten Vorbereitungsspiel der Saison an. Später folgt unter anderem eine Promotour nach China, ehe Ende Juli auch die letzten Stars das Training wieder aufnehmen.
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