Dass nach dem Aus des FC Bayern in der Champions League Kritik kommen würde, war klar. Noch am Abend der Niederlage sagte Trainer Julian Nagelsmann, dass er "keine Angst" habe vor dem, was nun kommt. Ob der 34-Jährige allerdings mit dieser Reaktion gerechnet hätte, ist fraglich: Wie er auf der Pressekonferenz vor dem Spiel in Bielefeld (Sonntag, 15.30 Uhr, DAZN) berichtete, haben ihn über die sozialen Medien hunderte Morddrohungen erreicht. Vor allem über Nagelsmanns Instagram-Account, wo dem Coach 366.000 User folgen, gingen etwa 450 derartige Hassnachrichten ein. Auch der Sohn und die Ehefrau von Sportvorstand Hasan Salihamidzic hatten nach dem Aus gegen Villarreal Morddrohungen über Instagram veröffentlicht.
Nagelsmann sagte zu den Hassbotschaften: "Die kriege ich nach jedem Spiel eigentlich, egal, ob wir gewinnen oder verlieren. Aber jetzt geht es auch noch gegen meine eigene Mutter, die mit dem Fußball und dem Ausscheiden nichts zu tun hat." Rechtliche Schritte gegen die Schreiber dieser Drohungen plant Nagelsmann nicht: "Klar kann man das anzeigen. Aber dann kommst du nicht mehr hinterher. Wenn wir Dreierkette spielen, kriege ich mehr Morddrohungen, als wenn wir Viererkette spielen." Schutzmaßnahmen vonseiten des FC Bayern für Nagelsmann oder Salihamidzic gebe es bislang keine, so der Trainer: "Bislang ist noch keiner vor meiner Haustür gestanden."
Mit Oliver Kahn tauschte sich Nagelsmann über Neuzugänge aus
Angesichts dieser erschreckenden Nachrichten ging fast unter, wie offen Nagelsmann über dringend benötigte neue Spieler sprach. Mit dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn etwa habe er am Donnerstag auf der Terrasse von Mutter Nagelsmann ein längeres Telefongespräch über mögliche Neuzugänge geführt. Darin habe der Coach seine Ideen geäußert. Fest steht: Die bisherige Idee, einen Kern von rund 14 Stammspielern zu haben, scheint angesichts des kaum vorhandenen Drucks von der Bank erledigt zu sein. Was den Kader angeht, "haben wir sicherlich ein paar Baustellen", so Nagelsmann. Die Mannschaft spiele in dieser Konstellation schon einige Zeit zusammen, was im Zusammenspiel seine Vorteile habe. "Trotzdem ist es irgendwann auch an der Zeit, etwas Neues zu machen, wenn man so lange erfolgreich war."
Wünsche für etwaige Neuverpflichtungen gebe es bereits – genauso allerdings wie enge finanzielle Grenzen durch Einnahmeverluste infolge der Pandemie und eines zweimaligen Ausscheidens im Viertelfinale der Champions League. "Wir sind von der Pandemie finanziell gehemmt und können deshalb nicht die ganz großen Schritte gehen", so der Bayern-Trainer.
Dazu kommen die "bekannten Vertragssituationen, die nicht ganz so leicht sind", so Nagelsmann. Im Detail dürfte der Coach die angestrebten Verlängerungen mit Neuer, Müller, Gnabry und Lewandowski gemeint haben. Wenn es etwas Positives aus dem Aus in Königsklasse und Pokal gebe, dann die Möglichkeit, die Personalplanungen nun voranzutreiben. "Der Fokus liegt darauf, viel zu planen. Wir haben in den vergangenen Wochen bereits viel Zeit damit verbracht, Gespräche zu führen. Jetzt haben wir noch mehr Zeit, die Zukunft zu planen." Kurzfristig personell umplanen muss Nagelsmann vor dem Spiel bei der Arminia auf zwei Positionen: Kingsley Coman und Lucas Hernandez fallen wohl beide mit muskulären Problemen aus.