Am Ende der Pressekonferenz wurde Thomas Tuchel gefragt, ob diese Spielzeit die frustrierendste seiner gesamten Trainerkarriere sei. Tuchel antwortete, er habe gar nicht frustriert klingen wollen und muss wohl geahnt haben, dass ihm das nicht gelungen ist. Schließlich habe es, wie er kurz zuvor ausgeführt hatte, nur wenige Situationen gegeben, in denen ein echter Konkurrenzkampf um die Startelf- und Kaderplätze geherrscht habe.
Wegen der Verletzungsproblematik im ohnehin dünnen Bayern-Kader seien die Plätze meistens nach einem einzigen Kriterium verteilt worden: Anwesenheit. Das wird in weiten Teilen auch beim Auswärtsspiel beim 1. FC Heidenheim (Samstag, 15.30 Uhr, Sky) so sein. Nicht nur Stammkeeper Manuel Neuer fehlt weiterhin, sondern auch Aleksandar Pavlovic, Noussair Mazraoui (jeweils Infekt), Leroy Sané (Schambein) und Kingsley Coman (Muskulatur) müssen aussetzen und drohen jeweils auch für das Spiel in der Champions League gegen Arsenal London am Dienstag auszufallen. "Keiner wird geschont für Dienstag, sie sind aktuell nicht im Kader, weil es nicht geht." Dazu kommt Sacha Boey, der wegen eines Muskelbündelrisses schon länger fehlt.
Bayern-Trainer Thomas Tuchel: "Wir sind tierisch genervt"
Und zudem – das schien der unausgesprochene Teil der Frage zu sein – ist der FC Bayern für Tuchel eine ebenso neue wie frustrierende Erfahrung. Es ist der erste Klub in seiner Karriere, mit dem es sportlich einfach nicht zu klicken scheint. Immer wieder leisten sich die Bayern unerklärliche Aussetzer. Als Blaupause gilt der erschreckend blutleere Auftritt gegen den BVB in der Vorwoche, dem Spieler und sportliche Leitung mit blanker Ratlosigkeit gegenüberstanden. "Wir sind tierisch genervt vom Verlauf des letzten Wochenendes", hatte Tuchel zuvor auf die Frage geantwortet, ob es nun schwierig werde mit der Motivation im Ligabetrieb. "Wir sollten jetzt genug Wut im Bauch haben, um die Dinge wieder geradezurücken."
Wie das gehen soll? "Die Basis muss in unser Spiel zurück." Grundlegende Dinge hätten gegen Dortmund gefehlt. "Wir haben eine Rechnung mit uns selbst offen." Wie eine Mannschaft spielt, in der grundlegende Tugenden befolgt werden, werden die Bayern am Samstag aus nächster Nähe verfolgen können. Aufsteiger Heidenheim spielt eine starke Saison, ist kompakt und wird am Samstag "in einem Spiel zwischen David und Goliath", so Tuchel, von den eigenen Fans frenetisch unterstützt werden. Deswegen verbiete sich eigentlich auch der Blick aufs Spiel gegen Arsenal.
In der Champions League könnte der FC Bayern in dieser Saison noch etwas erreichen
Tuchel selbst war es aber, der den Blick auf die Partie am Dienstag beim Tabellenzweiten der englischen Premier League lenkte. Einzig die Champions League könnte noch dafür sorgen, dass die aktuelle Spielzeit nicht als reine Frust-Saison für die Bayern gelten wird. "Wir haben noch einen Wettbewerb, in dem wir etwas holen können, auch wenn es sehr schwer wird." Auch das Finale der Königsklasse findet in London statt, deswegen gebe es noch ein Ziel, so Tuchel: "Nach Wembley zu fahren." Vor London steht aber noch Heidenheim – und auch das werde schwer genug.
Technischer Direktor Marco Neppe und der FC Bayern trennen sich
Hinter den Kulissen gab der FC Bayern am Freitag einen Abschied bekannt: Der Technische Direktor Marco Neppe wird den Klub verlassen. Der 37-Jährige war im Sommer 2014 von Bayer Leverkusen als Scout gekommen, hatte nach drei Jahren die Abteilungsleitung übernommen. Im Dezember 2021 rückte er auf seine jetzige Position.
Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, lobte Neppe für dessen Auge für Talente: Talente wie Alphonso Davies oder Jamal Musiala gehen auf sein Konto. Zuletzt schien sich die Begeisterung für Neppes Arbeit aber deutlich abgekühlt zu sein. Schon länger war über seine Ablösung spekuliert worden. Bereits seit dem Amtsantritt von Christoph Freund als Sportdirektor im September 2023 hatte Neppe nur noch eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Gesicht des neuen FC Bayern soll Freund zusammen mit Sportvorstand Max Eberl prägen.