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Harry Kane: Ein Londoner Wahrzeichen auf dem Weg nach Bayern

FC Bayern

Harry Kane: Ein Londoner Wahrzeichen ist auf dem Weg nach Bayern

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    Harry Kane und Tottenham – das gehörte scheinbar untrennbar zusammen, wie das Bild an einer Häuserfassade vermuten lässt. Sehr wahrscheinlich wird der Stürmer seine Zelte bald beim FC Bayern aufschlagen.
    Harry Kane und Tottenham – das gehörte scheinbar untrennbar zusammen, wie das Bild an einer Häuserfassade vermuten lässt. Sehr wahrscheinlich wird der Stürmer seine Zelte bald beim FC Bayern aufschlagen. Foto: Mark Leech, Witters

    Die Vorstellung, dass Harry Edward Kane doch noch mal seine Tottenham Hotspurs verlassen könnte, schien eigentlich völlig absurd zu sein. An Angeboten hat es nie gemangelt, zwischenzeitlich ist jeder mit dem nötigen Kleingeld ausgestattete Klub in der englischen Premier League (und davon gibt es viele) auf den Angreifer aufmerksam geworden, ebenso wie der internationale Geldadel des Fußballs. Kane blieb aber stets dem Klub treu, der für ihn seit Kindesbeinen eine Herzensangelegenheit ist. Kane wurde im Arbeiterbezirk Walthamstow, etwa eine Viertelstunde von der White Heart Lane, dem Stadion der Spurs, geboren. Seine ganze Familie hält es mit den Spurs, und auch Kane selbst sagte im April 2017 über sich: "Ich wäre gerne ein One-Club-Man!"

    Michael Reschke, früher Technischer Direktor beim FC Bayern, sieht in dem Kane-Transferziel des Rekordmeisters ein klares Signal Richtung Champions League.
    Michael Reschke, früher Technischer Direktor beim FC Bayern, sieht in dem Kane-Transferziel des Rekordmeisters ein klares Signal Richtung Champions League. Foto: Dave Thompson/AP, dpa

    Für diesen einen Klub ist Kane ebenfalls weit mehr als nur ein besonderer Spieler. Alle seine 213 Tore in der Premier League schoss er für die Spurs. Als er im Januar dieses Jahres zum 1:0 gegen den FC Fulham traf, überholte er die Vereinslegende Jimmy Greaves als Rekordtorschützen des Vereins. Dazu gilt Kane als der nette Typ von nebenan. Er lebt skandalfrei, ist mit seiner Jugendliebe Katie Goodland verheiratet, das vierte Kind ist unterwegs. Kane ist in Tottenham Kapitän, lebende Legende, der Allesmacher im Angriff, ein Londoner Wahrzeichen – und dennoch wohl bald Geschichte. Dem Vernehmen nach soll er sich mit dem FC Bayern München über einen Wechsel einig sein, derzeit geht es offenbar noch um die Ablöse. Tottenham will über 100 Millionen Euro, der FC Bayern den Preis deutlich drücken. Das kann noch dauern, schließlich ist Tottenhams Präsident Dany Levy als hartnäckiger Verhandlungspartner bekannt.

    Das Kane-Paket würde den FC Bayern rund 200 Millionen Euro kosten

    Für den FC Bayern wäre der Transfer der größte Kraftakt in seiner Vereinsgeschichte. Sehr wahrscheinlich werden es weit mehr als die 80 Millionen Euro sein, die 2019 für den bisherigen Rekordspieler Lucas Hernandez fließen werden sind, auch beim Gehalt dürfte Kane mit einem geschätzten Jahressalär von 15 bis 20 Millionen zu den bestbezahlten Spielern des Kontinents gehören. Und dann wird wohl auch eine einmalige Prämie – die sogenannte "signing fee" – nur für die Unterschrift Kanes fällig. Bei einer Vertragslaufzeit von fünf Jahren wären das insgesamt 200 Millionen Euro. Selbst für Bayern-Verhältnisse ist das eine Wahnsinnssumme. Ist er das denn wirklich wert, dieser bald 30-jährige Harry Kane?

    Eigentlich nicht – sagte selbst Uli Hoeneß vor einem Monat im SZ-Interview. Auf die Frage hin, ob Kane das Objekt der FCB-Begierde ist, antwortete der Kopf der neu gegründeten, siebenköpfigen Transfer-Taskforce des FC Bayern: "Nein." In einer Diskussionsrunde, die im März in München stattfand, hatte Hoeneß die Summen, die bei Kane im Umlauf sind, als "völlig gaga" bezeichnet und gewohnt bedächtig argumentiert: "Letztes Jahr hat Tottenham 160 Millionen Euro Ablöse abgelehnt von Manchester City. Meinen Sie, der ist dieses Jahr billiger? Das ist ein Geld, das zahle ich nicht!" Mittlerweile scheint ein Umdenken stattgefunden zu haben. Zum einen, weil Kane, um die von Hoeneß aufgeworfene Frage zu beantworten, tatsächlich ein kleines bisschen billiger geworden ist. Sein Vertrag läuft im kommenden Jahr aus, womit er im Sommer 2024 ablösefrei zu haben wäre. Tottenham kann also nur noch jetzt Geld mit Kane verdienen – es ist ein Szenario, das vor einem Jahr schon die Bayern bei Lewandowski zum Einlenken brachte. Klassisch billig ist natürlich trotzdem was anderes. 

    Bei der Umstrukturierung des Kaders beim Rekordmeister hilft auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß.
    Bei der Umstrukturierung des Kaders beim Rekordmeister hilft auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Ein Mittelstürmer ist "lebenswichtig" – und Kane ist einer der besten seines Fachs

    Wichtiger aber noch für die bayerische Argumentationskette: Ein Mittelstürmer ist im modernen Fußball "lebenswichtig", so Hoeneß. Und das habe selbst sein Freund Pep Guardiola, seines Zeichens Erfinder der falschen Neun, entdeckt und erst jetzt mit der klassischen Neun Erling Haaland das Triple gewonnen. Und Kane gilt eben trotz seiner bald 30 Jahre als einer der besten Stürmer der Welt. Michael Reschke, der ehemalige Kaderplaner der Bayern, sagte der SZ kürzlich: "Kane gehört unter den Stürmern der Welt zu den Top Drei: Es gibt Haaland, Mbappé und Kane. Das war's."

    Weil Tottenham sicher nicht zu den besten drei Klubs der Welt, nicht einmal zu den Top Drei in England gehört – die aktuelle Saison schlossen die Spurs auf Rang acht ab – bieten sich für Kane nicht mehr wahnsinnig viele Gelegenheiten, endlich mal einen Titel zu holen. Bislang hat es "nur" zu persönlichen Ehren gereicht, dreimal wurde Kane Torschützenkönig in der Premier League, auch bei der WM 2018 war er der beste Angreifer. Mit den chronisch titellosen Spurs gab es bestenfalls zweite Plätze, etwa im Champions-League-Finale 2019. Das sähe mit dem FC Bayern schon deutlich anders aus. Die Formel, auf die in den Verhandlungen gesetzt wird, lautet: Bayern braucht Kane – aber Kane braucht auch die Bayern. Trainer Thomas Tuchel, in Abwesenheit eines Sportvorstands der starke Mann bei Transfers, hat Kane spätestens seit seiner Zeit bei Chelsea London schätzen gelernt. Im Herbst seiner Karriere wäre Kane endlich bei einem Spitzenclub angekommen, der mit ihm ein natürlicher Kandidat für den Sieg in der Königsklasse wäre.

    Englands Rekordtorjäger Alan Shearer würde Kane zum FC Bayern fahren

    Selbst aus England kommen verständnisvolle Worte für die Abwanderungsgedanken Kanes. Wie es auf der Insel so üblich ist, ist auch ein bisschen Witz dabei. Alan Shearer, Kanes Vorgänger als Sturmführer in Englands Nationalelf, bot in einer Kolumne für The Athletic an: "Wenn Harry zu den Bayern wechseln will, fahre ich sein verdammtes Auto selbst dorthin." Hintergrund: Der 52-jährige Shearer kommt in seiner Karriere auf 260 Tore in der Premier League, keiner hat mehr. Kanes Marke liegt bei 213 Treffern – sehr wahrscheinlich würde er Shearer noch abfangen, wenn er weiter in Englands Liga seine Tore schießt. 

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