Ob die Namen Lothar Matthäus und Dietmar Hamann genannt würden, war eine der Fragen, die sich stellten. Für Thomas Tuchel waren die Aussagen der beiden Fernsehexperten jüngst Sinnbild fehlender Anerkennung der eigenen Leistung gewesen. Bockig hatte der Trainer des FC Bayern München reagiert, ironisch und knapp hatte er im Sky-Interview nach dem 4:0 gegen Dortmund geantwortet. Wirklich benennen wollte es auf der Pressekonferenz am Dienstag niemand, doch nach dem üblichen Personalgeplänkel kam das Thema aufs Tableau – wenngleich ohne Erwähnung der Namen Matthäus und Hamann. Und Tuchel? Der wirkte diesmal bedeutend besonnener als knapp drei Tage zuvor. Zu seinem Verhalten stehe er, meinte er. Die "spezielle Berichterstattung" habe ihn gestört. Weiterhin werde er indes "spontan" und "authentisch" Fragen von Journalisten beantworten. "Ihr werdet normalerweise immer geradeheraus eine Antwort und eine Meinung kriegen."
Tuchel wirkte entspannt an diesem Dienstagmittag. Geradezu in sich ruhend. Wie man ihn sich schon nach dem grandiosen Erfolg in Dortmund hätte vorstellen können. Womöglich bestärkte den 50-Jährigen nicht nur der Zuspruch von Vorstandschef Jan-Christian Dreesen und Vereinspräsident Herbert Hainer sowie das jüngste Ausrufezeichen in der Liga, sondern zugleich die Aussicht auf einen harmonischen Abend in der Champions League. Übertragen wird nicht Sky mit dessen nervigen Experten, sondern DAZN. Und der FC Bayern München kann einmal mehr bereits nach vier von sechs Gruppenspielen ins Achtelfinale der Königsklasse einziehen. Zum zehnten Mal würde den Bayern dies bei 26 Teilnahmen gelingen. Gewinnt Manchester United nicht gegen den FC Kopenhagen, wären die Münchner sogar sicher Sieger ihrer Gruppe.
Die Top-Teams kommen wohl alle weiter: Zementierte Verhältnisse in der Champions League
Es wäre ein weiterer Beleg für die zementierten Verhältnisse im europäischen Spitzenfußball. Die Gruppenphase ist für den FC Bayern, Real Madrid, Manchester City oder Paris St. Germain nichts weiter als das Warm-up für die K.-o.-Phase. Nach der Reduzierung auf 16 Teams beginnt der Wettbewerb erst so richtig für die Spitzenklubs. Doch, so kurios es klingen mag, der FC Bayern kämpft darum, den Anschluss nicht zu verpassen. Er droht, von anderen Klubs abgehängt zu werden, die, gepimpt mit hunderten Millionen aus Katar oder Abu Dhabi, noch mehr Superstars in ihre Kader holen. National wird den Bayern dauerhaft keiner mehr die Meisterschaft streitig machen, aber die Münchner Bosse definieren sich zugleich über ihren internationalen Stellenwert. Tuchel wusste das, als er sagte: "So früh wie möglich uns für die K.-o.-Phase zu qualifizieren, gäbe uns riesengroßes Selbstvertrauen und wäre eine riesengroße Bestätigung."
Nach dem Aus im DFB-Pokal ist den Bayern jeder Erfolg recht, um sich im Tun bestärkt zu fühlen. Probleme werden dadurch gefühlt kleiner. Die Personaldecke bleibt dünn, doch nach der Rückkehr von Dayot Upamecano und Torhüter Manuel Neuer werden die Sorgen weniger. Zudem darf Joshua Kimmich spielen, da er nach seiner Roten Karte gegen Darmstadt lediglich noch einmal in der Liga gesperrt ist. Tuchel gibt dem 28-Jährigen eine Einsatzgarantie. "Jo ist Stammspieler und Fixpunkt in meiner Mannschaft. Er wird auflaufen." Kimmichs vorübergehende Rückkehr in die Startelf dürfte zu Verschiebungen führen. Konrad Laimer wird wohl auf die Rechtsverteidigerposition ausweichen müssen. Neben dem am Knie verletzten Matthijs de Ligt wird noch Raphael Guerreiro fehlen. Der Portugiese soll nach einer Muskelverletzung am Samstag gegen den 1. FC Heidenheim wieder im Kader stehen.
Manuel Neuer nicht für die Nationalmannschaft nominiert
Das Tor hüten wird Neuer, der nach Einsätzen im Pokal und in der Liga nun auch wieder in der Champions League den Rückhalt geben wird. Er habe die Belastungen aus seinen bisherigen drei Spielen "sehr gut verkraftet", sagte der 37-Jährige, der monatelang wegen eines Schien- und Wadenbeinbruchs ausgefallen war. Abgesehen von "kleineren Baustellen", die er nicht präzisieren wollte, fühle er sich besser als erwartet. Der Torhüter gab einen kurzen Einblick, wie ihn die Verletzungspause beeinflusste. Sprach von "emotionalen Rückschlägen" und gestand, dass ein Karriereende im Raum stand. Froh sei er, überhaupt wieder Fußball zu spielen. "Alles, was jetzt für mich kommt, das ist sowieso Bonus."
Mit Bundestrainer Julian Nagelsmann sei vereinbart, vorerst nicht nominiert zu werden. Die abschließenden Länderspiele in diesem Jahr gegen die Türkei und in Österreich wird Neuer verpassen. Im März möchte er wieder zum DFB-Team stoßen – und das nicht als Ersatzmann. "Egal, in welcher Mannschaft ich spiele, ich möchte immer auf dem Platz stehen", betonte er.