Die Niederlage gegen Real Madrid am Mittwochabend hat das Zeug dazu, in der Rangfolge der bittersten Pleiten in der Vereinsgeschichte einen Spitzenplatz einzunehmen. Bis kurz vor Schluss mit 1:0 geführt, hatten die Münchner das Traumfinale gegen den BVB schon vor Augen – und mussten zusehen, wie Ihnen der Sieg in der Nachspielzeit noch entglitt. Dabei schien alles nach der bewährten Bayern-Dramaturgie zu laufen: ein unerwarteter Held in Person von Alphonso Davies als Torschütze eines Traumtreffers, ein erwartbarer Held namens Manuel Neuer, der einen Schuss nach dem anderen entschärfte. Und dann doch mal wieder die Bayern im Finale?
Es kam bekanntlich anders. Am Ende patzte ausgerechnet der bis dahin auf Weltklasse-Niveau spielende Neuer und verschuldete so den Ausgleich. In der Nachspielzeit kam es besonders bitter: Erst der nächste Treffer von Joselu, dann der große und nachvollziehbare Ärger um den frühen Pfiff des Schiedsrichters beim möglichen Ausgleich der Bayern um 2:2. Am Ende steht fest: Es wird kein Happy End in dieser Spielzeit geben, erstmals seit zwölf Jahren beendet der Verein die Saison ohne Titel.
Gegen Real Madrid wird dem FC Bayern der kleine Kader zum Verhängnis
Die Niederlage ist nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern lässt vielsagende Rückschlüsse zu. Einer davon: Reals Weiterkommen mag glücklich gewesen sein, unverdient war der Sieg der Spanier aber nicht. In Madrid gehörte das Geschehen klar den Königlichen. Dass Bayern im Spiel blieb, war der bis zum Fehler starken Leistung von Manuel Neuer zu verdanken. Madrid hat den Bayern gezeigt, wie weit man derzeit von der absoluten Spitzenklasse entfernt ist.
Eine andere Erkenntnis: Der viel zu kleine Kader war einer der Gründe für das Ausscheiden. Kaum ein Spieler war richtig fit. Doch seit Wochen gilt bei den Bayern: Wer laufen kann, muss auf die Zähne beißen, bis es nicht mehr geht. Die Folge: Mit Kane, Sané, Gnabry und Musiala musste die komplette Bayern-Offensive verletzt raus. Für die neue Saison muss der Rekordmeister diese Verletzungs-Problematik in den Griff bekommen. Ein Mittel dafür: Der Kader muss in der Breite verstärkt werden, echte Alternativen zum überbeanspruchten Stammpersonal müssen her. Zugleich darf aber auch die Frage gestellt werden, was bei Dauer-Patienten wie Gnabry eigentlich schiefläuft.
Thomas Tuchels Zeit beim FC Bayern wird ein Makel anhaften
Es ist eine von vielen Personalaufgaben für Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund. Für den aktuellen Trainer Thomas Tuchel markiert das Aus in der Champions League einen Schlusspunkt: Er wird sich nach einer titellosen Saison verabschieden, die mögliche Krönung im Wembley Stadion bleibt ihm verwehrt. Damit wird Tuchels Zeit in München ein Makel anhaften, am Ende steht "nur" ein glücklich gewonnener Meistertitel aus der Vorsaison zu Buche. Zu wenig für die Ansprüche Tuchels und des Vereins. Mehr als fraglich ist angesichts der Vielzahl der Bayern-Baustellen aber, ob es schon alleine mit einem neuen Trainer gleich besser wird.