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FC Bayern: Bayern feiert und feuert: Als hätten sie den Erstgeborenen an die Fifa verkauft

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Bayern feiert und feuert: Als hätten sie den Erstgeborenen an die Fifa verkauft

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    Joshua Kimmich und der Rest der Bayern-Mannschaft feiern die elfte Meisterschaft in Folge.
    Joshua Kimmich und der Rest der Bayern-Mannschaft feiern die elfte Meisterschaft in Folge. Foto: Marius Becker, dpa

    Natürlich ist es meistens eine schlechte Idee, emotional erregt das Handy zur Hand zu nehmen. Weil, könnte einem ja schließlich kurz darauf leidtun, was man da so schreibt. Deswegen: Bei Gefühlsschmerz am besten sich selbst WhatsApp- und Social-Media-Verbot auferlegen. Einfach mal sich zurückziehen und nur mit den nächsten engsten Vertrauten austauschen. Im aufgewühlten Zustand Formuliertes erweist sich nun mal zumeist kurz darauf als wenig zielführend. Eher trennend als verbindend. Aber menschlich ist es nun allemal. Und Oliver Kahn scheint ja nun auch mehr Mensch zu sein, als – beispielsweise – Titan.

    Er schaffte es zumindest nicht, mit seinen Äußerungen Wogen zu glätten. Wozu ja so ein waschechter Titan schon in der Lage wäre. Zwar freue er sich wahnsinnig auf die neue Saison, schrieb er also am frühen Samstagabend auf Twitter, aber leider könne er nicht mit der Mannschaft die Meisterschaft feiern, weil es ihm "vom Club untersagt" worden sei. Später lieferte er Sky noch ein weiteres Zitat, demnach sei der Samstag "der schlimmste Tag meines Lebens, es mir zu nehmen, mit den Jungs zu feiern". Da ließe sich dann freilich schon anmerken, ob es nicht vielleicht den ein oder anderen Tag gegeben hat, der in der Rückschau ein wenig schlimmer gewesen ist. Als Jürgen Klinsmann ihm mitteilte, dass er nur als Nummer zwei in die Heim-WM 2006 geht vielleicht. Oder als er sich von seiner hochschwangeren Frau trennte, um eine Liaison mit einer Bar-Bedienung einzugehen. Möglicherweise ja auch jener Tag, als er einen Schuss Rivaldos nicht zu fassen bekam und Ronaldo den Abpraller zum 1:0 im Finale der Weltmeisterschaft 2002 nutzte.

    Dreesen wird ein schwieriges Verhältnis zu Kahn nachgesagt

    Leid lässt sich nur schwer mit Leid aufwiegen, und so lässt sich der Schmerz Kahns auch nur ansatzweise schätzen. Der Aufsichtsrat des FC Bayern schätzte ihn als so erheblich ein, dass er sich Sorgen um ein gedeihliches Betriebsklima machte. Aufsichtsrats-Chef Herbert Hainer sagte, dass Kahn "sehr emotional" auf die Entscheidung reagiert hätte, nicht weiter mit ihm arbeiten zu wollen. Anders als bei Hasan Salihamidzic sei es auch nicht zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen. Am Donnerstag nämlich hatte der Aufsichtsrat der Münchner in einer außerordentlichen Sitzung beschlossen, sich von Salihamidzic und Kahn zu trennen. 

    Kahns Nachfolger wird Jan-Christian Dreesen, der ursprünglich zum Saisonende als Finanz-Vorstand aufhören wollte und dem ein angespanntes Verhältnis zu Kahn nachgesagt wird. In Köln sollte nun offensichtlich ein Aufeinandertreffen von Kahn und Dreesen verhindert werden, und wahrscheinlich sagt es gar nicht einmal so wenig über Persönlichkeitsstrukturen und Kommunikationsfähigkeit in einem großen Unternehmen aus, wenn man sich genötigt sieht, dem ehemaligen Boss die Reise zu einem Bundesligaspiel zu untersagen.

    Oliver Kahn wurde vom Aufsichtsrat abberufen.
    Oliver Kahn wurde vom Aufsichtsrat abberufen. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Musiala und Dortmunds Patzer: Diese Saison konnte nur so enden

    Weil, gespielt wurde ja schließlich auch noch. Auf eine Art und Weise, wie sie die Saison recht genau widerspiegelt. Erst überlegen, dann zögerlich und am Schluss mit Glück und Genialität. Die elfte Meisterschaft in Folge war fraglos die glücklichste in dieser Ära. Erst eine wundervolle Einzelleistung von Jamal Musiala sorgte für den 2:1-Sieg der Münchner in Köln. Was ja nun auch nichts gebracht hätte, wenn die Dortmunder ihr Spiel gegen Mainz gewonnen hätten. Unterhaching, Meister der Herzen, Mainz. Wenn die Spielzeiten einem spannenden Ende entgegensteuern, lässt sich nur schwer der Vermutung entgegentreten, die Bayern hätten ihren Erstgeborenen an die Fifa verkauft. Michael Kutzop lässt grüßen.

    Nach Schlusspfiff dann banges Warten, die modernen Kommunikationsmittel sind möglicherweise doch nicht so zuverlässig wie Mobilfunkanbieter Glauben machen wollen. Schließlich rannten die jubelnden Bayern-Spieler schon gen Fankurve, als die Partie noch lief. Und gerade erst hatte ja der ehemalige Münchner Niklas Süle den Ausgleich für Dortmund erzielt. Ein Tor, ein Tor nur fehlte und die Dortmunder hätten sich Meister nennen dürfen. Dieses eine entscheidende Tor aber hatte an diesem Tag Musiala erzielt. Der erst in der 85. Minute eingewechselt wurde. Zum gleichen Zeitpunkt verließ Leon Goretzka das Feld bereits wieder, obwohl er erst 14 Minuten zuvor eingewechselt worden war. Viel zu viele Geschichten für nur ein Fußballspiel. Nicht einmal erwähnt bislang der Abschied von Jonas Hector, der zu den angenehmen Erscheinungen im Profi-Geschäft zählt und der die Vorkommnisse in München als Beispiel sehen darf, warum er vorerst eben nichts mehr mit diesem Geschäft zu tun haben möchte.

    Uli Hoeneß vernimmt "katastrophal schlechte Stimmung"

    Nun, da die Fakten bekannt sind, geht es darum, die Deutungshoheit über die Geschehnisse zu erlangen. Kahn erklärt auf Twitter: "Die Behauptung, dass ich ausgerastet bin, als ich über die Abberufung informiert wurde, stimmt definitiv nicht". Vielmehr habe man ein ruhiges und sachliches Gespräch geführt. Das sieht zumindest Uli Hoeneß anders, der immer noch in die weitreichenden Entscheidungen eingebunden ist – und sie nicht selten herbeiführt. Gegenüber dem Kicker sagte er, dass sich Kahn verbal auf den neuen Boss Dreesen eingeschossen habe. Zudem attestierte er "die katastrophal schlechte Stimmung", die mittlerweile im Klub herrsche. 

    Jeder redet über jeden, mieses Klima, derzeit kein Verantwortlicher für Transfers und Vertragsverlängerungen – eine interessante Bilanz für den alten und neuen Deutschen Meister. 

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