In unserer Bundesliga-Serie stellen wir die 18 Erstligisten vor dem Saisonstart vor. Heute: FC Bayern München.
Die Nächste, bitte. Der FC Bayern hat sich eine souveräne Lässigkeit angeeignet, Meisterschaften aneinanderzureihen. Das Problem dabei: Gewohnheit macht nicht immer glücklich. Daher stehen die Münchner in der kommenden Saison vor neuen Herausforderungen.
Ohne die Tore von Lewandowski sind die Bayern jetzt aber reif. Wer schüttelt so kräftig, dass sie von der Tabellenspitze fallen?
Keiner. Die Münchner haben schlüssig auf die vergangene Saison reagiert und dort nachgebessert, wo es am meisten Handlungsbedarf gab. Der selbstbewusste Mathijs de Ligt ist auserkoren, der bisweilen sehr amorphen Defensive Struktur zu verleihen. Mit Noussair Mazraoui steht nun endlich ein gelernter Rechtsverteidiger von Format im Kader und Ryan Gravenberch scheint ziemlich geeignet, den in der vergangenen Saison schwächelnden Leon Goretzka und Joshua Kimmich Druck zu machen. Der Supercup-Erfolg lässt zumindest nichts Gutes erahnen. Also für die Konkurrenz.
Schön und gut, aber wer soll denn nun die Tore machen?
Die 35 fehlenden Liga-Treffer Lewandowskis soll nicht ein einziger Spieler wettmachen. Leroy Sané und Kingsley Coman dürften sich aber ein wenig mehr vorgenommen haben als die sieben beziehungsweise sechs Treffer der vergangenen Saison. Goretzka und Kimmich trafen gemeinsam sechs Mal. Bisschen wenig. Und dass die Innenverteidiger den Vorjahreswert von drei übertreffen, sollte auch machbar sein. Hinzu kommt, dass wohl jeder Drittligastürmer im Ensemble des FC Bayern zumindest zweistellig treffen würde. Schließlich und endlich ist da ja auch noch dieser Sadio Mané. Soll kein ganz Schlechter sein. Zumindest hat er gezeigt, dass er die bulligen Abwehrspieler der Premier League narren kann. Da sollte das gegen Bremen, Mainz und Co. auf dem Weg zur Meisterschaft auch möglich sein.
Okay, dann werden sie eben wieder Meister. Das aber ist ja wohl nicht der Maßstab für die Arbeit von Julian Nagelsmann, oder?
Auf gar keinen Fall. Meister mit den Münchnern sind auch Niko Kovac und Carlo Ancelotti geworden. Wenig später durften sie sich nach einem neuen Arbeitgeber umsehen, als der Unterhaltungsfaktor für die Gegner größer als für Rummenigge und Hoeneß wurde. Rummenigge und Hoeneß spielen keine Hauptrollen mehr, die Mechanismen aber sind die gleichen geblieben. Nagelsmann kann durch die Neuzugänge flexibler auf den Gegner reagieren. Zumindest könnte er das. Das war ja einer der Kritikpunkte in seinem ersten Jahr: Dass sein Team einer sehr guten Hinrunde eine uninspirierte Rückrunde folgen ließ. Mit diesem Kader aber, mit der Erwartungshaltung dazu, würde es Nagelsmann bei einem abermalig frühen Ausscheiden in Champions League und Pokal schwer haben als Trainer durch die Saison zu kommen.
Überhaupt, Nagelsmann ... Hat seine Liaison mit einer Redakteurin der Bild Auswirkungen auf seine Arbeit?
Leichte Antwort: Mei, wo die Liebe eben hinfällt. Ehrliche Antwort: Sein Arbeitgeber wird darüber nicht glücklich sein. Lena Wurzenberger war Bayern-Reporterin der Bild. Nachdem die beiden ihre Beziehung öffentlich gemacht haben, wurde sie abgezogen und arbeitet nun als Polizei-Reporterin. Das Verhältnis jedes Bundesligisten zur Bild ist zumindest ambivalent. Zum einen glaubt man, die Boulevardzeitung im öffentlichen Diskurs zu benötigen – auf der anderen Seite ist die Zeitung nicht der verlässlichste Partner. In der Kabine wird sicher über die Liaison gesprochen. Das ist egal, so lange die Bayern erfolgreich spielen. Mehren sich aber Misserfolge und werden Interna in der Bild publiziert (was sie immer werden), fällt der Blick auf Nagelsmann. Es ist eine Beziehung mit Zündstoff. Andererseits: Mei, wo die Liebe hinfällt.
Im Vergleich zu den vorherigen Jahren wird dagegen die Arbeit von Hasan Salihamidzic viel positiver gesehen. Sind seine Lehrjahre nun endgültig vorbei?
Nun ließe sich sagen, Hasan Salihamidzic ist in den vergangenen Jahren oft Unrecht getan worden. Das stimmt so aber nicht. Der Sportvorstand hatte eine mitunter verheerende Außendarstellung und agierte auf dem Transfermarkt nicht immer glücklich, Dieses Mal aber: Note 1. Und das nicht nur, weil er Mané und de Ligt bekommen hat. Das wäre möglicherweise auch anderen Klubs mit einem großen Portemonnaie gelungen. Aber die aufstrebenden Mazraoui und Gravenberch davon zu überzeugen, ihren nächsten Entwicklungsschritt in München zu gehen, verdient mindestens Respekt. Für den 33-jährigen Lewandowski mit einer Vertragsrestlaufzeit von einem Jahr noch 50 Millionen Euro von einem überschuldeten Verein zu erwirtschaften: außergewöhnlich. Das Meisterstück aber war es, Omar Richards für zehn Millionen Euro an Nottingham zu verkaufen, nachdem man ihn vergangene Saison ablösefrei erhalten hat. Kaum weniger bemerkenswert: Chris Richards für 12 Millionen an Crystal Palace zu veräußern. Wem solche Deals gelingen, kann auch mal einen 17-Jährigen – wie den Franzosen Mathys Tel – für 30 Millionen Euro verpflichten. Den Großteil der verlustierten Lewandowski-Tore aber wird er sicherlich nicht erzielen.