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Stefan Effenberg: Wenn Tiger milde werden

Stefan Effenberg

Wenn Tiger milde werden

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    Stefan Effenberg würde gerne beim FC Bayern München hinter den Kulissen arbeiten.
    Stefan Effenberg würde gerne beim FC Bayern München hinter den Kulissen arbeiten. Foto: dpa

    Schweine können fliegen. Elvis lebt. Stefan Effenberg lässt sich nicht provozieren. Alles falsch. Dachte man.

    Letztgenannter gab sich in München die Ehre und sollte der versammelten Journalistenschar erklären, wo am Ende der Saison der FC Bayern steht („Meister, klar“) und ob die Gladbacher ihre Form aus der Vorrunde konservieren können („Denke schon“). Natürlich Effenberg. Hat für beide Vereine gespielt. Hat immer etwas zum Sagen. Selbst wenn Schweigen angebracht wäre. Und der wichtigste Grund: Steht als Experte beim Bezahlsender sky unter Vertrag, der zu der Fragerunde geladen hatte.

    Im Alter von 43 Jahren hat Effenberg einen ersten Anflug von Altersmilde. Der Tiger, der Cheffe, Prototyp des „aggressive leader“. Selbstverständlich seien die Bayern bereit, die Champions League zu gewinnen, ist er sich sicher. Nachfrage: auch ohne einen Zampano im Mittelfeld? Effenberg und die Führungsspieler – da ist immer was zu holen. „Sie haben doch Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger.“ Das seien doch keine, die bei Bedarf auch mal in eine weiter unten gelegene Schublade greifen würden, versucht es die Journaille erneut. „Die Zeiten haben sich geändert. Es braucht heute keinen Oli (Kahn, d. Red.) oder Effenberg mehr, die das machen.“ Ratlosigkeit. „Ich bin aber kein Freund von flachen Hierarchien. Das ist doch Scheiße.“ Na endlich. Natürlich brauche es Spieler, die den Ton angeben. So, jetzt ist er geknackt. Denkste. Schweinsteiger könne das, wiederholt er sich. Ob er es wirklich kann, zeigt sich vielleicht schon Freitag. Dann soll er nach mehrmonatiger Verletzungspause sein Comeback geben. Gestern muste er zwar das Training wegen eines gereizten Knies abbrechen. Das sei jedoch eine reine Vorsichtsmaßnahme, hieß es vonseiten der Münchner.

    Effenberg hielt früher nicht viel von Vorsichtsmaßnahmen. Ging eine Liaison mit der damaligen Gattin seines Mitspielers Thomas Strunz ein. Präsentierte dem Boulevard Fotomotive zum Fremdschämen. Effenberg hat abseits des Platzes lange Zeit nach seinem Gleichgewicht gesucht. Nun glaubt er, es gefunden zu haben. Er absolviert den Trainerlehrgang in Köln. Ob er danach tatsächlich als Trainer arbeitet, weiß er nicht. Er habe keine Pläne. „Ich bin tiefenentspannt“, gurrt er. Man glaubt es ihm.

    Vor einem halben Jahr ruhte Effenberg noch nicht derart in sich. Er versuchte nichts weniger als einen Putsch gegen die Gladbacher Vereinsführung. Der Versuch misslang. „Ich blicke ohne Groll zurück und freue mich über den Gladbacher Erfolg.“ Er habe ja nur helfen wollen und die Gladbacher hätten noch immer einen Platz in seinem Herzen. Noch mehr Platz allerdings nimmt der FC Bayern ein. „Bayern ist eben Bayern. Bayern ist anders.“ Erklären kann er es nicht. Zuneigung lässt sich nicht immer begründen.

    Effenberg trägt seit jeher das Credo des FC Bayern in sich

    Die Sympathie ist gegenseitig. Uli Hoeneß hatte vor wenigen Wochen den Namen Effenberg ins Spiel gebracht, als es um die Nachfolgeregelung auf den Führungspositionen in den kommenden Jahren ging. Effenberg war von der Offensive nicht überrascht. „Ich bin informiert.“ Er würde sich einen Job bei den Münchnern selbstverständlich zutrauen. Auch ohne Lehrzeit bei einem anderen Verein. Schließlich habe er nach der A-Jugend ja nicht noch „acht Jahre zweite Liga gespielt, sondern auch sofort Bundesliga“. Effenberg musste noch nie mit dem Credo des FC Bayern infiziert werden. Er trägt das „Mia san Mia“ von jeher in sich.

    Dazu passt, dass er bei aller neu erworbenen Milde seine Meinung vertritt. Weil Bayerns Verteidiger Breno via Kurzmitteilungsdienst Twitter die Menschheit und somit auch den FC Bayern wissen ließ, was er davon halte, in der zweiten Mannschaft eingesetzt zu werden („Sauerei“), rät Effenberg den beiden Seiten zur Trennung. „Ein Neuanfang wo anders wäre gut.“ Die Münchner beließen es derweil bei einer Ermahnung für den mitteilungsbedürftigen Breno.

    Ob Effenberg in Zukunft selbst derartige Entscheidungen treffen wird, ist nicht entschieden. Dass er überhaupt zur Diskussion steht, war vor nicht allzu langer Zeit undenkbar. Elvis bleibt trotzdem tot.

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