Startseite
Icon Pfeil nach unten
ZZ Fallback
Icon Pfeil nach unten

Interview: Im FC Bayern ist noch viel van Gaal

Interview

Im FC Bayern ist noch viel van Gaal

    • |
    Tobias Escher
    Tobias Escher

    Vom Sicherheitsrisiko zum Bollwerk - Herr Escher, können Sie uns als Taktikexperte erklären, was da in der Abwehr beim FC Bayern München im Vergleich zur Vorsaison passiert ist?

    Escher: Eigentlich gar nicht so viel. Dass der FC Bayern jetzt so stabil in der Defensive steht, hängt meiner Meinung nach vor allem mit drei Neuverpflichtungen zusammen. Jerome Boateng agiert bei langen Bällen sehr abgeklärt. Und genau da hatten Badstuber und van Buyten in der vergangenen Saison große Probleme. Der neue Mann an ihrer Seite gibt ihnen da Sicherheit. Mit dem Kauf von Rafinha hat man ebenfalls Qualität in die Abwehr reingebracht. Vor allem kann jetzt Lahm wieder links spielen.

    Fehlt noch der dritte entscheidende Neuzugang....

    Escher: Manuel Neuer. Der konnte sich bislang doch noch gar nicht richtig auszeichnen. Aber man hat sofort erkennen können, dass Neuer sehr wichtig für das Abwehrnetz ist, weil er als Torwart weite Pässe des Gegners abfängt und damit dafür sorgt, dass die Abwehr weiter vorne spielen kann. Die Rolle von Luiz Gustavo darf man übrigens auch nicht unterschätzen. Gustavo steht sehr gut und verhinderte viele Schnittstellenpässe. Er ist der Bundesligaspieler, der die meisten Pässe abfängt, und das nicht erst, seit er beim FC Bayern spielt.

    Und wie sieht es mit Trainerneuzugang Jupp Heynckes aus, inwieweit hat er das Bayern-Spielsystem verändert?

    Escher: Eine große Revolution hat Heynckes nicht gestartet. Im Spiel der Bayern steckt immer noch viel van Gaal. Heynckes profitiert vor allem von der Passsicherheit, die unter van Gaal eingekehrt ist. Man konnte das hervorragend in der zweiten Halbzeit gegen Manchester City sehen. Aber Heynckes hat auch Dinge geändert. Bei van Gaal ging es ja sehr stark um Ballbesitz. Und die Positionen mussten konsequent eingehalten werden. Beides hatte unter van Gaal etwas Mantraartiges und ist unter Heynckes nicht mehr nur Selbstzweck. Es gibt einen Wechsel zwischen Konter- und Ballbesitzspiel. Heynckes hat damit das Spiel der Bayern flexibler gemacht. Franck Ribéry, aber auch Thomas Müller müssen jetzt nicht mehr nur stur auf der Außenbahn bleiben, sondern können nach Innen verschieben. Dadurch hat man mehr Spieler in Ballnähe.

    Der Wohlfühlfaktor soll unter Jupp Heynckes auch gestiegen sein.

    Escher: Wir bei spielverlagerung.de betrachten das Spiel an sich. Um die weichen Faktoren kümmern sich andere. Das ist Kaffeesatzleserei, an der wir uns nicht beteiligen wollen.

    Würden Sie Jupp Heynckes als Taktikfuchs bezeichnen?

    Escher: Er ist ein taktisch guter Trainer. Jupp Heynckes war ja auch einer der ersten, der Mitte der 90er Jahre in der Bundesliga die Raumdeckung und die Viererkette einführen wollte, dabei aber in Frankfurt scheiterte. Heynckes steht nicht für das totale Spektakel. Er ist aber ein Trainer, der wenig Fehler macht.

    Hätten Sie es für möglich gehalten, dass die Schwächen in der Defensive beim FC Bayern München so schnell abzustellen sind?

    Escher: In der Vereinsarbeit ist es vergleichsweise einfach, das Defensivverhalten zu korrigieren. Die Verbesserung der offensiven Komponente dauert länger.

    Erstaunlich ist die Wandlung von Borussia Mönchengladbach - vom Beinaheabsteiger zum Spitzenteam. Wie hat Lucien Favre das fertiggebracht?

    Escher: Favre ist in taktischer Hinsicht einer der interessantesten Trainer in der Bundesliga. Das hat man schon gesehen, als er Berlin in seiner ersten Saison auf Platz vier geführt hat. Bei Gladbach hat er es innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Abwehr zu stabilisieren. Die beiden Viererketten stehen weit vor dem eigenen 16er, sind sehr eng beieinander und machen es damit dem Gegner bei Ballbesitz sehr schwer, ganz einfach weil kein Platz zum Kombinieren ist. Dazu kommt noch das gute Umschaltverhalten bei Ballgewinn.

    Die andere Borussia, die aus Dortmund, spielt noch nicht den Traumfußball der Vorsaison.

    Escher: Es ist das beste Beispiel dafür, dass die kleinste Veränderung große Auswirkungen haben kann.

    Der Wechsel von Nuri Sahin zu Real Madrid...

    Escher: So ist es. Ich hätte nicht gedacht, dass sich das so stark auswirkt.

    Was hat sich konkret im BVB-Spiel dadurch verändert?

    Escher: Sahin hat sehr schnell Pässe von hinten nach vorne gebracht. Gündogan, der für Sahin kam, spielt dagegen die Bälle sehr oft quer. Und Kehl macht das auch. Sahin dagegen hat sofort die Lücke erkannt und sie für seine Pässe in die Spitze genutzt.

    Für viele gilt der FC Augsburg jetzt schon als sicherer Abstiegskandidat.

    Escher: Defensiv ist die Mannschaft nicht schlecht. Die Abwehrreihe steht zwar recht tief, allerdings schafft es Luhukay, sein 4-2-3-1 flexibel auf die Offensivtaktik des Gegners einstellen. Das Augsburger Offensivspiel ist jedoch zu bieder. Zu oft wird versucht, mit langen Bällen oder Flanken von außen Mölders als Zielspieler einzusetzen, was gegen die gut stehenden Defensivreihen der ersten Liga nicht so klappt. Keine Mannschaft der Liga spielt statistisch gesehen so viele lange Bälle wie

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden