Der europäische Fußball hat derzeit größere Probleme als einen unzufriedenen Angestellten in leitender Funktion. Vor dem Hintergrund des explodierenden internationalen Vereinsfußballs sind bajuwarische Granteleien eher nebensächlich. Letztlich geht es in München um nichts anderes, als das Ende einer erfolgreichen Partnerschaft halbwegs versöhnlich zu gestalten. Der FC Bayern wird einen Nachfolger für Hansi Flick finden und von diesem vollumfänglich überzeugt sein (wie auch schon von Jürgen Klinsmann, Erich Ribbeck oder Niko Kovac). Flick wird sein Glück beim DFB finden (in hoffentlich ausgeprägterer Form als Erich Ribbeck).
Selbstverständlich aber ist die Stimmungslage beim deutschen Meister von größerem Interesse als die voraussichtliche taktische Ausrichtung der Münchner am Dienstag gegen Bayer Leverkusen (20.30 Uhr, Sky). Immerhin hatte Hansi Flick am Samstag die Öffentlichkeit informiert, dass er seinen bis 2023 laufenden Vertrag gerne auflösen wird. Weil er das entgegen der Abmachung mit seinem Arbeitgeber (den Flick freilich zuvor von seinem Wunsch in Kenntnis gesetzt hatte) tat, fing er sich eine heftige Replik ein. Der FC Bayern hat das Verhalten des Trainers hochoffiziell "missbilligt". Steht ja nun auch selten auf der Tagesordnung, dass der erfolgreichste Klub Deutschlands seinen Trainer öffentlich rüffelt.
Hansi Flick begründet seine Aussagen
Flick war nun aber am Montag wenig daran gelegen, die Strapazierfähigkeit seines Verhältnisses zu den Vereinsoberen weiter auszutesten. Im Vorlauf der Pressekonferenz vor der Partie gegen Leverkusen bat er die Pressevertreter, von Fragen zu seinen samstäglichen Aussagen abzusehen. Er habe im Übrigen auch gar nichts Weiteres zu erzählen. So viel dann aber immerhin doch noch: "Ich wollte es der Mannschaft persönlich sagen, dass ich darum gebeten habe, am Ende der Saison den Vertrag aufzulösen. Ich wollte, dass es die Spieler von mir wissen."
Danach sei es ein aus Flicks Sicht "logischer Schritt" gewesen, die Öffentlichkeit zu informieren. Unter anderem aus folgendem Grund: "Damit ich nicht weiter rumeiern muss."
Spannend wäre, wenn der FC Bayern Flick nicht aus dem Vertrag entlässt
Immerhin aber schlug der Trainer auch noch versöhnliche Töne gegenüber seines momentanen Arbeitgebers an. Sollte es nun also tatsächlich etwas mit der Meisterschaft werden (und an etwas anderes glauben wohl nur diejenigen, die eine europäische Superliga für einen ernsthaften Wettbewerb halten), könne man "zusammen feiern". Schließlich sei er dem FC Bayern auch dankbar und überhaupt sei doch die gemeinsame Zeit recht erfolgreich gewesen. Alles stimmig. Und rhetorisch so sehr auf einen Abschied angelegt, dass es schon Spannung versprechen würde, wie die Situation aufzulösen wäre, falls die Münchner Flick einfach nicht aus dessen Vertrag entfleuchen lassen.
Den Bayern ist allerdings auch wenig an einer Eskalation gelegen, weshalb man Flick am Ende danken wird und ab und an daran erinnert, nicht allzu viele bayerische Spieler für Partien gegen Armenien oder Malta zu nominieren. In den vergangenen Wochen litten die Münchner arg unter der andauernden Belastung. Während Robert Lewandowski am Dienstag noch pausieren muss, kehrt Leon Goretzka in den Kader zurück. Somit wird es wahrscheinlicher, das Ziel Flicks zu erfüllen: "Jeden Spieltag der Meisterschaft näherzukommen." Daran wird auch der Vorstand nichts zu missbilligen haben.
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