Hansi Flick beteuerte, dass er diesmal nun wirklich „keine Müdigkeit gesehen“ hatte. Dabei musste der Trainer des FC Bayern nicht einmal flunkern. Seine Spieler rannten tatsächlich unaufhörlich über das Feld. Mitunter auf etwas eigenwilligen Bahnen, aber sie rannten.
Niklas Süle etwa galoppierte ab und an mit beträchtlicher Energie die rechte Außenbahn entlang, im Zentrum versuchte Corentin Tolisso jene Löcher zu stopfen, die sich aufgrund der eigenwilligen asymmetrischen Formation Flicks so ergaben, und Thomas Müller trieb sich mal wieder überall rum, weil sich ein Thomas Müller einfach immer überall rumtreibt.
Müdigkeit war keinem anzusehen. Was aber auch daran lag, dass der Vielspieler Benjamin Pavard geschont wurde oder Leon Goretzka angeschlagen passen musste. Die Verletzung von Joshua Kimmich dürfte auch Indikator der hohen Belastung in diesem Jahr sein.
Keiner traf häufiger als Robert Lewandowski - in keinem Wettbewerb
Zwei der Münchner Spieler allerdings stehen in beinahe jedem Spiel auf dem Rasen. Verletzungen kennen sie nur aus den Erzählungen ihrer Kollegen. Manuel Neuer und Robert Lewandowski waren auch beim 2:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg wieder die überragenden Akteure der Münchner. Lewandowski erzielte mit Kopf (45.+1) und Fuß (50.) seine Saisontreffer 14 und 15. Neuer sorgte mit einer irrwitzigen Reaktion gegen Bartosz Bialek dafür, dass sein Team am Samstag mit nur einem Punkt Rückstand beim Tabellenführer in Leverkusen antritt. „Ich hoffe, dass sie die verdiente Auszeichnung für ihre Leistungen bekommen“, sagte Flick nach der Partie gegen Wolfsburg.
Am Donnerstagabend gab die Fifa bekannt, dass die wählenden Fans, Journalisten und Nationaltrainer den Wünschen der Münchner nachgekommen sind: Während Manuel Neuer zum besten Schlussmann gekürt wurde, ist mit Lewandowski zum ersten Mal ein Bundesliga-Profi zum Weltfußballer des Jahres gewählt geworden.
Nachdem Lewandowski sowohl in der Champions League wie auch in der Liga und im Pokal amtierender Torschützenkönig ist, sprach ohnehin wenig gegen die Auszeichnung des Stürmers. Neuer wiederum rettete seine Mannschaft häufig vor Rückschlägen. „Beide haben wahnsinnige Qualität – deswegen spielen sie beim FC Bayern“, führt Flick lapidar zu seinen beiden Sieg-Garanten aus.
Dem Trainer ist aber freilich nicht entgangen, dass es der wahnsinnigen Qualität auch bedurfte, um ein Team allzu herkömmlicher Bauweise wie es die Wolfsburger nun mal sind, zu bezwingen. Ein Muster, das den Münchnern nun mittlerweile bekannt ist. In den vergangenen sechs Bundesligaspielen mussten sie einen Rückstand aufholen. Mit Bremen, Stuttgart und Union Berlin gingen Teams gegen die Bayern in Führung, die gegen die Bayern des Sommers 2020 froh gewesen wären, nicht zu sehr vermöbelt zu werden. Diesmal war es Maximilian Philipp, der einen frühen Aussetzer Leroy Sanés zur Führung nutzte (5.) Anschließend engagierte sich der Münchner Flügelspieler verstärkt in der Defensive, was Flick hernach zu der Beurteilung verleitete, Sané befinde sich auf einem „sehr, sehr guten Weg“ – noch aber konnte der 24-Jährige nicht den Nachweis erbringen, das Spiel der Münchner zu bereichern.
Die Spieler des FC Bayern werden müde werden, die anderen allerdings auch
Zwischen den Fixpunkten Neuer und Lewandowski wabert das Spiel derzeit eher unbestimmt hin und her, als dass funktionierende Abläufe zu beobachten wären. Verständlich, wenn mit Goretzka, Kimmich und Javi Martínez drei Mittelfeldspieler ausfallen und die größte Kunst Flicks derzeit in freier Improvisation liegt.
Immerhin gelingt es den Münchnern, die Spiele meist auf ihre Seite zu zwingen und im kompletten Jahr 2020 blieben sie ohne Heimniederlage – ein Kunststück, das ihnen zuletzt 1981 gelang. Allerdings dürfte die bald einsetzende Winterpause nur bedingt dazu reichen, entwichene Kraft wieder zu erlangen. Schließlich wird die Saison bereits am 3. Januar mit dem Heimspiel schon wieder fortgesetzt.
Die Bayern werden müde werden. Ihre Gegner allerdings auch. Die allerdings haben weder Robert Lewandowski noch Manuel Neuer in ihren Reihen.
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