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Champions-League-Erinnerungen: 1999 - Die Mutter aller Niederlagen

Champions-League-Erinnerungen

1999 - Die Mutter aller Niederlagen

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    Fassungslose Bayern: Michael Tarnat, Oliver Kahn und Mehmet Scholl nach der "Mutter aller Niederlagen" 1999 gegen Manchester United.
    Fassungslose Bayern: Michael Tarnat, Oliver Kahn und Mehmet Scholl nach der "Mutter aller Niederlagen" 1999 gegen Manchester United.

    Der Schlimmste aller Albträume, die den Fußball-Berichterstatter plagen, verläuft so: Der arme Kerl sitzt in einer tobenden Masse, deren Brüllen und Stöhnen ihm jeden Gedanken raubt. Das Gehirn mag in diesem Irrsinn nur liefern, was die Augen sehen. Nichts Abstrahierendes, keine verdichtenden Sprachbilder, nur Hackwerk.

    Das Spiel hat spät begonnen. Anpfiff 20.45 Uhr. Der FC Bayern steht auf dem Rasen. (In Varianten des Traumes auch die Nationalelf). Ein später Beginn ist für den Albtraum wichtig. Die Druckmaschinen warten gierig auf. Jede Minute ist kostbar. Deshalb sendet der Berichterstatter seinen Text mit dem Schlusspfiff. Das Gute im vorliegenden Albtraum: Die 90 Minute läuft und es steht 1:0. Das Schlimmste, was noch passieren könnte, wären Ausgleich und Verlängerung. Dass in der Nachspielzeit, das Spiel komplett kippt – bis zu jenem 23. Mai 1999 war es nur ein Albtraum. An diesem Tag aber ist der Albtraum wahr geworden. Er hatte sich durch Nichts angekündigt. Keine schwarze Katze, die uns an jenem sonnigen Mittwochabend auf dem Weg in Barcelonas Estadio Camp Nou über den Weg gelaufen wäre.

    Bayern gegen Manchester United, eine wunderbare aber unverdächtige Paarung, 98 000 Zuschauer und eine überwältigende Ouvertüre. Montserrat Caballé füllt die Arena auf ihre Art: „Barcelona“, die Hymne der Spiele von 1992. Auf der Videowand erscheint ihr verstorbener Duettpartner Freddie Mercury, singt: „I want all the world to see a miracle senstaion.“ Sein Wunsch hat sich erfüllt. Nach sechs Minuten pfeift Schiedsrichter Collina Freistoß für den FC Bayern. 18 Meter Tor-Entfernung. Mario Basler legt sich den Ball zurecht. Augenblicke später schlägt er hinter ManU’s Torhüter Schmeichel im Netz ein. Die Bayern haben alles im Griff, den Triumph vor Augen. Es ist das letzte große Finale für Lothar Mattäus.

    Zehn Minuten vor Spielschluss verlässt der 38-Jährige erschöpft und angeschlagen den Platz. „Immer wenn es ernst wird, verpisst der sich“, schimpft Mehmet Scholl. Für Matthäus kommt Torsten Fink, inzwischen HSV-Trainer. ManU bringt den Norweger Solskjaer, einen ausgewiesenen Joker. Drei Minuten Nachspielzeit. Auf der Bayern-Bank laufen die Vorbereitungen für den Moment des Schlusspfiffs. Kartons voller Trikots und Mützen mit der Aufschrift „Champions-League-Sieger 1999 – FC Bayern München“ werden verteilt.

    Im Stadion tobt ein Orkan

    Noch ein Eckball von Beckham. Manchester-Torhüter Schmeichel mitten im Getümmel. Kahn wird ihn schon herunterpflücken. Aber die Kugel hüpft ihre eigenen Wege, landet bei Sheringham und der gleicht aus. Die Arena bebt. Der Berichterstatter greift zum Telefon. Er hört nicht, welcher Kollege am anderen Ende der Leitung spricht. Um ihn herum tobt ein Orkan. Derweil legt sich Beckham wieder den Ball zum Eckstoß zurecht. Erneut Chaos vor dem Bayern-Tor. Es ist der Joker, der sticht. Solskjaer – 2:1, 94. Minute. Unfassbar!

    Sekunden später sinkt Sammy Kuffour weinend ins Gras. Thomas Helmer, dem Ottmar Hitzfeld einen Abschiedsauftritt verweigert hatte, reckt beide Mittelfinger in Richtung Trainerbank. Auf den Presseplätzen werden zehntausende Zeilen Text gelöscht. Alles auf Anfang. Später heißt es über das Fußball-Drama: „Die Mutter aller Niederlagen.“

    Das Champions-League-Dinner beginnt als Trauerspiel und endet in einer betäubenden Sause. (Letzteres erfährt der Berichterstatter erst am nächsten Morgen.)

    Am Eingang des Fest-Saales steht Uli Hoeneß. Es ist 1.30 Uhr. Die Edel-Fans laufen ein. Boris Becker stellt Uli Hoeneß seine damals noch angetraute, allseits bekannte Babs, vor. Hoeneß nickt und tut so, als habe er sie noch nie gesehen. Um drei Uhr verzieht sich der Berichterstatter. Weil kein Taxi hält, läuft er zu Fuß. Am Hotel angekommen dämmert es. Der Morgen graut wie noch nie.

    2001 - Kahn wird's schon richten

    2010 - Ein Partyschreck namens Milito

    2012 - Neuer gleicht aus, Olic macht den Sieg perfekt

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