Der FC Bayern und die Champions League - das ist seit dem Triple-Triumph im Jahr 2013 eine Geschichte, die jede Saison ein tragisches Ende gegen eine spanische Mannschaft hat. Nach den deutlichen Pleiten gegen Madrid (2014) und Barcelona (2015) gab es vergangenes Jahr ein ebenso knappes wie bitteres Ausscheiden gegen Atletico Madrid - jeweils im Halbfinale.
Das jüngste Ausscheiden gegen Real erzürnt die Bayern deswegen, weil sie vor allem den Schiedsrichter Vitor Kassai dafür verantwortlich machen. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Gründe für das Ausscheiden.
1. Der Schiedsrichter
Vitor Kassai und seine Assistenten haben am Dienstag tatsächlich nicht ihren besten Tag erwischt. Die gelb-rote Karte gegen Vidal war kein Foul und die Tore zum 2:2 und 3:2 entstanden aus einer Abseits-Position. Das sind spielentscheidende Fehler, die den sonst besonnenen Vorstandschef Karlheinz Rummenigge zur Aussage verleiteten, "beschissen" worden zu sein.
Allerdings ist der Schiedsrichter beileibe nicht der einzige, der seinen Teil zum Ausscheiden der Bayern beigetragen hat - zumal auch der Führungstreffer der Bayern zum 2:1 aus seiner abseitsverdächtigen Position fiel und Vidal bei konsequenter Regelauslegung auch schon vorher vom Platz gehen hätte können.
2. Die Verletztenmisere
Wie fast in jedem Jahr schlägt das Verletzungspech zum Ende der Saison beim FC Bayern gnadenlos zu. Diesmal traf es vor allem die Innenverteidigung: Weil Martinez gesperrt war, mussten die eigentlich noch nicht wieder fitten Hummels und Boateng 120 Minuten auf die Zähne beißen und verdienten sich Bestnoten.
Im Hinspiel war Robert Lewandowski schmerzlich vermisst worden, war aber immerhin zum Rückspiel fit geworden. Nach dem Spiel folgte die nächste Hiobsbotschaft für den FCB: Der gerade erst wieder genesene Manuel Neuer fällt mit einem Fußbruch wahrscheinlich bis zum Ende der Saison aus.
3. Die Wechselfehler von Carlo Ancelotti
Der italienische Mister ist ein erfahrener Trainer, der gerade in der Königsklasse weiß, worauf es ankommt. Für die Duelle mit Real gilt aber vor allem hinsichtlich der Wechsel: Ancelotti hat sich verzockt. Das war schon im Hinspiel so, als der Italiener den glänzend aufgelegten Ribéry für den wirkungslosen Douglas Costa ersetzte. Denselben Wechsel gab es auch beim Rückspiel zu sehen - mit dem gleichen Ergebnis: Dem Brasilianer, der seit Wochen seiner Form hinterherläuft, gelang in Madrid genauso wenig wie in München.
Gravierender sind aber noch die anderen Auswechslungen: Die Herausnahme von Lewandowski begründete Ancelotti als taktischen Wechsel. Der Pole wäre aber als Anspielstation im Zentrum genauso wichtig gewesen wie als sicherer Strafstoßschütze in einem möglichen Elfmeterschießen. Stattdessen durfte der bereits nach fünf Minuten mit Gelb verwarnte Vidal weiterspielen - und flog wenige Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit. Das zwar für ein Foul das keines war, doch am Rande eines Platzverweises wandelte er auch zuvor schon und hatte Glück, dass Kassai in manch anderen Situationen ein Auge zugedrückt hatte. Wie schwierig es ist, gegen Real Madrid in Unterzahl zu spielen, mussten die Münchner sechs Tage zuvor schon erfahren.
4. Das Hinspiel in München
Hätte der FC Bayern Manuel Neuer nicht gehabt, wäre das Viertelfinale schon eine Woche zuvor entschieden gewesen. Nach einer 1:0-Führung brachen die Münchner im heimischen Stadion völlig auseinander und hatten Glück, dass am Ende nur ein 1:2 zu Buche stand.
Im Hinspiel lag es neben dem fahrlässigen Umgang mit der Chancenverwertung vor allem an der mangelnden Cleverness der Münchner, dass in Madrid ein Rückstand aufgeholt werden musste. Am Schiedsrichter lag es jedenfalls nicht, dass schon die Partie in München an die Spanier ging.
Lesen Sie auch:
So erlebte ein Augenzeuge die Jagdszenen auf Bayern-Fans in Madrid
Pressestimmen: "Ronaldo zertrümmert Bayerns Hoffnung"
Rummenigges Bankettrede nach der Bayern-Niederlage
Schmerzhafter Abschied für Lahm und Alonso