Vor kurzem erst plauderte Sepp Maier im Vereinsmagazin des FC Bayern ein kleines Geheimnis über einen ehemaligen Mitspieler aus: „Der Bulle genehmigte sich vor jedem Spiel ein Stück Sahnetorte“, ließ der einstige Torhüter des Rekordmeisters wissen. Wer mit „Bulle“ gemeint war, weiß jeder Bayern-Fan – selbst wenn er Franz Roth, der an diesem Dienstag seinen 75. Geburtstag feiert, niemals live hat spielen sehen.
Der Allgäuer mit den wehenden Haaren und den kräftigen Waden, die selten von Stutzen oder gar Schienbeinschonern umhüllt waren, war in den Siebzigerjahren „Mr. Europacup“ für die Bayern. Vier Europapokal-Endspiele hat der „Bulle“ bestritten, vier Mal hielt er danach den Pokal in Händen – und drei Mal hatte er zuvor jeweils das 1:0 erzielt. Der Siegtreffer im Finale des Pokalsiegerwettbewerbs gegen die Glasgow Rangers 1967 gilt vielen als das Tor, das den Aufstieg des FC Bayern zum Weltklub erst möglich machte. „Das Tor wird mir immer im Gedächtnis bleiben“, sagt Roth.
"Bulle" Roth wuchs im Ostallgäu auf
Aufgewachsen ist er auf dem elterlichen Bauernhof in Bertoldshofen im Ostallgäu. 1966 wechselt er vom Bayernligisten Kaufbeuren zum noch gar nicht mal so großen FC Bayern. Erst ein Jahr zuvor waren die Münchner in die Bundesliga aufgestiegen.
Als Trainer „Tschik“ Cajkovski ihn der Mannschaft als „einer aus dem Allgäu, der hat Kraft wie Muh“ vorstellt, verbessert ihn Sepp Maier: „Trainer, das heißt in Bayern Bulle und nicht Stier oder Kuh oder Muh!“ Zwölf Jahre wird der „Bulle“ bei den Bayern spielen und mit Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Gerd Müller eine Ära prägen. Nach vier Europacup-Siegen, dem Gewinn des Weltpokals, vier deutschen Meisterschaften und drei Pokalsiegen reißt dem „Bullen“ 1976 und 1977 binnen eines Jahres allerdings zwei Mal die Achillessehne – seine Karriere auf höchstem Niveau ist damit beendet.
Heute spielt "Bulle" Roth Golf - mit Handicap 12,3
Nachdem er mit seiner Frau Inka 1980 in Bad Wörishofen und in Marktoberdorf Sportgeschäfte eröffnet, spielt er von 1981 bis 1984 noch beim Bezirksligisten TSV Mindelheim und führt diesen zum Aufstieg in die Landesliga. Dann ist endgültig Schluss mit dem Fußball und der „Bulle“ kümmert sich um das Geschäft und die Familie, spielt Golf (Handicap 12,3) und hält sich mit Kneippgüssen und täglichem Walken fit. Als seine Frau Inka 2007 stirbt, fällt er in ein Loch. „Die Familie meines Sohnes hat mich damals wahnsinnig unterstützt“, sagt er heute. Mittlerweile hat er wieder eine Lebenspartnerin an seiner Seite, eine Münchnerin. „Sie ist Stadtmensch, ich bin Landmensch – es ist eine Wochenendbeziehung, die perfekt passt“, sagt Roth.
Feiern wird der Jubilar seinen Geburtstag mit der Familie, „bei einem gemütlichen Brunch“. Fehlen darf natürlich auch die Sahnetorte nicht: „Diesmal eine ganz für mich alleine.“
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