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FC Bayern: Der FC Bayern sucht vor dem Duell gegen Lazio nach dem Selbstverständnis

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Der FC Bayern sucht vor dem Duell gegen Lazio nach dem Selbstverständnis

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    Leroy Sané hat in wirklich wichtigen Spielen zu selten seine Klasse für den FC Bayern gezeigt.
    Leroy Sané hat in wirklich wichtigen Spielen zu selten seine Klasse für den FC Bayern gezeigt. Foto: Ulrich Hufnagel, Witters

    Die Großen fressen die Kleinen. Und wenn sich die Kleinen keine Nischen suchen, spült sie die Evolution hinfort. Der FC Bayern verfolgte in seiner weit über 100-jährigen Geschichte bislang recht eindrücklich einen sozialdarwinistischen Einsatz. Größer, schneller, Beckenbauer. Weil sich die Münchner aber auch stets der Tatsache gewahr waren, dass ein ganz und gar leer gefuttertes Habitat unweigerlich zum eigenen Dahinsiechen führen würde, ließen sie ihnen ungefährliche Artgenossen co-existieren. 

    Freilich nur so lange, bis sich scheinbar putzige Putzerfischchen wie die schwarz-gelben Dortmunder dazu aufschwingen, selbst einen auf Raubfisch zu machen. Dann jagen die Bayern ihnen ihre besten Spieler ab und schon ist wieder Ruhe im Teich. So hat das lange Zeit gut funktioniert. Und so wird es möglicherweise auch künftig wieder funktionieren. Derzeit aber scheint das Ökosystem Bundesliga aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Ein fußballerischer Klimawandel. 

    Die Bayern haben Leverkusen in der Bundesliga einfach nicht weggebissen

    Über die Gezeiten der Bundesliga hinweg waren die Leverkusener lediglich unscheinbare Mitschwimmer. Nun scheinen sie aber einen derartigen Entwicklungssprung gemacht zu haben, dass sie sogar dem Macker im Langweilerteich gefährlich werden können. Die Bayern haben es verpasst, den Konkurrenten beizeiten wegzubeißen. 

    In den vergangenen Jahren ging den Münchnern möglicherweise der Blick über den Teichrand verloren. Die Bundesliga dominierten sie nach Belieben. Sie hatten sie in derart dominiert, dass in Ermangelung nationaler Konkurrenz das natürliche Wachstum ausblieb. Nach dem Champions-League-Triumph 2020 kamen sie dreimal in Folge nicht über das Viertelfinale der Königsklasse hinaus. Vermeintliche Gründe: Pech, fehlende Tagesform, falsche Trainerentscheidungen. Mittlerweile aber steht bei den Münchnern in Thomas Tuchel der dritte deutsche Coach von Rang in Folge an der Seitenlinie, ohne dass dem Verein ernsthafte Chancen zugesprochen werden, Europas wichtigsten Titel zu erringen. Hansi Flick scheiterte nach dem Sieg 2020 anschließend an seinem Verhältnis zu Hasan Salihamidzic, Julian Nagelsmann an Villarreal und dem aufgeregten Münchner Umfeld und

    Nun also Lazio Rom. Wenn am Mittwoch im Stadio Olimpico die Münchner beim Tabellenachten der italienischen Liga antreten (21 Uhr, DAZN), ist das kein Kräftemessen zweier europäischer Spitzenteams – dafür fehlt es Lazio an Format. Und doch könnte sich diese Partie entscheidend auf die bajuwarischen Befindlichkeiten der kommenden Wochen und Monate auswirken. Pünktlich zur K.-o.-Phase der Champions League werden die Münchner von bislang unbekannten Selbstzweifeln geplagt. Möglicherweise haben die vergangenen Jahre der nationalen Dominanz den Blick in die Ferne verstellt. Oder um im Bild zu bleiben: Das Bundesliga-Wasser ist von trüber Tümpeligkeit. Die Bayern sind vielleicht nur noch ein großer Fisch in einem kleinen Teich.

    Noch nämlich sind etliche Spieler den Beweis schuldig geblieben, auch zur internationalen Klasse zu gehören. Mögen Tuchels aktionistische Umstellungen zur herben Pleite gegen Leverkusen beigetragen haben, waren es doch die kickenden Akteure, denen es an Lösungen auf dem Feld fehlte. Leroy Sané mag eine formidable Vorrunde gespielt haben. Bedeutende Spiele, in denen er eine Hauptrolle einnahm, sind in seiner Vita aber selten. Die verteidigenden Min-jae Kim und Dayot Upamecano können auf wenig internationale Schlachten verweisen, die sie Leuchtturmhaft prägten. Leon Goretzka ist ein formidabler Rollenspieler – aber weder Gestalter noch Abräumer.

    Kein Alaba, kein Thiago, kein Lewandowski: Dem FC Bayern fehlt eine Achse

    Die Gewinner von 2020 konnten sich im Tor auf Manuel Neuer verlassen, David Alaba stellte eine Autorität im Abwehrzentrum dar, Thiago lenkte auf der Höhe seiner Schaffenskraft defensiv wie offensiv das Spiel. Davor strukturierte Thomas Müller das giftige Pressing und Robert Lewandowski sorgte für die Tore. Knapp vier Jahre später besteht die Achse aus: Neuer und Harry Kane. Dazwischen: viel Beliebiges. 

    Das Spiel in Rom ist nicht dazu angetan, den Klub-Oberen insofern Sicherheit zu vermitteln, dass Team und Trainer eine Gemeinschaft bilden, die gute Chancen hat, am 1. Juni im Wembleystadion um den Champions-League-Sieg zu spielen. Aus bayerischer Sicht soll das Spiel aber zeigen, dass zumindest jener alte Reflex noch funktioniert, wonach auf heftige Niederschläge eine noch heftigere Gegenreaktion folgt. Auf jene Art funktioniert jedwede Entwicklung. Wie in der Evolution, so im Sport. Sie macht auch vor den ganz großen Fischen nicht halt. 

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