Der FC Bayern gegen Heidenheim - das war bislang immer die Garantie für spannende Partien. In der vergangenen Saison standen ein umkämpfter 4:2-Sieg für die Bayern zu Buche, während in Heidenheim ein 2:0-Vorsprung nicht zum Sieg gereicht hatte, mit 3:2 hatte der FCH gegen den Rekordmeister die Partie noch gedreht. In Erinnerung dürfte vielen noch das Pokalspiel aus dem April 2019 sein, als die Gäste von der Ostalb, damals Zweitligist, den Bayern einen offenen Fight lieferten und sich immer wieder zurückkämpften. Erst ein Elfmetertor von Robert Lewandowski kurz vor Schluss zum 5:4 machte damals das Weiterkommen perfekt. Am Samstagnachmittag sah es lange nach einer klaren Sache für die Bayern aus, defensive Schwächen der Münchner und mangelnde Effizienz verhinderten aber Klarheit: 4:2 gewann der FCB. Mann des Spiels war Jamal Musiala mit einem Doppelpack. Erwähnenswert auch noch die Rolle von Dayot Upamecano, der zuerst traf und dann ein Gegentor verschuldete. Heidenheim schaffte das Kunststück, mit zwei Torschüssen zwei Treffer zu erzielen.
Bei den Bayern gab Torwart Daniel Peretz sein Bundesliga-Startelfdebüt. Der Israeli, der zuvor nur 16 Minuten in der höchsten deutschen Spielklasse gesammelt hatte, vertrat den an der Rippe verletzten Manuel Neuer. Trainer Vincent Kompany stellte diesmal Routinier Thomas Müller auf die Position des verletzten Harry Kane. Der nach seiner Schulter-Verletzung wieder genesene Aleksandar Pavlović stand wieder in der Startelf, dafür blieb Goretzka draußen. Außerdem begannen Sacha Boey und Raphaël Guerreiro. Wieder im Kader der Münchner stand Sven Ulreich. Die etatmäßige Nummer zwei hatte zuletzt aus persönlichen Gründen gefehlt.
Bayerns Offensive knackt Heidenheimer Defensive: Upamecano trifft nach Kimmich-Ecke
Ein Spektakel sollte es aus Heidenheimer Sicht diesmal aber eher nicht werden. „Dass wir jetzt nicht nach München fahren, um Hurra-Fußball zu spielen, dürfte jedem klar sein“, hatte FCH-Coach Frank Schmidt auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gesagt. Nach einer Negativ-Serie in der Bundesliga und dem Abrutschen auf einen Relegationsplatz, gehe es darum, sich in der Liga wieder zu stabilisieren.
Deswegen bot das Spiel das Szenario, das es oftmals zu sehen gibt, wenn vermeintlich kleinere Teams in die bayerische Landeshauptstadt kommen: Heidenheim stand in der Defensive kompakt und lauerte auf Konter, während die Bayern-Offensive die Lücke im Abwehrverbund suchte. Der erste Warnschuss der Bayern ging auf das Konto von Thomas Müller, der es von außerhalb des Strafraums versucht hatte (12.), die erste gute Gelegenheit hatte Leroy Sané: Nach einer Kombination mit Michael Olise war der Nationalspieler frei vor Kevin Müller im FCH-Tor, sein Lupfer ging aber am langen Pfosten vorbei (15.). Nach einer Ecke war der Bann aber gebrochen: Kimmichs Ecke fand den Kopf von Dayot Upamecano, der in den freien Raum lief und völlig frei verwerten konnte: 1:0 für die Bayern (18.). Es war die 41. Kimmich-Ecke, nach der ein Tor für die Bayern gefallen war - das ist der beste Wert seit Beginn der Datenerhebung.
Die Überlegenheit der Bayern gegen Heidenheim zur Halbzeit war erdrückend
Die Dominanz der Bayern, die durch die Niederlage gegen Leverkusen angestachelt schienen, war erdrückend - auch wenn es gegen defensive Heidenheimer wenig deutliche Chancen gab. Wenn die Gäste den Ball mal hatten, war er schnell wieder weg. Ein Beleg für die Münchner Spielkontrolle: Nach einer halben Stunde hatte die Kompany-Elf satte 86 Prozent Ballbesitz - ein Wert, der auch bis zur Pause Bestand haben sollte. Nur Tore wollten vorerst noch keine weiteren fallen. Alphonso Davies war nach einem Doppelpass mit Guerreiro nah dran, traf aber nur den Pfosten (39.), Kimmich versuchte es kurz darauf mit einem Distanzschuss (40.).,
Kurz vor der Halbzeit hatten mit Guerreiro, Davies und Sané gleich mehrere Bayern-Spieler die Schussgelegenheit im Strafraum. Nach mehreren Pässen versuchte es Sané, verzog aber über die Latte (45.+2). Heidenheim wies zur Halbzeit einen Expected-Goals-Wert auf, wie es ihn nach 45 Minuten nur selten gibt: 0. Soll heißen: Nicht mal bei einem Verlegenheitsversuch hatte Peretz eingreifen müssen. Mit 538 zu 86 Pässen hatten die Bayern auch sechsmal so viele Pässe gespielt wie die Heidenheimer.
Heidenheims Honsak traf mit dem ersten Angriffsversuch gegen den FC Bayern
Der zweite Durchgang startete ohne personelle Wechsel. Die Bayern hatten das Heft in der Hand, der Schuss von Pavlovic strich knapp am Pfosten vorbei (49.). Doch was geschieht, wenn eine Mannschaft die eigene Überlegenheit nicht nutzt? Genau. Ein langer Ball von Heidenheim wäre noch nicht gefährlich gewesen, die Verlängerung von Upamecano in den Lauf von Mathias Honsak machte daraus aber eine gefährliche Vorlage. Der Österreicher ließ Peretz aussteigen - und traf zum 1:1 (50.). Heidenheim, das eine Halbzeit lang völlig ohne offensive Bemühungen zugebracht hatte, hatte mit der ersten Aktion gleich getroffen.
Wie praktisch, dass die Bayern in dieser Saison einen - neben Kane - zweiten Spieler haben, der eine Torgarantie zu haben scheint. Direkt nach dem Gegentor brachte Kompany Jamal Musiala für Thomas Müller. Der tat, was er in dieser Saison eben so tut: Nach einem Tempolauf durch die Heidenheim-Defensive verwertete der Nationalspieler zum 2:1 (56.). Die Münchner drückten auf das nächste Tor, Olise verfehlte es knapp (62.). Musiala scheiterte nach dem nächsten Sololauf an Kevin Müller, den Nachschuss hätte Sané mit rechts direkt verwerten können - weil er sich den Ball erst auf den stärkeren linken Fuß legte, klärte Heidenheim auch das (73.).
Die letzten Zweifel am Spielausgang schien der eingewechselte Leon Goretzka zu beseitigen: Nach einer Ablage von Sané traf der Ex-Nationalspieler zum 3:1 (84.). Alles klar also? Mitnichten. Heidenheim kam kurz darauf über das Gegenpressing wieder in den Bayern-Strafraum - und traf erneut! Ex-Bayern-Profi Niklas Dorsch traf auf Vorlage von Leo Scienza zum 3:2 (85.). Erneut sah die Bayern-Defensive schlecht aus. Aber es gibt ja Jamal Musiala. Der nahm sich den Ball in der eigenen Hälfte, sprintete in den FCH-Strafraum - und traf zum 4:2 (90.+1). Dann war aber wirklich Schluss.
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