Viel Positives hat es beim FC Bayern zuletzt nicht gegeben: In der Bundesliga schmolz der Vorsprung auf Leverkusen nach der Heimniederlage gegen Bochum und dem Remis bei Union Berlin auf - Stand Samstagnachmittag - drei Punkte. Auch die Länderspielpause war nicht dazu geeignet, die Stimmung im Umkreis der Säbener Straße spürbar zu heben: Die Verletzungen von Innenverteidiger Dayot Upamecano und Linksverteidiger Alphonso Davies trübten die Laune erheblich. Vor allem der Kreuzbandriss von Davies hat das Zeug, zum Dauerthema zu werden - Vorstandschef Jan-Christian Dreesen brachte schon mal eine mögliche Klage gegen den kanadischen Verband ins Spiel.
Wie gut, dass da der FC St. Pauli am Samstagnachmittag in die Münchner Arena vorbeikam. Spätestens seit dem Retterspiel der Bayern vor über 20 Jahren verbindet den Kiezclub und den Rekordmeister zwar keine Fanfreundschaft, aber tatsächlich so etwas wie Sympathie - nur folgerichtig erwarb Bayern-Patron Uli Hoeneß kurz vor dem Spiel Anteile an der Stadion-Genossenschaft der Hamburger. der Kleines Goodie: Bei der Mannschaftsaufstellung der Hamburger las Bayern-Stadionsprecher Stephan Lehmann nur die Vornamen der Paulianer vor - und ließ die Gästefans den Nachnamen in Heimspielmanier brüllen. Freuen konnten sich am Ende beide Fanlager: Die Hamburger, weil ihre Mannschaft gut mitgehalten hatte. Die Bayern, weil nach dem 3:2-Sieg die Bundesliga-Welt wieder in Ordnung zu sein scheint.
Harry Kane beendete gegen St. Pauli eine fünf Spiele dauernde Ladehemmung
Gegen Pauli musste Trainer Vincent Kompany folglich Davies und Upamecano ersetzen, im Vergleich zum letzten Ligaspiel in Berlin rotierten zudem Josip Stanisic und Serge Gnabry auf die Bank. Für das Quartett kamen Konrad Laimer, Minjae Kim, Raphaël Guerreiro und Leroy Sané in die Startelf. Die Bayern waren erwartungsgemäß von Beginn an tonangebend. Schon in der 1. Minute ging ein Kopfball von Leon Goretzka gefährlich auf das Hamburger Tor, doch Nikola Vasilj im Kasten entschärfte zur Ecke. Dass die Gäste schnell gefährlich werden können, zeigte die Anfangsviertelstunde: Zuerst tauchte Jonas Urbig, der erneut den verletzten Manuel Neuer vertrat, eine zum Torschuss mutierte Flanke von Noah Weißhaupt ab (8.). Dann setzte Kapitän Jackson Irvine eine Flanke per Kopf zuerst an Kimmich und von dort an die Bayern-Latte (14.).
Danach ging es aber den scheinbar vorbestimmten Weg: Im Pauli-Aufbauspiel schnappte Jamal Musiala zuerst den Ball von Siebe van der Heyden und bediente Michael Olise. Der Franzose legte quer in die Mitte - und dort stand Harry Kane, um seine für seine Verhältnisse unglaubliche Durststrecke in der Bundesliga zu beenden. Das 1:0 des Engländers (17.) war der erste Ligatreffer seit dem 3:0 gegen Bremen Anfang Februar, fünf Spiele lang hatte der 31-Jährige nicht mehr getroffen.

Die Abwehr der Bayern wirkte gegen St. Pauli nicht immer sattelfest
Alles klar jetzt? Nicht so wirklich. Denn Pauli versteckte sich nicht, suchte aggressiv den Ballbesitz und spielte schnell und direkt nach vorne. Bei einem Konter der Hamburger spielte der unbedrängte Manolis Saliakas von rechtsaußen den Ball scharf in die Mitte. Dort war Eric Dier nicht nah genug an Elias Saad. Der Deutsch-Tuniesier musste nur noch einschieben zum 1:1-Ausgleich (27.). Der Gegentreffer ging nicht alleine auf das Konto des englischen Innenverteidigers, passte aber zum unglücklichen Auftritt des ehemaligen Tottenham-Profis. Zur Halbzeit waren die Bayern zwar erwartungsgemäß feldüberlegen mit einem Expected-Goals-Wert von 2,16 zu 0,67 - der Spielstand war angesichts der tapferen Spielweise der Hamburger aber verdient.
Kompany brachte zur Pause den zuletzt rotgesperrten Joao Palhinha für Goretzka - wohl, um bei Gegenstößen der Gäste mehr Stabilität zu haben. Das klappte nur bedingt, die Münchner ließen weiterhin große Räume in der Zentrale zu. Der Portugiese holte sich nach sechs gespielten Minuten Gelb ab, nachdem er den im Mittelfeld durchgebrochenen Weißhaupt gestoppt hatte. Einer der seltenen Bayern-Gegenstöße im eigenen Stadion war es dann, der die Fans der Münchner zum zweiten Mal jubeln ließ. Sané wurde von Olise bedient, der kam im linken Eck des Strafraums zum Schuss - und platzierte den Ball sehenswert im Pauli-Kasten - 2:1 für die Bayern (53.). Musiala hätte nach 69 Minuten die Entscheidung besorgen können, der Schuss des Nationalspielers prallte jedoch von der Unterkante der Latte wieder zurück ins Spiel. Eben jene brachte Sané dann auf Zuspiel von Kane: Bei einer Überzahlsituation bedient der Engländer den mitgelaufenen Mitspieler, der zum zweiten Mal jubelte - 3:1 (70.). Schließlich traf Ritzka noch für St. Pauli noch zum 3:2 (93.).
Milchmädchen-Rechnung: Noch 7 Spiele => Es sind noch 21 Punkte zu holen und, wenn der FCB daraus 16 Punkte holt, sind sie wieder uneinholbar Deutscher Fußballmeister.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden