Der Gedanke an ein frühzeitiges Meisterstück interessierte Hansi Flick "null".
Der 55-Jährige dachte im Vorfeld des Bundesliga-Heimspiels gegen Borussia Mönchengladbach vielmehr darüber nach, wie er auf dem Weg des FC Bayern zum achten Titel am Stück seinen Premium-Angriff ersetzen kann. Top-Torjäger Robert Lewandowski und Top-Vorbereiter Thomas Müller fehlen gelb-gesperrt. Und Serge Gnabry plagte im Vorfeld der Rücken.
"Wenn zwei so erfahrene Ausnahmespieler wie Thomas Müller und Robert Lewandowski fehlen, tut uns das natürlich auch weh", sagte Flick. Bei Fußball-Nationalspieler Gnabry könnte es dagegen bis zum Anpfiff am Samstag (18.30 Uhr/Sky) "ganz gut ausschauen". Bitter für die Bayern: Der zuletzt von Adduktorenproblemen gestoppte Thiago wird nach einer Leistenoperation für rund drei Wochen ausfallen. Eine mögliche Rückkehr wird für das Pokal-Endspiel am 4. Juli anvisiert.
Von den Personal-Hindernissen wollen sich die geschlauchten Münchner Doubeljäger bei dem von Flick attestierten "Riesenlauf" aber nicht stoppen lassen. Die um einen Champions-League-Platz kämpfende Fohlen-Elf sollte das letzte größere Hindernis auf dem Weg zur Meisterschale sein. "Thomas Müller und Robert Lewandowski sind natürlich spielbestimmende Mentalitätsspieler, die sicherlich fehlen werden, aber der Kader des FC Bayern ist so aufgestellt, dass man die Beiden für eine Partie ersetzen kann", sagte Gäste-Coach Marco Rose.
Insgesamt 82 Tor-Beteiligungen in der Liga hat das Trio Lewandowski/Müller/Gnabry im 90-Treffer-Angriff des deutschen Fußball-Rekordmeisters zu verzeichnen. Selbst das feudale Münchner Luxus-Ensemble fängt solche Ausfälle nicht mal eben so auf. Eine "absolute Alternative" sei der 19-jährige Joshua Zirkzee, sagte Flick. "Wir freuen uns, wenn man in so einem Spiel gegen Gladbach einem jungen Spieler die Chance geben kann, vielleicht von Anfang zu spielen." Drittliga-Torjäger Kwasi Okyere Wriedt, der in dieser Saison 19 Mal traf, rückt zusätzlich in den Kader.
Flick äußerte sich lobend über Zirkzee, der als Lewandowski-Ersatz in der Spitze auflaufen dürfte. Drei Tore glückten dem jungen Niederländer in sieben meist kurzen Liga-Einsätzen. Gegen Hoffenheim (6:0) und Augsburg (2:0) durfte er vor der Corona-Zwangspause während Lewandowskis Knieverletzung zweimal von Beginn an ran. "Seine Entwicklung, die er in den letzten sechs Monaten gemacht hat, ist hervorragend. Er hat eine gewisse Unbekümmertheit vor dem Tor gezeigt", sagte Flick.
Aber der junge Niederländer hat nach Flicks Ansicht auch noch viel zu lernen - gerade wenn man die Trainings-Tore von Müller und Lewandowski betrachtet. "Wenn man sieht, wie die beiden Flanken verwerten, ist das eine Hausnummer. Wenn er sich das immer wieder anschaut, weiß er, woran er noch zu arbeiten hat", riet Flick.
Sieben Punkte beträgt der Münchner Vorsprung auf Borussia Dortmund. Verliert der BVB drei Stunden vor dem Bayern-Spiel überraschend bei Fortuna Düsseldorf, könnte Flick seine erste Meisterschaft bereits gegen Gladbach perfekt machen. "Wir müssen erstmal das Spiel gegen Gladbach gewinnen. Es gehört für mich dazu, dass man die Sache sehr ernst nimmt und da nicht schon von irgendwelchen Feiern spricht", sagte der 55-Jährige. 24 Siege in den ersten 27 Pflichtspielen - damit legte Flick sogar besser als Pep Guardiola (22 Siege) los.
Titel gibt es für diese Traumbilanz aber noch nicht. "Wir brauchen noch zwei Siege, das ist uns allen bewusst und klar", sagte Flick. Nächster Gegner nach Gladbach ist am Dienstag auswärts Abstiegskandidat Werder Bremen.
"Wir wissen genau, dass wir noch Punkte sammeln müssen. Dementsprechend haben wir nicht vor, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen", mahnte auch Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Nichts soll den Mucki-Mann und sein Team mehr aufhalten: Die 30. Meisterschaft und der 20. Pokalsieg locken - Jubiläums-Titel Nummer 50 ist in dieser Saison möglich.
Der 25-jährige Goretzka könnte im Liga-Klassiker gegen Gladbach im Mittelfeld auf die Müller-Position nach vorne rücken. Dass er auch die Rolle des lautstarken Kommando-Gebers von Dauersprecher Müller einnimmt, erwartet niemand. Flick scherzte, als er dazu befragt wurde. "Meinen Sie, dass Thomas Müller irgendjemand das Wasser reichen kann?", fragte der 55-Jährige und lachte. "In dieser Angelegenheit ist er schwer zu ersetzen." (dpa)
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