Regel Nummer eins beim Maier Sepp, aufgestellt natürlich vom ihm selbst: Jedes Gegentor gegen den langjährigen Torwart der Bayern und der Nationalelf ist unhaltbar. Regel Nummer zwei, in Anlehnung an den Schlagerhit "Bin i Radi, bin i König" des damaligen Löwen-Torwarts Petar Radenkovic: "Bin i Radi, bin i Depp - König ist der Maier Sepp." Regel Nummer drei: Es ist noch lange nicht vorbei. "Ich möchte 100 Jahre alt werden", sagte er kürzlich der Bild. Am Mittwoch wird der einstige Torwart des FC Bayern und der Nationalmannschaft erst mal 80 Jahre alt. Mit dem Abschied hat er zuletzt Erfahrungen gemacht: Innerhalb kurzer Zeit starben mit Franz Beckenbauer und Andreas Brehme zwei seiner langjährigen Gefährten und Freunde.
Speziell der Tod Beckenbauers hat den "Gaudibursch" schwer getroffen. Bei Bekanntwerden der Nachricht zeigte sich der Keeper tief betrübt. Nach dem Tod von Gerd Müller vor zweieinhalb Jahren ist Maier damit der letzte der legendären Achse, der noch lebt. "Wie gerne würde ich mit beiden noch mal ein Bier trinken, aber jetzt bin nur noch ich übrig", schrieb er in seiner Kolumne für den Kicker. Mit dem wohl besten Spieler aller Zeiten und dem wohl besten Stürmer aller Zeiten lieferte Maier das Material für Fußball-Legenden: Sowohl bei den Bayern als auch in der Nationalmannschaft gewannen sie jeden Titel, den es zu holen gibt. Zwischen 1974 und 1976 holte der FCB dreimal den Europacup der Landesmeister, den Vorläuferwettbewerb der Champions League. Mit Müller und Beckenbauer wurde er 1972 Europa-, zwei Jahre später sogar Weltmeister.
Sepp Maier holte mit dem FC Bayern dreimal in Folge Europas Fußball-Krone
Bis heute gilt Maier als einer der besten Torhüter des Weltfußballs. Dabei gehört zur Geschichte, dass es ihn eigentlich nie ins Tor gezogen hat. Beim TSV Haar wurde er als Feldspieler Torschützenkönig - und musste ausgerechnet bei einem Jugend-Pokalspiel gegen den FC Bayern in den Kasten, weil sich der Stammtorwart verletzt hatte. Ganz knapp ging es bei der 0:12-Pleite gegen die Münchner zwar offenkundig nicht zu. Die Verantwortlichen der Bayern zeigten sich aber beeindruckt von dem 14-Jährigen und wollten ihn verpflichten. Maier hatte aber keine Lust aufs Tor, spielte vorerst weiter in Haar und machte seine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Als ihn der FC Bayern ein weiteres Mal rief, kam er 1959 doch - und sollte lange bleiben.
Maier stieg mit den Bayern in die Bundesliga auf und hält bis heute einen unerreichbar scheinenden Rekord: Zwischen 1966 und 1979 bestritt er unglaubliche 442 Bundesligaspiele in Folge, fiel nie aus und holte sich wegen seiner Reflexe den Spitznamen "Katze von Anzing". Eine weitere Bestmarke verhinderte übrigens Uli Hoeneß: Als dieser im Finale der Europameisterschaft 1976 den entscheidenden Elfmeter gegen die Tschechoslowakei in den Nachthimmel von Belgrad schoss, bedeutete das die erste Niederlage von Maier in einem Finale. Maier stand für Erfolg - und hechtete während eines Spiels schon mal nach Enten, die auf dem Rasen gelandet waren. So viel Gaudi muss sein. Dass noch mehr Bundesliga- und Länderspiele hinzukamen, verhinderte der Torwart selbst: Bei einem schweren, von ihm verschuldeten Autounfall wurden 1979 zwei Frauen schwer verletzt. Als Maier aus dem Autowrack geborgen wurde, stellten die Ärzte bei ihm mehrere Rippenbrüche, einen gebrochenen Arm, eine Gehirnerschütterung und einen Zwerchfellriss fest. Damals war klar: Es ist das Karriereende.
Jahre später kehrte Maier auf die große Bühne zurück, sein Freund Beckenbauer holte ihn als Torwarttrainer zuerst 1987 zur Nationalelf, dann 1994 auch zurück zum FC Bayern. Maier fand dort die zweite große Karriere, wurde nochmals Europa- und Weltmeister – und stolperte 2004 über seine Aussagen zum Torwartduell in der Nationalelf, das sich sein Schützling Oliver Kahn und Jens Lehmann lieferten. Maier sagte dazu: "Lehmann kann sich aufhängen, Kahn ist der bessere Torwart", was wiederum der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht goutierte und Maier durch Andreas Köpke ersetzte. Heute sind die Bälle kleiner geworden, Maier spielt lieber Golf als Fußball. Es scheint ihm nicht zu schaden.