Thomas Tuchel und der FC Bayern – das sollte mal wieder eine langfristige Ära sein und wurde mal wieder ein Intermezzo. Am Mittwoch gaben Verein und Trainer bekannt, dass im Sommer Schluss ist mit der Zusammenarbeit. Nicht ausgeschlossen scheint, dass sogar schon früher Schluss ist in der Beziehung, die nie so richtig auf Touren kam. Die große Frage lautet aber: Wer soll es denn machen beim deutschen Rekordmeister? Kandidaten gibt es tatsächlich einige – doch für jeden auch Argumente dafür und dagegen. Eine Übersicht:
Xabi Alonso
Der Spanier wäre der natürliche Kandidat und dürfte auch der große Favorit der Bayern sein: Mit Leverkusen ist der 42-Jährige zum Leidwesen der Bayern gerade enorm erfolgreich und steht vor dem Meistertitel. Alonso bringt zudem als ehemaliger Bayern-Spieler den oft geforderten "Mia san mia"-Stallgeruch mit und steht bei den Bayern-Verantwortlichen schon seit seinem Karriereende 2017 beim FCB auf der Shortlist. Karl-Heinz Rummenigge, der langjährige Vorstandschef, sagte schon 2020, vor der Nagelsmann-Verpflichtung: "Ich glaube, dass er mal ein Trainer sein wird, der für den FC Bayern irgendwann in der Zukunft möglicherweise von Interesse sein kann." Das ist längst der Fall, zudem gab es für die Saison 2018/19 schon ein Bayern-Angebot für Alonso, damals noch als Co-Trainer. Die größere Frage ist aber: Will Alonso zu den Bayern? Ein Verbleib bei Leverkusen scheint für den Fall des Titelgewinns zwar ausgeschlossen zu sein, schließlich gibt es für ihn mit der Werkself kaum Steigerungsmöglichkeiten. Allerdings kann sich Xabi Alonso fast aussuchen, wen er ab Sommer trainieren will: Mit dem FC Liverpool sucht ein weiterer Ex- und Herzens-Verein des Spaniers einen neuen Coach. Insider sagen: Sollte Real Madrid sich aber bei ihm melden, würde Alonso alles stehen und liegen lassen für seinen Lieblingsklub. Bei den Königlichen hat Carlo Ancelotti zwar einen gültigen Vertrag – der Italiener soll sich aber vorstellen können, auf eine Beraterposition zu wechseln.
Fazit: Alonso ist der Topfavorit, und die Bayern wollen ihn. Letztlich entscheidet er aber selbst, wohin es geht – und Liverpool und die Premier League scheinen derzeit im Rennen um ihn weiter vorn zu liegen.
Hansi Flick
Eigentlich eine einfache Rechnung: Mit Flick feierten die Bayern ihren letzten großen Erfolg, holten 2020 die Champions League. Nun ist Flick nach dessen gescheiterter Phase als Bundestrainer wieder verfügbar und mit Hasan Salihamidzic ist die Person, die maßgeblich für seinen Abschied vom FC Bayern verantwortlich war, längst weg. Also warum nicht einfach Flick holen? So einfach ist es aber bei Weitem nicht. Auch bei den Bayern sind die Zweifel an Flick nach dessen DFB-Fiasko offenbar zu groß. Flick offenbarte – wie in der Dokumentation von Amazonprime zu sehen war – erhebliche Mängel im Krisenmanagement und in puncto Autorität. Bei den Bayern waren diese Defizite während seiner ersten Amtszeit kaschiert worden. Vom ersten Tag an lief für den 58-Jährigen alles wie am Schnürchen. TV-Experte Thomas Helmer ließ kürzlich gegenüber dem Kicker anklingen, dass Flicks Anteil am Erfolg beim FC Bayern intern durchaus umstritten ist. Eine Rückholaktion "halte ich auch für keine gute Idee". Zudem soll Flick, wie Transferexperte Fabrizio Romano unlängst schrieb, eher ein Auge auf den freien Posten beim FC Barcelona geworfen zu haben.
Fazit: Es wird keine Flick-Rückkehr geben.
Jürgen Klopp
Der derzeitige Liverpool-Trainer ist der prominenteste deutsche Trainer und ab Sommer ohne Verein – und der FC Bayern sucht nach einem Trainer. Dass Klopp sich in der Vergangenheit Scharmützel mit dem FC Bayern lieferte, ist kein Argument für die Münchner, ihn nicht holen zu wollen. Dennoch ist ausgeschlossen, dass der 56-Jährige im Sommer in München anfängt. "Jürgen Klopp wird nach der jetzigen Saison für ein Jahr weder einen Klub noch eine Nationalmannschaft trainieren. Dabei bleibt es", sagte sein Berater Marc Kosicke dem TV-Sender Sky. Eine Lösung, wonach der FC Bayern mit einer Übergangslösung in den Sommer geht und auf Klopp wartet, der dann im Jahr 2025 verfügbar wäre, scheint ausgeschlossen.
Fazit: Wenn der FC Bayern im Sommer 2025 einen Trainer sucht, ist Klopp der Favorit. Sonst nicht.
Zinedine Zidane
Der französische Weltmeister ist einer der besten Fußballer aller Zeiten, spielt in einer eigenen Aura-Liga. Dass er große Team trainieren kann, bewies er mit Real Madrid: Von 2016 bis 2018 gewann er mit den Königlichen dreimal in Folge die Champions League – dieses Kunststück ist noch keinem Trainer gelungen. Seit Sommer 2021 ist der 51-Jährige ohne Job. Zidane würde den meisten Glamour aller Kandidaten mitbringen – und scheitert doch an einer Bedingung, die die Bayern seit dem Scheitern des aktuellen Real-Coaches Carlo Ancelotti für ihre Trainer ausgemacht haben: Er spricht (bislang) kein Deutsch. Zudem ist fraglich, wie groß das Interesse von Zidane am Bayern-Job ist: Weder als Spieler noch als Trainer war er bislang in der Bundesliga aktiv.
Fazit: Zinedine Zidane und der FC Bayern – das hört sich gut an, ist aber unwahrscheinlich.
Sebastian Hoeneß
Ein Hoeneß, der den FC Bayern trainiert – diese Vorstellung hätte durchaus ihren Charme. Der 41-Jährige zeigt in dieser Saison mit dem VfB Stuttgart, wie attraktiv und erfolgreich er eine Mannschaft spielen lassen kann. Der Sohn von Dieter und Neffe von Uli Hoeneß kennt zudem den Verein, wurde mit der zweiten Mannschaft 2020 Meister in der 3. Liga. TV-Experte Dietmar Hamann brachte Hoeneß vorschlagsweise ins Spiel und riet den Bayern: "Lasst es Hoeneß machen!" Was zudem für den VfB-Trainer spricht: "Die menschliche Komponente ist in den letzten Monaten oder vielleicht sogar Jahren verloren gegangen. Der Verein muss wieder menscheln, wie man in Bayern sagt, und zwar auf allen Ebenen. Hoeneß könnte dazu beitragen." Allerdings ist fraglich, ob der FC Bayern es dem 41-Jährigen zutraut, der erstmals in der Bundesliga erfolgreich ist. Zudem war, wie Sebastian Hoeneß verriet, sein Onkel Uli schon bei seiner Verpflichtung als Trainer der zweiten Mannschaft kein großer Fan davon, weil er den Vorwurf der Vetternwirtschaft befürchtete.
Fazit: Hoeneß hat zumindest Außenseiterchancen – auch wenn der Vorschlag von Didi Hamann kommt.
José Mourinho
Kürzlich sorgte eine Meldung für Aufsehen, dass der Portugiese Deutsch lernt. Tatsächlich wäre "The Special One" mit dieser Nachricht ein heißer Kandidat beim FC Bayern gewesen – aber diese Zeiten sind lange vorbei. Der 61-Jährige gehört längst nicht mehr in die erste Riege des Trainermarktes. Zudem passt auch die traditionell defensiv bis destruktive Spielweise nicht zum FC Bayern, der erfolgreich und attraktiv sein will.
Fazit: Der Special One wird nicht beim FC Bayern landen.
Joachim Löw
Der 64-Jährige ist seit Sommer 2021 ohne Job – und brächte als Weltmeister-Coach selbst in die Startruppe der Bayern zusätzlichen Glanz. Tatsächlich gab Uli Hoeneß zu, dass sich die Bayern einst mit Löw beschäftigten – das ist aber auch schon eine Weile her. Und gerade in seinen letzten Jahren als Bundestrainer sank der Stern des Freiburgers. Joshua Kimmich und vor allem Leon Goretzka zählen nicht zu den größten Jogi-Fans. Wobei ja auch abzuwarten ist, ob die beiden über den Sommer hinaus Bayern-Profis bleiben werden. Tuchel wird nicht der Einzige sein, der von der Neuausrichtung des Rekordmeisters betroffen ist.
Fazit: Löw wäre keine langfristige Lösung, hat aber zumindest Außenseiterchancen.