Das waren natürlich auch besondere Exemplare auf der Trainerbank. Julian Nagelsmann, der seinen Spielern Laufwege aufzeichnete, die an abstrakte Gemälde von Wassily Kandinsky erinnerten und der seine Akteure damit mitunter überforderte. Oder Thomas Tuchel, der sich erst in seine Mannschaft schockverliebte, um ihr kurz danach die Liebe zu entziehen und zu bemängeln, welche Spieler er eigentlich viel lieber hätte. Möglicherweise reagiert ein Team auf einen derartigen Vertrauensverlust mit nachlassender Leistung. Tuchel und Nagelsmann gelang jedenfalls nicht, was nun schon Vincent Kompany nach kurzer Zeit gelang. Er coachte seine Mannschaft zum dritten Mal in Folge zu einem Sieg ohne Gegentor. Letztmals war das den Bayern im Frühjahr 2020 gelungen.
FC Bayern so gut wie zuletzt unter Hansi Flick
Damals war noch Hansi Flick für das Team verantwortlich und der verfolgte einen ähnlichen Ansatz wie Kompany: das Spiel so weit wie möglich vom eigenen Tor fernhalten. Flick sah sich ähnlichem Geraune ausgesetzt wie vor wenigen Tagen auch noch Kompany. Der Fußball sei zwar sehr attraktiv, aber zu risikoreich und überhaupt gewinne ja die Defensive Titel und die Offensive nur einzelne Spiele. Mit Flick-Fußball gewannen die Münchner in jener Saison alles an Silber- und Goldware, was der internationale Fußball so hergibt.
Die Bayern erinnern an die Zeit unter Pep Guardiola
Davon sind die Bayern der Ausgabe 2024 freilich noch ein gutes Stück entfernt (wie beispielsweise das 1:4 gegen das von Flick trainierte FC Barcelona zeigte). Allerdings erinnerte das samstägliche 3:0 der Münchner gegen Union Berlin schon frappierend an vergangene, Vitrinen füllende, Zeiten. Nicht etwa, weil der Erfolg auf spektakuläre Art und Weise heraus gespielt worden wäre. Das war diesmal eben nicht der Fall. Sondern, weil die Münchner zumindest in der zweiten Halbzeit eine Dominanz ausstrahlten, wie sie das letztmals vereinzelt unter Flick taten, viel häufiger aber noch unter Pep Guardiola. Nun ist die Karriere Kompanys natürlich bisher zu kurz, um ihn mit dem großen Spanier zu vergleichen und zwischen all ihre erfolgreichen Spiele mischten die Bayern bereits zwei schmerzhafte Niederlagen in der Champions League, aber Anleihen hat der Belgier gewiss bei Guardiola genommen, als er unter ihm trainierte.
Souveräner Erfolg der Bayern gegen Union
Am Ende stand am Samstag ein souveräner Erfolg, der auch deswegen zustande kam, weil Benedict Hollerbach in der 14. Minute Michael Olise im Strafraum stumpf von den Beinen holte. Bis dahin hatten die Berliner ihren Gegnern bestimmt den Zugang zum eigenen Strafraum versagt. Harry Kane verwandelte den fälligen Strafstoß sicher. Vielleicht wäre das Spiel in eine andere Richtung abgebogen, wenn Manuel Neuer in der 33. Minute einen Schuss des Berliner Angreifers Jordan nicht mit einer feinen Reaktion über die Latte gelenkt hätte. So aber kamen die Bayern kurz vor der Halbzeit in Person von Kingsley Coman und durch den schönsten Spielzug des Tages kurz vor der Pause zur 2:0-Führung.
„Ich hatte etwas Sorge, dass wir nicht realisieren, wie gefährlich das Spiel in der ersten Hälfte war“, sagte Kompany nach der Partie. Tatsächlich profitierten die Münchner von individueller Qualität und Effektivität. In der zweiten Halbzeit aber nahmen sie ihrem Trainer schnell die Sorge. Nun nahmen sie ihrem Gegner durchgehend Räume, Ball und Spielfreude ab und verwalteten nach dem 3:0 durch Kane (51.) in durchgängiger Dominanz.
Man habe bestimmt „kein Feuerwerk abgebrannt“, sagte Sportvorstand Max Eberl nach der Partie, womit er zweifelsfrei recht hat. Geht es nach den Münchnern, war der Sieg gegen Berlin das neue Normal. Mit konzentrierten Leistungen ambitionierte Mannschaften stilecht abperlen lassen: Erinnert an vergangene Zeiten.
Bayern München Neuer - Guerreiro, Upamecano, Kim (69. Goretzka), Davies (80. Aznou) - Kimmich, Palhinha (69. Dier) - Olise (69. Sané), Musiala (74. Müller), Coman - Kane
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