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Interview: Felix Magath: "Tuchel hat sich selbst eine Last aufgebürdet"

Interview

Felix Magath: "Tuchel hat sich selbst eine Last aufgebürdet"

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    Der ehemalige Bayern-Coach Felix Magath kritisiert den aktuellen Bayern-Trainer Tuchel für dessen Reaktion auf Kritik an ihm.
    Der ehemalige Bayern-Coach Felix Magath kritisiert den aktuellen Bayern-Trainer Tuchel für dessen Reaktion auf Kritik an ihm. Foto: Christian Charisius, dpa (Archivbild)

    Herr Magath, rund um Bayern-Trainer Thomas Tuchel gab es zuletzt viel Wirbel. Auslöser war die Niederlage des FC Bayern gegen den 1. FC Saarbrücken im DFB-Pokal und die darauffolgende Kritik der TV-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann. Tuchel reagierte reichlich patzig. Wie lange geht das mit ihm auf der Bank der Münchner noch gut?

    Felix Magath: Der FC Bayern wird zufrieden sein, wenn er wieder deutscher Meister wird – was eigentlich gar nicht zu verhindern ist. Was die Champions League betrifft, wäre ich überrascht, wenn es für den Titel reichen würde. Das Halbfinale ist den Bayern aber immer zuzutrauen. Von daher sehe ich kein übergroßes Risiko für Thomas Tuchel. 

    Tuchel ist gestandene 50, war bei Paris Saint-Germain und beim FC Chelsea Trainer. Warum hat er auf die Aussagen von Didi Hamann und Lothar Matthäus überhaupt reagiert?

    Magath: Ich bin überrascht gewesen, dass er sich über die Kritik so sehr geärgert hat. Wenn man als FC Bayern München gegen den Drittligisten 1. FC Saarbrücken ausscheidet, dann ist das halt so, dann kommt Kritik. Warum er so dünnhäutig ist, kann ich nicht erklären. 

    Sie sind 1980 Europameister geworden, aber über Jahrzehnte quasi Weltmeister im Einstecken von Kritik gewesen: Welchen Rat haben Sie für den Kollegen Tuchel?

    Magath: Er muss aufpassen, dass er sich nicht selbst ein Bein stellt, und er muss lernen, die Dinge richtig einzuordnen. Ich bin wie Didi Hamann der Meinung, dass Thomas Tuchel die Mannschaft noch nicht so strukturiert hat, dass man von einer souveränen Spielweise reden kann. Man muss allerdings auch sehen, dass der FC Bayern seit geraumer Zeit ein Verein im Umbruch ist. Es stimmt noch nicht in allen Bereichen. Aber ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass dafür Thomas Tuchel verantwortlich gemacht wird. Er hat sich selbst eine Last aufgebürdet – das hätte er nicht gebraucht. 

    Was sagt die aktuelle Diskussion über den Trainerwechsel im März von Julian Nagelsmann zu Tuchel?

    Magath: Auch bei Nagelsmann war der Verein im Umbruch. Rückblickend glaube ich, dass der FC Bayern für diesen jungen Trainer etwas zu früh kam. Trotzdem glaube ich, dass ein früherer oder späterer Trainerwechsel an der Situation des FC Bayern grundsätzlich nichts verändert hätte. Aber dass es nun immer noch nicht ganz rund läuft, das kann man schon hinterfragen. 

    Sie sind der Meinung, dass ein erfahrenerer Trainer als Nagelsmann besser als Bundestrainer geeignet wäre.

    Magath: Ja. Und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine. Es gab einige Experten, zum Beispiel Stefan Effenberg und Uli Hoeneß, die sozusagen eine Stellenbeschreibung abgegeben haben und meinten, dass ein erfahrener Trainer in dieser Situation am meisten Sinn macht. Da dachte ich: Oh, der Uli redet von mir! (lacht) Aber der DFB hat das anders entschieden. Und jetzt müssen wir sehen, was dabei rauskommt.

    Was trauen Sie der Mannschaft bei der Heim-EM zu?

    Magath: Wir werden bei der Europameisterschaft eine andere deutsche Mannschaft sehen, die ein gutes Turnier spielen wird. Davon bin ich fest überzeugt. Ich glaube, dass wir das Halbfinale erreichen können. So viele gute und sehr gute Fußballspieler haben wir in der Bundesliga immer noch. 

    Sind Sie mit 70 eigentlich nun Rentner? Oder sind Sie nach wie vor an Arbeit interessiert?

    Magath: Ich will arbeiten und bin bereit, eine Aufgabe zu übernehmen, bei der ich etwas bewegen kann. Ich habe das ja mal so ausgedrückt: Ich kann jedem Verein helfen, der sportlich weiterkommen will. An Nationalmannschaften hatte ich da nicht gedacht, weil ich die tägliche Arbeit auf dem Trainingsplatz gewohnt war. Aber ja, ich traue mir auch zu, eine Nationalmannschaft zu coachen.

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