Manchmal ist es dann doch ganz einfach. Nachdem Matchpläne aufgegangen sind oder sie aber ihrer allzu großen Detailverliebtheit zum Opfer gefallen sind, erklären sich die Trainer. Sie ähneln dann Theater-Regisseuren, die sich nach ihren Inszenierungen bereitwillig der Frage hingeben: „Was wollte uns der Künstler damit sagen?“ Sie firmieren dann als Fußballphilosophen.
Manchmal aber wäre es besser gewesen, wenn sie geschwiegen hätten. Thomas Müller ist kein Trainer. Noch nicht. Derzeit geht er noch seiner Tätigkeit als Profifußballer nach. Später einmal würde er zweifelsfrei einen herausragenden Trainer abgeben. Nach allen bekannten Eindrücken hat er ein feines Gespür für taktische und menschelnde Entwicklungen in seiner Mannschaft und verfügt über ein natürliches Talent auf der Vermittlungsebene. Nach der Partie seines FC Bayern am Dienstagabend gegen Paris St. Germain hielt es der Offensivmann so simpel wie möglich: „Es war gut, dass wir die Punkte mitgenommen haben, nicht mehr, aber auch nicht weniger.“
FC Bayern siegt in der Champions League gegen Paris Saint-Germain – das macht sicherer
Wer mag ihm da widersprechen? Das 1:0 gegen Paris verschafft den Münchnern eine nun wieder angenehme Ausgangsposition im Kampf um die direkte Qualifikation für das Achtelfinale. Drei Siege nach fünf Partien, die abschließenden Gegner heißen Donezk, Rotterdam und Bratislava – da scheint ein Platz unter den ersten acht sehr wahrscheinlich. Auch für den Verlauf der weiteren Woche war der Erfolg förderlich, konnten sich die Münchner doch ihrer selbst versichern, dass sie nicht nur gegen Mainz, Augsburg oder St. Pauli Spiele ohne Gegentor absolvieren können, sondern auch gegen Gegner gehobener internationaler Klasse.
Für die kommenden Partien gegen Dortmund (Liga) und Leverkusen (Pokal) dürfte das ohnehin nicht zu kleine Selbstbewusstsein der Münchner weiter anwachsen. Sie können sich mittlerweile auch darauf verlassen, dass sie selbst dann zum Erfolg kommen, wenn überraschenderweise mal keiner ihrer offensiven Sonderbegabten trifft. Dann schädelt eben Minjae Kim den Ball zum Siegtor rein.
Minjae Kim ist der Verteidiger, den sich die Bayern gewünscht haben
Der Südkoreaner befindet sich somit auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Entwicklung in den vergangenen Wochen. Interessant wäre es ja schon zu wissen, wie das Trainer Vincent Kompany hinbekommen hat. In der vergangenen Saison hatte Thomas Tuchel nicht zu Unrecht mit dem manchmal zu gierigen Abwehrverhalten des Innenverteidigers gehadert. Wahrscheinlich hatte er aber auch zu öffentlich damit gehadert, während Kompany all seine Spieler gegen Kritik verteidigt. Zudem war er selbst ein Abwehrmann höchster Qualität und teilt sein Fachwissen gewiss gerne mit Kim oder auch dessen abermals starkem Nebenmann Dayot Upamecano.
Allzu bedeutsam sind die drei Punkte aber eben auch nicht, weil schon die kommenden beiden Partien der bisher so ansehnlichen Münchner Saison hässliche Kratzer verpassen könnten. Drei Punkte eben, nicht mehr, nicht weniger. Das Hauptaugenmerk lag daher auch nach dem letztlich souverän heraus gespielten Sieg auf Themen, die nicht nur sportlicher Natur sind. So war es tatsächlich eine Nachricht, dass Leon Goretzka ein Interview nach der Partie gab. Der 29-Jährige hatte nach seiner Degradierung am Anfang der Saison bis zuletzt geschwiegen. Nachdem er nun dreimal in Folge starten durfte, sah er aber den Zeitpunkt gekommen, sich doch zu äußern: „Es tut natürlich gut. Dafür bin ich hier, um Fußball zu spielen. Da freue ich mich immer, wenn ich von der Leine gelassen werde.“ Er wird wohl auch in den kommenden Partien genug Einsatzzeit bekommen. Joao Palhinha fällt bis zur Winterpause aus und ob Aleksandar Pavlovic nach seinem Schlüsselbeinbruch noch in diesem Jahr sein Comeback gibt, ist fraglich.
Also spielt Goretzka in der Mittelfeldzentrale neben Joshua Kimmich, wie er es die vergangenen Jahre eben auch getan hat. Nach dieser Saison wird damit voraussichtlich Schluss sein. Bei aller beeindruckender Professionalität ist es unwahrscheinlich, dass Goretzka in eine weitere Spielzeit bei den Münchnern geht, wenn Kompany keinen gesteigerten Wert auf seine Qualitäten legt. Auch bei Kimmich ist nicht klar, ob er auch nächste Saison für den FC Bayern aufläuft. Sportvorstand Max Eberl zeigte die zwei Möglichkeiten für den 29-Jährigen auf: „Er kann entscheiden: Möchte er ein großes Abenteuer erleben, was völlig legitim wäre, oder möchte er eine weitere Legende bei Bayern München werden. Da kann man schon mal zwei, drei Nächte drüber schlafen.“ Es ist eine Frage, die wahrscheinlich wichtiger ist als drei Punkte gegen Paris St. Germain.
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