Als David Blitzer im Frühjahr 2021 beim FC Augsburg als Investor einstieg, bekamen das die wenigsten mit. Lediglich ein Eintrag im Handelsregister zeugte davon, dass das Unternehmen Bolt Football Holdings Anteile an der Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA erworben hatte. Klaus Hofmann, damals Präsident des Vereins, kannte Blitzer, seit über zwei Jahrzehnten hatten die Geschäftsmänner miteinander zu tun. Hofmann musste sich bewusst sein, welche Reaktion der Einstieg des US-Gesellschafters hervorrief. Eher still und heimlich denn transparent ging der Klubchef mit dem Vorgang um. Entsprechend heftig war der Gegenwind, der Hofmann von Fanseite nach Publikwerden entgegenblies. Die Befürchtung: Ein auswärtiger Investor könnte den FCA übernehmen und über die Köpfe der Mitglieder hinweg entscheiden.
Hintergrund ist ein Konstrukt, das einst Walther Seinsch beim Fußball-Bundesligisten installiert hatte. In der KGaA ist neben den Profis ein Teil der Nachwuchsteams (U17 bis U23) ausgegliedert. Über die 50+1-Regel der Deutschen Fußball Liga (DFL) behält der e. V. stets die Stimmenmehrheit. Hofmann allerdings war nicht nur Vorstandsvorsitzender des Vereins; zugleich besaß er über die Hofmann Investoren GmbH fast 100 Prozent der Aktien an der KGaA. Davon wiederum erwarb Blitzer über seine Holding für 5,5 Millionen Euro 45 Prozent. Die restlichen Anteile halten Hofmann (30,56), die Project Green GmbH von Michael Reuss (20,37), Thilo Sautter (4,07) und der FCA als Verein (0,6). Blitzer ist folglich größter Einzelaktionär des Bundesligaklubs.
Mit dem Aus von Präsident Klaus Hofmann hat Investor David Blitzer weniger Einfluss beim FC Augsburg
Als Hofmann im Mai 2022 sein Amt als Präsident und seinen Posten als Geschäftsführer der KGaA nach einem internen Machtkampf aufgab, kam dies beim FCA einer Zeitenwende gleich. Mit Markus Krapf steht jetzt ein ehrenamtlicher – wenngleich für seinen Aufwand bezahlter – Präsident an der Vereinsspitze, der sich nicht eingekauft hat. Die Stimmmehrheit der Mitglieder (50+1) ist keine Formalie mehr, sondern wird in Person von Krapf mit Leben gefüllt. Für Blitzer änderte sich dadurch die Ausgangslage. Ohne Hofmann als Präsident hat der milliardenschwere Geschäftsmann bedeutend weniger Einfluss beim Bundesligisten.
Blitzer ist das aus seiner Heimat anders gewohnt. Wer zahlt, schafft dort an. Der Top-Manager, Partner der Beteiligungsfirma Blackstone Group (verwaltetes Vermögen knapp eine Billion US-Dollar), ist unter anderem Miteigentümer des Basketballklubs Philadelphia 76ers in der NBA und des Eishockeyklubs New Jersey Devils in der NHL. Verstärkt engagiert er sich inzwischen auch im europäischen Fußball. Beteiligt ist er am englischen Erstligisten Crystal Palace, als Besitzer geführt wird er beim belgischen Zweitligisten SK Beveren oder dem dänischen Erstligisten Bröndby IF.
In diesen Profifußballkonstrukten ist die Einflussnahme immens, während sie in Augsburg nach Hofmanns Aus gesunken ist. Zudem scheiterte im Frühjahr der Investoren-Deal der DFL am massiven Widerstand zahlreicher Fangruppen. Blitzers Arbeitgeber Blackstone war einer der Interessenten, zog sich dann aber zurück. Mögliche Gründe, warum Blitzer den Verkauf seiner Anteile beim FCA forcieren soll.
Wie die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg berichtet, habe Blitzer die Investmentbanker von Lazard angeheuert, um etwaiges Interesse am FCA zu sondieren. Bestätigt hätten dies informierte Personen. Der Prozess stehe aber ganz am Anfang – es sei weder eine Entscheidung gefallen, noch seien potenzielle Interessenten angesprochen worden. Bloomberg spekuliert, dass Blitzer als Hauptgesellschafter kleinere Investoren dazu bewegen könnte, ebenfalls zu verkaufen.
Ex-Präsident Klaus Hofmann entscheidet in der Investorengruppe des FC Augsburg
Dem gegenüber steht eine Aussage von Hofmann, die er im April 2022 bei einem Fantreffen tätigte: "Meine Anteile an der Hofmann Investoren GmbH gehen nicht raus. Ich verkaufe sie auch nicht, solange ich lebe." Er habe kein wirtschaftliches Interesse, es gebe für ihn kein Gehalt, keine Dividende und keinen Verkauf. "Und das bleibt für immer so", versicherte er. Auch eine Regelung nach seinem Ableben wollte Hofmann treffen. Der Verein müsse in diesem Szenario stets die Mehrheit der Investoren GmbH haben, so der Ex-Präsident. Ob er dies tatsächlich in die Wege geleitet hat, weiß niemand. Hofmann hält zwar weniger Anteile als Blitzer, ist aber alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Investoren GmbH.
Der Ist-Zustand sieht momentan so aus: Geschäftsführer Michael Ströll entscheidet, Gesellschafter und Verein werden informiert. Sollte sich irgendwann der Moment ergeben, die KGaA-Anteile der Investorengruppe abzukaufen, werde man darauf vorbereitet sein, betonte Präsident Krapf vor rund einem halben Jahr im Interview mit unserer Redaktion. Dieser Moment ist jedoch nicht gekommen. Dass Blitzer den Markt sondiere, sei ein "normaler Vorgang", heißt es aus Vereinskreisen. Und selbst bei einem Verkauf der Anteile würde sich kaum etwas ändern.