Die Interview-Anfrage nach Samuel Essende lehnte die Presseabteilung des FC Augsburg höflich, aber bestimmt ab. Nicht, dass der Stürmer nach seinem Platzverweis nicht reden wollte, beim FCA war man der Meinung, dass es besser ist, den 26-Jährigen in diesem Moment etwas aus dem Scheinwerferlicht zu nehmen.
Das war seit Freitagabend gleißend auf den FCA-Neuzugang gerichtet. Nicht so sehr wegen seiner eigentlich starken Leistung und seinem Tor bei der 2:3-Niederlage gegen den FSV Mainz 05, sondern weil er sich eine Sekunde nicht im Griff hatte und dem ausgebufften Bundesliga-Knochen Dominik Kohr auf den Leim ging. Anstatt sich nach dem Ellenbogenwischer von Kohr fallen zu lassen, was ihn eigentlich ehrt, trat er nach (was ihn nicht ehrt). Anstatt Elfmeter und Platzverweis für Kohr, gab es Rot für Essende.
Samuel Essende gesperrt: DFB räumt Fehler von Schiedsrichter Storks ein
Am Dienstag gab der DFB bekannt, dass der kongolesische Nationalspieler für zwei Bundesliga-Spiele gesperrt wird. Nur zwei Spiele Sperre, denn das Sportgericht berücksichtigte Kohrs Provokation und sprach die Strafe wegen „einer Tätlichkeit gegen den Gegner in einem leichteren Fall nach einer zuvor an ihm begangenen sportwidrigen Handlung“ aus.
Diese Sequenz hatte Schiedsrichter Sören Storks am Freitag bei seiner Videosichtung am Spielfeldrand entweder falsch bewertet oder sie wurde ihm vom Videoschiedsrichter Pascal Müller gar nicht gezeigt.
Keine nachträgliche Sperre für Ex-FCA-Profi Dominik Kohr
FCA-Sportdirektor Marinko Jurendic, der am Dienstag das Vormittagstraining beobachtete, war mit dem Strafmaß gegen Essende zufrieden. Gar nicht verstand er, dass gegen Kohr nachträglich nicht mehr ermittelt wird.
Dies teilte der DFB unserer Redaktion auf Anfrage mit. „Eine nachträgliche Ahndung sei „nur dann möglich, wenn der Schiedsrichter einen Fall eines krass sportwidrigen Verhaltens nicht wahrgenommen und damit keine positive oder negative Tatsachenentscheidung darüber getroffen hat. In dem vorliegenden Fall hat Schiedsrichter Storks im On-Field-Review die gesamte Szene an sich wahrgenommen, allerdings im Ergebnis falsch bewertet. Damit liegt jedoch eine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters vor, sodass gegen den Mainzer Spieler Kohr aus Rechtsgründen nachträglich kein Verfahren eingeleitet werden kann.“
Samuel Essende wird in den sozialen Medien rassistisch beleidigt
Kohr wird also am Wochenende für Mainz gegen Heidenheim spielen dürfen. Essende, der sich vor der Mannschaft für seinen Aussetzer entschuldigt hat, wird das Auswärtsspiel am Samstag (15.30 Uhr) bei RB Leipzig und das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (Freitag, 4. Oktober, 20.30 Uhr) versäumen. Als wäre das nicht genug, wurde Essende hauptsächlich über seinen Instagram-Account auch rassistisch beleidigt. So heftig, dass ihm der FCA und seine Kollegen, vor allem Mads Pedersen, öffentlich mit klaren Stellungnahmen zur Seite sprangen. Auch FCA-Trainer Jess Thorup war am Dienstag noch schockiert: „Ich bin sehr enttäuscht von denen, die so etwas schreiben. Das geht einfach nicht.“
Doch der Fußball-Kosmos dreht sich weiter. Allerdings blickte Thorup noch einmal kurz auf Freitag zurück: „Es hört sich jetzt vielleicht etwas blöd an, aber wir haben eigentlich ein sehr gutes Spiel abgeliefert. Wir haben das Spiel, egal ob 11:11, 11:10 oder 10:10 dominiert, waren die bessere Mannschaft, aber am Ende werden Spiele im Strafraum entschieden.“
Und daraus ergeben sich zwei Fragen, die Thorup möglichst schnell beantworten muss, um mit seinem Team nicht in einen stürmischen Herbst zu geraten. Wie beendet er die Defensivschwäche und wer ersetzt Samuel Essende?
FCA-Trainer Jess Thorup lädt Defensive ins Kino ein – allerdings nicht zur Unterhaltung
Um Rätsel eins zu lösen, gab es bereits am Samstag eine spezielle Video-Nachbereitung, wie Thorup erzählte: „Ich habe alle Abwehrspieler, die Torhüter und die Sechser ins Kino eingeladen und ihnen nicht nur die Tore von Mainz, sondern auch von den ersten Spielen gezeigt. Es sind einfach zu viele Tore, die wir nach Flanken bekommen. Das müssen wir so schnell wie möglich ändern.“
Wie? Einen Ansatz hat er bereits. Erstens: Keine Flanken zulassen. Und wenn das nicht gelingt? „Dann müssen wir die Box besser verteidigen. Nicht nur als Mannschaft, sondern auch als Einzelspieler. Da dürfen wir nicht so viel Raum lassen, müssen mehr am Mann verteidigen.“ Auch sich selbst hat er hinterfragt: „Als Trainer überlegst du immer, ob du alles richtig machst.“
FCA-Trainer Thorup übt sich in Zahlenspielen
Wie er die Personalfrage in der Offensive lösen wird, weiß er noch nicht. „Machen wir es eins zu eins mit Tietzi oder Steve? Oder werden wir umbauen‘? Da haben wir mehrere Möglichkeiten“, sagt Thorup: „Zwei Stürmer, einen Zehner, ein Stürmer und zwei Zehner, oder zwei Stürmer, zwei Achter und einen Sechser. Das überlege ich mir die nächsten Tage.“
Als direkten Ersatz scheint Thourp gerade Steve Mounié gegenüber Phillip Tietz zu präferieren. Gegen Mainz kam Mounié in der Halbzeit, Tietz wurde erst später eingewechselt. „Das war ein Bauchgefühl. Steve hat die letzten Wochen vor allem im Kopfball ein super Timing gezeigt. Es war keine Entscheidung gegen Tietzi, sondern für Steve.“ Vielleicht lässt er am Samstag ja beide stürmen.
Was sind wir für ein trauriges Land geworden, in dem immer mehr "Mitbürger" solche Vorfälle sofort zum Anlass nehmen, ihren widerwärtigen Rassenhass auszuleben?
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