Die Autos der Bundesfinanzdirektion Hauptzollamt Augsburg waren an diesem heißen Tag im August 2021 fein säuberlich vor der Geschäftsstelle des FC Augsburg an der WWK-Arena geparkt. Wenige Stunden später waren sie mit zig Aktenordnern und Datenträgern beladen. Zeitgleich hatte auch das Nachwuchsleistungszentrum des Bundesligisten im Stadtteil Oberhausen Besuch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Augsburger Zolls und der Staatsanwaltschaft erhalten, wie auch eine Steuerkanzlei. Insgesamt 61 Beamte waren an diesem Tag im Einsatz. Vorwurf: Der FCA soll über Jahre im Nachwuchsbereich, der Profibereich war davon nicht betroffen, unrechtmäßiges Lohnsplitting und Mindestlohnunterschreitung betrieben haben. Im Fokus: der Umgang mit den Jugendtrainern. Drei Jahre später gab die Staatsanwaltschaft Augsburg auf Anfrage unserer Redaktion nun die Ergebnisse der umfangreichen Ermittlungen bekannt. Gegen zwei Mitarbeiter des FC Augsburg wurden Strafbefehle beantragt. Auch die Sportschau berichtet darüber.
Ein FCA-Mitarbeiter soll den Mindestlohn nicht entrichtet haben
Einem Mitarbeiter wirft die Staatsanwaltschaft „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in einer Vielzahl von Fällen“ vor. Die Vielzahl der Fälle erkläre sich auch daraus, „dass während des Tatzeitraums von knapp vier Jahren jede monatliche Sozialversicherungsmeldung gegenüber jedem Sozialversicherungsträger aus rechtlichen Gründen eine eigenständige Tat darstellt“. Dem Angeschuldigten legt die Staatsanwaltschaft zur Last, im Zeitraum September 2017 bis Juni 2021 Arbeitnehmer beschäftigt zu haben, ohne den jeweils geltenden Mindestlohn zu entrichten. „Dadurch sollen insgesamt 109.000 Euro zu wenig Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden sein.“
Es sollen 64.000 Euro zu wenig Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden sein
Gegen einen zweiten Mitarbeiter des FCA hat die Staatsanwaltschaft wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit der Beschäftigung einer Person einen Strafbefehl mit Geldstrafe beantragt. Ihm werde vorgeworfen, im Zeitraum Juni 2017 bis Juni 2021 eine Person als „Scheinselbständigen“ gegen Entgelt beschäftigt zu haben. Dadurch sollen insgesamt 64.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge zu wenig entrichtet worden sein. Zudem soll nach Willen der Staatsanwaltschaft gegen die Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA eine Geldbuße verhängt werden.
Die Staatsanwaltschaft stellt die meisten Ermittlungsverfahren ein
Die Staatsanwaltschaft teilte aber auch mit, dass weitere zunächst in den Raum gestellte Vorwürfe nicht weiter verfolgt und die Ermittlungsverfahren gegen die meisten der zunächst verdächtigen Personen mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurden. Zudem gelte weiter die „Unschuldsvermutung“.
Der FC Augsburg hat Einspruch gegen die Strafbefehle eingelegt
Der FC Augsburg hat auf Anfrage unserer Redaktion mitgeteilt, dass „man zu jedem Zeitpunkt vollumfänglich mit den Behörden kooperiert habe“. Der FCA weist aber auch darauf hin, dass „wesentliche Teile der ursprünglich dem Verfahren zu Grunde liegenden Vorwürfe sich nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft nicht bestätigt haben“. Gegen die Strafbefehle hat der FCA Einspruch eingelegt. Das Verfahren läuft also weiter. Die Akten sind an das Amtsgericht Augsburg überstellt worden, das nun für das Verfahren zuständig ist. Dort konnte man auf Nachfrage unserer Redaktion am Freitagvormittag noch keine Auskunft geben, da die Akten noch nicht einsehbar seien.
FC Bayern München kommt mit einem Ordnungsgeld davon
Der FCA ist nicht der einzige Verein, der sich in diesem Dickicht von komplexen Steuerfragen, die viel Raum für Auslegungen und Interpretationen lassen, verfangen hat. 2021 hat das WDR-Magazin Sport inside neben dem FC Augsburg auch den FC Bayern als Beispiel für diese Abrechnungen in der steuerlichen Grauzone aufgeführt.
Damals hatte die Staatsanwaltschaft München ein Strafverfahren gegen den kompletten Vorstand der FC Bayern München AG eingeleitet. Das Verfahren wurde „mangels Tatnachweis“ eingestellt. Der FC Bayern musste aber im Juni 2023, wie die Sportschau damals berichtete, wegen jahrelang nicht gezahlter Sozialleistungen 200.000 Euro plus 45.500 Euro Säumniszuschläge nachzahlen. Die Strafe des Zolls erfolgte aufgrund einer Ordnungswidrigkeit. Beim FCA waren die Behörden nicht so nachsichtig.
Die grundsätzliche Frage ist, inwiefern wussten die damaligen Geschäftsführer, vor allem auch die/der Leiter der Finanzen über dieses doch systematische Vorgehen? Ich finde es sehr bedauerlich, dass keine offizielle Meldung seitens des Vereines dazu abgegeben wird. Aber scheinbar ist diese Vorgehen in diesem Business gang und gebe.
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