Herr Krapf, inwieweit waren Sie in die Freistellung von FCA-Trainer Maaßen involviert?
MARKUS KRAPF: Die Entscheidung fällen Geschäftsführer Michael Ströll und Sportdirektor Marinko Jurendic, die das operative Geschäft leiten. Ich bin über alles informiert und gebe meine Einschätzungen ab. Ich halte nichts davon, mich über jene zu stellen, die dafür eingesetzt sind und über die nötige Kompetenz verfügen. Und ich bin überzeugt davon, dass wir die richtigen Mitarbeiter haben in der jetzigen Konstellation.
War die Entscheidung richtig?
KRAPF: Ja. Es ist sehr klar analysiert worden und war absolut die richtige Entscheidung.
Wie beurteilen sie die Entwicklung in den vergangenen Tagen?
KRAPF: Nicht nur die erste Saisonphase war unbefriedigend. Niemand ist mit dem zufrieden, wie wir seit etlichen Spielzeiten auftreten. Zum ersten Mal haben wir in der vergangenen Saison den Klassenerhalt nicht aus eigener Kraft geschafft. Das ist ein Fakt, vor dem man nicht die Augen verschließen kann. Es gibt andere Klubs, die gezeigt haben: Wenn man es laufen lässt, erwischt es einen irgendwann einmal. Entsprechend haben wir entschieden und mit Marinko Jurendic und Heinz Moser eine neue Sportliche Leitung installiert, uns breiter aufgestellt und durch neuen Input auch klare Strukturen im Sport aufgebaut.
Stefan Reuter ist jetzt nicht mehr Sport-Geschäftsführer, sondern Berater. Jurendic hat sportlich das Sagen.
KRAPF: Das war eine gemeinsame Entscheidung von Stefan Reuter und dem Vorstand. Sie ist das Ergebnis von einigen Gesprächen und klaren Analysen. Die Zukunft wird zeigen, ob die Entscheidungen richtig waren. Wir in den e.V.-Gremien sind jedenfalls fest davon überzeugt.
Außendarstellung war Ihnen ein großes Anliegen zu Beginn Ihrer Amtszeit. Eine Woche nach der Entlassung haben Sie keinen neuen Trainer, die Mannschaft hat drei Tage frei.
KRAPF: Soll das ein Widerspruch sein? Wir haben erst zuletzt in einem ausführlichen Prozess die Werte des FCA verschriftlicht und leben diese. Deshalb war klar: Es wird zuerst mit Enrico Maaßen, erst dann mit einem möglichen Nachfolger gesprochen. Ich beurteile dieses Vorgehen als sehr respektvoll und positiv, da hinter solchen Entscheidungen immer ein Mensch steckt. Es wurde mit niemandem vorher gesprochen. Es gibt aber einen genauen Plan, wie es weitergeht. Alles wird sehr professionell und strukturiert angegangen.
Zugleich hätte der künftige Trainer die Länderspielpause nutzen können.
KRAPF: Wie gesagt. Wir wollten zuerst mit Enno sprechen, danach wurden die weiteren Schritte initiiert. Da kannst du nicht einen Tag später einen neuen Trainer aus dem Hut zaubern. Wir brauchen keinen Schnellschuss, sondern die bestmögliche Option für unseren FCA. Den Trainer einen Tag früher oder später zu präsentieren, wäre absolut zu kurz gedacht.
War der Plan mit einem jungen Trainer und einer jungen Mannschaft zu ambitioniert?
KRAPF: Wir müssen den Weg mit entwicklungsfähigen Spielern gehen, damit der FCA stabil bleibt und sportlich wieder erfolgreicher wird. Außerdem wollen wir im Nachwuchsleistungszentrum Talente ausbilden. Bis dahin haben wir andere interessante Talente verpflichtet, die Bundesliganiveau besitzen. Und: Spieler mit 24, 25 Jahren sind außerdem keine Talente mehr und auch nicht „jung“, deren Führungspotenzial gehoben werden muss. Natürlich waren die Ergebnisse nicht gut, deshalb werden Dinge auf den Prüfstand gestellt. Erst auf der Ebene des Sportdirektors, jetzt auf der Trainerebene. Der neue Trainer und der Sportdirektor werden dann überlegen, wie und wo wir uns verbessern können. Grundsätzlich ist dieser Weg alternativlos für den FCA, um im harten Bundesligageschäft bestehen zu können.
Der Weg wird folglich kein anderer sein.
KRAPF: Junge Spieler, am besten aus dem eigenen Nachwuchs, weiterzuentwickeln, wird grundsätzlich unser Weg bleiben. Ich bin überzeugt davon, dass eine Entscheidung getroffen wird, die der FCA-DNA entspricht. Natürlich muss der neue Trainer den Weg mitgehen. Wir biegen nicht ab, sondern versuchen zu optimieren.
Sie wollten das Interesse am Verein wieder erhöhen. Wie hinderlich ist dabei sportlicher Misserfolg?
KRAPF: Natürlich ist das eine Enttäuschung, wenn du versuchst, Aufbruchstimmung zu erzeugen. Wir waren in den vergangenen Monaten unglaublich präsent in der Stadt und haben unter anderem mit Mitgliederveranstaltungen viel angeschoben. Dabei ist es auch keine Selbstverständlichkeit, dass die aktive Fanszene mit am Tisch sitzt. Das Misstrauen war nämlich nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre zunächst ziemlich groß. Wir werden auch eine in der AG Vereinssatzung gemeinsam erarbeitete Satzung präsentieren. Unsere Aufgabe ist es außerdem, den Leuten zu zeigen, wie wichtig der FCA für Augsburg ist und umgekehrt. Aber klar, du kannst tun und machen, was du willst. Wenn du auf dem Platz nicht erfolgreich bist, wird es irgendwann schwierig.
Wie gefährlich ist die sportliche Situation momentan?
KRAPF: Natürlich wäre es schön gewesen, wenn es mit Enno Maaßen funktioniert hätte. Hat es aber nicht. Wir sind alle angetreten, um in unseren jeweiligen Aufgabenbereichen Entscheidungen zu treffen und Dinge besser zu machen. Wir verfolgen einen Plan, der sich seit einem Jahr entwickelt. Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Mannschaft, mit diesem Sportdirektor und dem neuen Trainer die Wende schaffen werden und bald viel Freude in der WWK-Arena haben werden.
Gab es inzwischen Kontakt zu Ihrem Vorgänger Klaus Hofmann?
KRAPF: Ich sehe keine Veranlassung dafür. Er ist Gesellschafter. Ich nehme die Aufgaben als Präsident so wahr, wie ich es als richtig empfinde.
Muss sich die KGaA, in die die Profiabteilung ausgegliedert ist, mit Hofmanns Investorengruppe abstimmen bei wirtschaftlichen Entscheidungen?
KRAPF: Bei uns wird jetzt die 50+1-Regel gelebt. Wir haben über die letzten Jahre eine wirtschaftliche Situation geschaffen, durch die wir absolut handlungsfähig sind, weil man hier seriös gearbeitet hat. Bei uns entscheidet die Geschäftsführung, selbstverständlich werden aber auch andere Gesellschafter neben dem e.V. über die Entwicklungen informiert.
Haben Sie vor, der Investorengruppe die Anteile an der KGaA abzukaufen?
KRAPF: Das liegt nicht in unserer Hand. Sollte sich irgendwann der Moment dafür ergeben, werden wir darauf vorbereitet sein.
Letzte Frage: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass am Ende der Saison der Klassenerhalt steht?
KRAPF: Weil wir jeden Tag sehr intensiv arbeiten und alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Weil wir nun mehr Know-how haben, und wir einen guten Trainer haben werden. Klar ist aber auch: Für den FC Augsburg ist es kein Selbstläufer, immer in der Bundesliga zu spielen.
Zur Person
Markus Krapf, 51, ist seit September 2022 Präsident des FC Augsburg. Von 2002 bis 2006 war er als Geschäftsführer und später ein Jahr als Geschäftsstellenleiter und Medienchef beim FCA tätig. Der frühere TV-Journalist führte den Klub zusammen mit dem damaligen Vereinschef und Investor Walther Seinsch aus der Bayernliga bis in die 2. Bundesliga. 2007, kurz nach der Geburt seines Sohnes Max, verließ der gebürtige Augsburger den Verein und eröffnete die 11er-Fußball-Kneipe in der Innenstadt. Zudem ist er stellvertretender Chefredakteur des Stadtmagazins Neue Szene. Seine Frau Irene ist Mitglied im Ehrenrat des FC Augsburg.